Leitsatz (amtlich)

In Wettbewerbsstreitigkeiten muß der Verletzte vor Stellung eines Antrages auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung den Verletzer auf seinen Wettbewerbsverstoß hinweisen, um im Falle eines Kostenwiderspruchs die Folge des § 93 ZPO zu vermeiden. Das gilt auch in Fällen besonderer Dringlichkeit. Denn im Regelfall ist jedenfalls eine Abmahnung unter Zuhilfenahme moderner Telekommunikationsmittel, verbunden mit einer sehr kurzen Fristsetzung, zumutbar und sogar geboten.

 

Orientierungssatz

Abmahnung eines Wettbewerbsverstoßes auch im Fall besonderer Dringlichkeit erforderlich

 

Normenkette

ZPO §§ 93, 99 Abs. 1, §§ 924, 926-927

 

Beteiligte

der T-Online International AG

den Vorstand Wolfgang Keuntje, (Vorsitzender), Eric Danke, Christian Hoening und Ralf Eck

Rechtsanwälte Brock – Müller – Ziegenbein und Partner, Büro Flensburg

die Firma MobilCom Communikationstechnik GmbH

den Geschäftsführer Gerhard Schmid

Rechtsanwältin Ingeborg Adrian-Mundt

 

Verfahrensgang

LG Flensburg (Urteil vom 26.01.2000; Aktenzeichen 4 O 366/99)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Verfügungsbeklagten wird das Urteil des Landgerichts Flensburg vom 26. Januar 2000 (4 O 366/99) geändert und wie folgt neu gefasst:

Die einstweilige Verfügung vom 8. Oktober 1999 – Az.: 4 O 366/99 – wird im Kostenausspruch geändert und wie folgt neu gefaßt: Die Verfügungsklägerin trägt die Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens. Sie trägt auch die weiteren Kosten des Verfahrens.

Ihr werden ausserdem die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Beschwerdewert von 6.035,00 DM auferlegt.

 

Gründe

I.

Die Verfügungsklägerin ist ein Internet-Service-Provider der MobilCom AG. Bei der Verfügungsbeklagten handelt es sich um eine 100%ige Tochtergesellschaft der Deutschen Telekom AG. Beide Unternehmen bieten Kunden jeweils Internetzugang an und stehen miteinander im gewerblichen Wettbewerb.

Die Verfügungsklägerin hat einen am 6. Oktober 1999 von dem Rundfunksender Radio Schleswig-Holstein (RSH) ausgestrahlten Werbespot als wettbewerbswidrig beanstandet, in dem die Verfügungsbeklagte für einen neuen Nutzungstarif für ihr Internet-Angebot warb, ohne zugleich darauf hinzuweisen, dass neben diesem Tarif weitere Kosten in Form von Telefonverbindungsentgelten entstehen.

Die Verfügungsklägerin hat deswegen ohne vorherige Abmahnung mit einem am 7. Oktober 1999 in den Nachtbriefkasten des Landgerichts eingeworfenen Antrag um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht und am 08.10.1999 eine einstweiligen Verfügung erwirkt, in der der Verfügungsbeklagten untersagt worden ist, weiterhin öffentlich zu Wettbewerbszwecken auf die beanstandete Weise zu werben. Die Verfügungsbeklagte hat daraufhin Widerspruch gegen diese einstweilige Verfügung eingelegt, diesen jedoch unter Verzicht auf ihre Rechte aus § 924, 926 und 927 ZPO auf die Kostengrundentscheidung beschränkt. Hierzu hat sie vorgetragen, sie wäre einer vorherigen Abmahnung durch die Verfügungsklägerin gefolgt, ohne dass es eines gerichtlichen Verfügungsverfahrens bedurft hätte. Die Verfügungsklägerin hat die Ansicht vertreten, eine Abmahnung sei wegen ihrer voraussichtlichen Erfolglosigkeit entbehrlich und darüber hinaus unzumutbar gewesen.

Durch Urteil hat das Landgericht die einstweilige Verfügung hinsichtlich des Kostenausspruchs bestätigt und der Verfügungsbeklagten auch die weiteren Kosten des Rechtsstreits auferlegt.

Gegen das der Verfügungsbeklagten am 31. Januar 2000 zugestellte Urteil hat sie mit Schriftsatz vom 14. Februar 2000, eingegangen beim Landgericht am gleichen Tage, sofortige Beschwerde eingelegt.

II.

Die sofortige Beschwerde ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.

Die form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde ist zulässig. Denn nach ganz herrschender Meinung, der sich der Senat bereits in früheren Entscheidungen angeschlossen hat (vgl. Beschluss vom 16.02.1988, SchlHAnz. 1990, S. 8), ist gegen ein erstinstanzliches Urteil, in dem auf einen sogenannten Kostenwiderspruch hin allein über die Kosten des Verfahrens entschieden wird, in analoger Anwendung des § 99 Abs. 2 ZPO das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde statthaft (vgl. Zöller-Herget, Zivilprozessordnung, 21. Auflage, § 99 RdNr. 11 und § 924 RdNr. 5; Münchener Kommentar-Belz, Zivilprozessordnung, Band 1, 1992, § 99 RdNr. 12; Stein/Jonas-Bork, Zivilprozessordnung, Band 2, 21. Auflage § 99 RdNr. 7; Musielak-Wolst, Zivilprozessordnung, 1999, § 93 RdNr. 23 jeweils m. w. N.).

Soweit dem vereinzelt entgegengehalten wird, das nur einen Kostenausspruch enthaltende Urteil sei im Hinblick auf die Bestimmung des § 99 Abs. 1 ZPO unanfechtbar, da durch den Widerspruch kein Rechtsmittel in der Hauptsache eingelegt werde (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Zivilprozessordnung, 58. Auflage, § 925 RdNr. 11 m. w. N.; früher auch OLG München, GRUR 1985, S. 327), kann dem nicht gefolgt werden. Diese Ansicht übersieht, dass der mit der Beschränkung des Widerspruchs auf die Kosten verbundene Verzicht auf eine Sachentscheidung einem Anerkenntnis des Ve...

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