Verfahrensgang

LG Kiel (Aktenzeichen 17 O 220/19)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 29.04.2021; Aktenzeichen I ZB 49/20)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss der 17. Zivilkammer des Landgerichts Kiel vom 5. Dezember 2019 geändert:

Der Streitwert für die vom Antragsteller beabsichtigte Klage wird vorläufig auf 30 Mio. EUR festgesetzt.

Es wird gemäß § 12 Abs. 4 UWG angeordnet, dass sich die Verpflichtung des Antragstellers zur Zahlung von Gerichtskosten in dem durch die als Entwurf zu seinem Antrag vom 11. November 2019 beigefügte Klageschrift einzuleitenden Rechtsstreit für den ersten Rechtszug nach dem seiner Wirtschaftsanlage angepassten Teil des Streitwerts in Höhe von 22.000 EUR bemisst.

Der weitergehende Antrag auf Streitwertbegünstigung wird zurückgewiesen.

Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

Der Beschluss ist nicht anfechtbar.

 

Gründe

A. Der Antragsteller ist ein in die Liste qualifizierter Einrichtungen gemäß § 4 UKlaG aufgenommener Verbraucherschutzverein, die Antragsgegnerin ein Großunternehmen, das Mobilfunkdienstleistungen zur Verfügung stellt. Der Antragsteller hatte die Antragsgegnerin ab dem Jahre 2011 erfolgreich auf Unterlassung der Verwendung verschiedener unzulässiger Rücklastschriftpauschalen in ihren AGB in Anspruch genommen und gegen sie wegen der Verwendung dieser Klauseln drei Gewinnabschöpfungsprozesse gemäß § 10 Abs. 1 UWG im Wege von Stufenklagen geführt, die in der Auskunftsstufe in zweiter Instanz vor dem Senat sämtlich Erfolg hatten. In einem der Prozesse hob der BGH am 9. Mai 2019 das Senatsurteil auf und wies die Stufenklage wegen Einschaltung eines gewerblichen Prozessfinanzierers insgesamt als unzulässig ab. Im Hinblick auf diese Rechtsprechung nahm der Antragsteller in den beiden anderen Verfahren seine Klagen zurück. Er beabsichtigt nunmehr, die mit den vorgenannten Prozessen verfolgten Gewinnabschöpfung ohne Einschaltung eines Prozessfinanzierers weiterzuverfolgen und gegen die Antragsgegnerin eine Klage zu erheben, mit der er mit drei näher bezifferten Zahlungsanträgen beantragen will, sie zu verurteilen, an die Bundesrepublik Deutschland insgesamt 32.554.474,85 EUR nebst ausgerechnete Zinsen für die Zeit bis 31. Dezember 2019 in Höhe von insgesamt 13.308.248,50 EUR und weitere Zinsen für die Zeit ab 1. Januar 2020 zu zahlen. Ferner will er beantragen, festzustellen, dass die Antragsgegnerin verpflichtet war, ihm Auskunft zu erteilen, welche Gewinne sie seit dem 28. Juni 2012 dadurch erzielt hat, dass sie in ihren AGB zum Abschluss von Verträgen mit Verbrauchern Rücklastschriftklauseln mit einer Pauschale von 10,00 EUR verwendet hat, und ihm darüber kaufmännisch Rechnung zu legen hatte.

Der Antragsteller hat beim Landgericht einen Klageentwurf für den beabsichtigten Rechtsstreit eingereicht, in dem er den vorläufigen Streitwert des beabsichtigten Feststellungsantrags mit 39.755,33 EUR und unter Hinzurechnung der drei bezifferten Hauptforderungsbeträge den vorläufigen Streitwert der beabsichtigten Klage insgesamt mit 32.594.230,18 EUR angegeben hat. Er hat beantragt, gemäß § 12 Abs. 4 S. 1 UWG anzuordnen, dass sich seine Verpflichtung zur Zahlung von Gerichtskosten in dem durch die als Entwurf beigefügte Klageschrift einzuleitenden Rechtsstreit nur nach einem Streitwert von 15.000,00 EUR bemisst.

Zur Begründung hat er geltend gemacht, dass er ein kleiner Verbraucherschutzverein sei, der bisher keine öffentlichen Zuschüsse erhalte und sich über Mitgliederbeiträge, Spenden und Vertragsstrafen finanziere. Im Bereich seiner satzungsmäßigen Pflichtaufgaben führe er neben seiner Aufklärungs- und Beratungstätigkeit eine vergleichsweise geringe Anzahl von Unterlassungs- und Vertragsstrafeklagen, vornehmlich wegen unwirksamer AGB, durch. Die Unterlassungsklagen richteten sich im Regelfall gegen ein bis vier Klauseln und hätten damit regelmäßig Streitwerte zwischen 2.500 EUR und 10.000 EUR, selten bis 20.000 EUR. Bei seinen Vertragsstrafeklagen lägen die Streitwerte im Regelfall unter 5.000 EUR. Er könne die Gewinnabschöpfungsansprüche gegen die Antragsgegnerin mit dem ganz erheblich höheren Streitwert aus eigenen Mitteln erneut nur rechtshängig machen, wenn der Streitwert antragsgemäß nach § 12 Abs. 4 UWG reduziert werde. Ohne die beabsichtigte Klage verjähre der Anspruch, der mit der Gewinnabschöpfungsklage im Rechtsstreit 13 O 135/15 LG Kiel begonnen habe, tageweise (begonnen bereits mit Ablauf des 9. November 2019) demnächst (§ 204 Abs. 2 BGB), sofern sein Antrag auf Streitwertbegünstigung nicht analog § 204 Abs. 1 Nr. 14 BGB die Verjährung hemme. Der Antragsteller hat näher zu seiner Vermögenssituation im abgeschlossenen Geschäftsjahr 2018 und bis Oktober 2019 vorgetragen und seine Angaben durch Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung seines Finanzvorstandes und von Bankbescheinigungen glaubhaft gemacht.

Das Landgericht hat den Antrag durch Beschluss vom 5. Dezember 2019 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, da...

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