Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenfestsetzung. Kostenrecht
Leitsatz (redaktionell)
Unterschiedliche Streitgegenstände schließen die Geltendmachung einer Erhöhungsgebühr nach BRAGO § 6 aus.
Normenkette
BRAGO § 6
Verfahrensgang
LG Lübeck (Entscheidung vom 02.10.1992; Aktenzeichen 12 O 578/90) |
Tenor
Der angefochtene Beschluß wird teilweise geändert:
Die von der Beklagten den Klägern zu erstattenden Kosten werden anderweitig auf 6.026,53 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 9.3.1992 festgesetzt.
Im übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Die Beklagte hat 7/9 der nach einem Wert von 3.097,15 DM zu berechnenden Gerichtsgebühr zu tragen; im übrigen ergeht die Entscheidung gerichtsgebührenfrei.
Von den außergerichtlichen Kosten des Erinnerungs- und Beschwerdeverfahrens haben die Beklagte 7/9, die Kläger 2/9 zu tragen.
Gründe
Die 6 Kläger(innen) und die Beklagte sind Miterben. Die Beklagte hat aus dem Nachlaß Bankguthaben und Wertpapiere als Vermächtnisnehmerin für sich in Anspruch genommen. Daraufhin haben die Kläger Klage 1) auf Feststellung ihrer Miterbeneigenschaft an diesem Vermögen, 2) auf Zahlung des von der Beklagten vereinnahmten Betrages an die Erbengemeinschaft, 3) auf Herausgabe bestimmter Sparbücher an die Erbengemeinschaft und 4) auf Zustimmung zur Verteilung des Vermögens an die Parteien des Rechtsstreits entsprechend ihren Erbquoten erhoben. Das Landgericht hat den „Streitwert des Rechtsstreits” für den Antrag zu 1) auf 6.000 DM, den Antrag zu 2) auf 85.000 DM, den Antrag zu 3) auf 2.000 DM und den Antrag zu 4) auf 68.000 DM festgesetzt. Der Rechtspfleger hat entsprechend der Anmeldung der Kläger eine Erhöhung der Prozeßgebühr nach § 6 BRAGO um 15/10 nach einem Wert von 161.000 DM, der Summe der Einzelstreitwerte, festgesetzt. Hiergegen richtet sich die Erinnerung der Beklagten, der Rechtspfleger und Einzelrichter nicht abgeholfen haben.
Die nach § 11 Abs. 2 RPflG als sofortige Beschwerde geltende Erinnerung der Beklagten hat nur teilweise Erfolg.
Die Erhöhung der Prozeßgebühr nach § 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO setzt voraus, daß der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit derselbe ist. Es kommt insoweit darauf an, ob und inwieweit die mehreren Auftraggeber des Anwalts an ein und demselben Streitgegenstand beteiligt sind (vgl. Beschl. des Senats v. 13.6.1980 – 9 W 252/78 – SchlHA 1980, 203 = JurBüro 1980, 1505). Hier trifft das für den Feststellungsantrag und den Antrag auf Verurteilung zur Zustimmung zur Aufteilung des Kapitalvermögens nicht zu. An dem Feststellungsantrag ist jeder Kläger nur mit seinem Anteil beteiligt; jeder erstrebte die Feststellung nur seines Anteils; der Anteil des Mitklägers ging ihn nichts an. Zwar waren die Anteile gemäß §§ 5 ZPO, 7 Abs. 2 BRAGO für die Streitwertermittlung zusammenzuzählen; es handelte sich aber um verschiedene Streitgegenstände. Dasselbe gilt für den Antrag auf Verurteilung zur Einwilligung in die Aufteilung nach den Erbquoten. Auch hier verfolgte jeder Kläger ausschließlich sein Interesse an seinem Anteil, weshalb auch nach heute herrschender Meinung der Wert der Klage auf Auseinandersetzung nach dem Interesse des Klägers am Auseinandersetzungsplan festzusetzen ist (vgl. BGM NJW 1975, 1415; Hillach/Rohs, Handbuch des Streitwerts, 8. Aufl., 1992, § 62 A, Schneider, Streitwertkommentar, 10. Aufl. 1992, Rn. 3196). Auch hier sind deshalb die Einzelstreitwerte für die einzelnen Kläger zusammenzuzählen; die Kläger sind nicht gemeinschaftlich an demselben Streitgegenstand beteiligt (vgl. auch OLG Karlsruhe JurBüro 1990, 334). Anders verhält es sich dagegen bei den Anträgen zu 2) und 3) auf Zahlung bzw. Herausgabe an die Erbengemeinschaft. Hätte nur einer der Kläger geklagt, hätten diese Anträge nicht anders bewertet werden können. Das folgt aus § 2039 BGB. Hinsichtlich des Zahlungs- und des Herausgabeantrages sind die Kläger somit an ein und demselben Streitgegenstand beteiligt.
Wie die Erhöhung zu berechnen ist, wenn, wie hier, die mehreren Auftraggeber nur für einen Teil des Gesamtstreitwertes (der als solcher für den Senat bindend und insbesondere wegen Fristablaufs auch nicht mehr nach § 25 Abs. 1 Satz 3 GKG abänderbar ist) eine Erhöhung der Prozeßgebühr schulden, ist streitig. Während Lappe (Rpfleger 1981, 94; ihm folgend von Eicken in Gerold/Schmidt, BRAGO, 11. Aufl., § 6 A 35) die Auffassung vertritt, es müsse entsprechend § 13 Abs. 3 BRAGO jeweils ein Teil der einheitlichen Prozeßgebühr aus einem Teilstreitwert mit dem jeweils passenden Gebührensatz errechnet werden (im vorliegenden Fall also 25/10 nach 87.000 DM, 10/10 nach 74.000 DM), lehnt die wohl überwiegende Gegenmeinung diese Art. der Berechnung ab und schlägt der nach § 6 Abs. 1 Satz 1 BRAGO berechneten Prozeßgebühr (hier 10/10 nach 161.000 DM) eine oder mehrere Erhöhungen zu (so insbesondere OLG Köln JurBüro 1987, 692 f. a. E. – die letzten beiden Absätze –; ebenso LG Freiburg Rpfleger 1982, 393 f.; ferner Hartmann, Kostengesetze, 24. Aufl., § 6 BRAGO Anm. 6 A b; Riedel-Sußbauer-Fraunholz, BRAGO, 6. Aufl., § 6 Rn. ...