Entscheidungsstichwort (Thema)
Unzulässigkeit einer Mistrade-Klausel bei Wettpapiergeschäften
Leitsatz (amtlich)
Eine Mistrade-Klausel bei Wertpapiergeschäften verstößt gegen § 9 Abs. 1 AGBG,
1. wenn sie eine Rückabwicklung des Ausführungsgeschäftes ohne eine Schadensersatzverpflichtung entspr. § 122 BGB vorsieht oder
2. wenn der Kommissionär von seiner Vertragsverpflichtung insgesamt entbunden wird, obwohl der Kommittent an der Durchführung des Auftrags ein erkennbares Interesse haben kann.
Tenor
Es ist beabsichtigt, die Berufung gem. § 522 Abs. II ZPO durch einstimmigen Beschluss als unbegründet zurückzuweisen, weil sie keine Erfolgsaussicht bietet, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rspr. die Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert.
Dem Berufungskläger wird Gelegenheit zur Stellungnahme gewährt innerhalb von 2 Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.
Gründe
Die Berufung hat i.E. keine Erfolgsaussichten.
I. Am 31.7.2002 um 19. 30.04 Uhr kaufte der Kläger 400 Stück Hebelzertifikate „BNP GmbH Lif-Bear-Dax” des Anbieters Paribas, WKN 673071 über die Handelsplattform Live-Trading der Beklagten zum Preis von 11,22 Euro je Stück. Einschließlich Gebühren betrug der Aufwand 4.497,00 Euro.
Am 1.8.2002 um 15.45 Uhr wurden die Wertpapiere wieder an die BNP Paribas verkauft. Der im Internet angezeigte Kurs betrug zu diesem Zeitpunkt 48,88 Euro je Stück. Tatsächlich betrug der Kurs nur 11,70 Euro. Bedingt durch die technischen Rahmenbedingungen mussten solche Geschäfte in einem Zeitraum von 5 Sekunden getätigt werden. Der Kläger lieferte daraufhin die Wertpapiere zum Preis von 19.552 Euro. Der Betrag wurde dem Konto des Klägers gutgeschrieben. Am gleichen Tag 9. 38.00 Uhr wurde dem Kläger von einem Mitarbeiter der Beklagten telefonisch mitgeteilt, dass das Geschäft storniert werde aufgrund der Mistrade-Regelungen in den Geschäftsbedingungen für das Direct-Brokerage der Beklagten.
In § 7.2 der „Allgemeinen und Produktbezogenen Geschäftsbedingungen” der Beklagten, deren Geltung zwischen den Parteien vereinbart worden ist, heißt es insoweit:
„Zur Ausführung der von dem Kunden erteilten Kommissionsaufträge nutzt die c.-bank die von den Handelspartnern oder dritter Seite zur Verfügung gestellten elektronischen Handelssysteme. Die in diesem Zusammenhang abgeschlossenen Rahmenverträge zum außerbörslichen Handel sehen eine Rückabwicklungsmöglichkeit für den Fall der Bildung nicht marktgerechter Preise vor. Hat danach der Handelspartner dem Geschäft aufgrund einer technisch begründeten Fehlfunktion des Handelssystems oder aufgrund eines Bedienungsfehlers irrtümlich einen falschen Kurs zugrundegelegt, der erheblich und offenkundig von dem zum Zeitpunkt des Zustandekommens des Geschäfts marktadäquaten Preis – dem Referenzpreis – abweicht (Mistrade) so steht dem Handelspartner ggü. der c.-bank ein vertragliches Rücktrittsrecht/Aufhebungsrecht zu. In diesem Fall ist auch die c.-bank berechtigt von dem Vertrag mit dem Kunden zurückzutreten. Weitergehende Ansprüche des Kunden gegen die c.- bank oder gegen deren Handelspartner aus einer Anlass einer solchen Rückabwicklung bestehen nicht.”
Mit der BNP war u.a. folgende Regelung mit der Beklagten getroffen worden (§ 4):
„(1.) Die Parteien vereinbaren ein vertragliches Aufhebungsrecht für den Fall der Bildung nicht marktgrechter Preise in dem elektronischen Handelssystem XEOS.
Danach wird BNP Geschäfte aufheben, wenn nur eine der beiden Parteien begründet die Löschung eines Geschäfts (Mistrade)
- aufgrund eines Fehlers im technischen System BNP oder comdirect oder des dritten Netzwerkbetreibers oder
- aufgrund eines Irrtums (z.B. durch Vertippen) bei der Eingabe eines Geld- oder Briefkurses in XEOS
beantragt.
(2.)
Der Mistrade-Antrag kann nur von den Parteien selbst gestellt werden. Die einwendenden Partei hat an den Antrag unverzüglich ggü. der jeweils anderen Partei geltend zu machen.
Eine fristgerechte Geltendmachung erfolgt, wenn die von der Aufhebung des Geschäfts betroffene Partei auf den Mistrade bis spätestens 5 Minuten nach dem letztmöglichen Handelszeitpunkt für die jeweiligen Wertpapiere des gleichen Bankarbeitstages telefonisch angesprochen wurde.
(3.) Als marktgerechter Preis für Aktien wird grundsätzlich ein Durchschnittspreis aus den Preisen der letzten drei unmittelbar vor dem fraglichen Geschäft im Handelssystem zustande gekommenen Geschäfte gebildet.
Von einem nicht marktgerechten Preis ist auszugehen, wenn bei der Aktien der Preis des fraglichen Geschäfts um mehr als 5 % vom letzten an der Heimatbörse zustande gekommenen Preises abweicht.”
Der Kläger verkaufte die Papiere am 6.8.2002 zu einem Kurs von 14,22 Euro pro Stück.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Mistrade-Klausel sei unwirksam; die Beklagte hafte für die ordnungsgemäße Erfüllung des Ausführungsgeschäftes. Mit der Klage macht der Kläger einen Betrag von 13.802 Euro geltend, den er berechnet aus dem Gesamterlös von 19.552...