Entscheidungsstichwort (Thema)
Zumutbarkeit von Vermögensverwertung - hier: Grundstückseigentum - bei Beantragung von Prozesskostenhilfe
Leitsatz (amtlich)
1. Grundstücke, die nicht nach § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII geschützt sind (da nicht selbst bewohnt), sind grundsätzlich für die Prozesskosten einzusetzen, zB die vermietete Eigentumswohnung (vgl. Zöller/Schultzky, 34. Auf., § 115 ZPO Rdnr. 93 m.w.N.).
2. Im Einzelfall kann es für den PKH-Antragsteller aber unzumutbar sein, ein ihm gehörendes Haus zu verwerten, wenn er die aus der Vermietung des Hauses - hier als Café und Wohnung - resultierenden Mieterlöse angesichts seiner dargelegten finanziellen Verhältnisse zur Befriedigung seines Lebensunterhalts benötigt und eine eventuelle Beleihung des Grundstücks daran scheitert, dass der Beklagte nicht dazu in der Lage wäre, für die fälligen Kreditraten aufzukommen.
3. Wenn der PKH-Antragsteller sich aber selbst entschließt, das Haus mit notarieller Teilungserklärung aufzuteilen - hier in Wohnung und Café - und er anschließend den Wohnungsteil unentgeltlich an Dritte gegen Einräumung eines Nießbrauchsrechts überträgt, ist er bei einer solchen freiwilligen Aufgabe der ihm aus Billigkeitsgründen belassenen Vermögensposition grundsätzlich verpflichtet, eine Übertragung so zu gestalten, dass dann ganz oder teilweise auch die Prozesskosten abgedeckt werden.
4. Vermögen, das nicht mehr vorhanden ist, weil es bereits für andere Zwecke verwertet wurde (wie hier im Rahmen der Schenkung), kann einem noch vorhandenen Vermögen gleichgestellt werden, wenn der Antragsteller bei der Verwendung bereits wusste oder wissen konnte, dass er Verfahrenskosten würde bestreiten müssen, und kein billigenswerter Grund für die Vermögensverwendung vorliegt (vgl. Wittenstein in: Bahrenfuss, FamFG, § 115 ZPO m.w.N.; BGH, Beschluss vom 21. September 2006 - IX ZB 305/05, zit. nach juris Rn. 7 mit Beispielen zur Zurechnung). Das ist im Einzelfall unter Berücksichtigung der Motivation des PKH-Antragstellers für sein Handeln zu prüfen.
Normenkette
SGB XII § 90 Abs. 2 Nr. 8; ZPO § 115
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Beklagten vom 14.06.2023 gegen den Beschluss des Landgerichts Flensburg vom 16.05.2023, soweit die PKH-Gesuche des Beklagten vom 08.11.2022 und 27.01.2023 abgelehnt worden sind, wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Der Beklagte hat mit Überlassungsvertrag vom 08.03.2023 das hälftige Miteigentum an dem Hausgrundstück ... in X. an den Zeugen A. und dessen Ehefrau übertragen. Die Überlassung ist "unentgeltlich schenkweise" erfolgt. Der Wert des Vertragsbesitzes ist mit 50.000,- EUR angegeben worden.
Das Landgericht hat in seiner Nichtabhilfenentscheidung vom 26.07.2023 entschieden, dass der Beklagte mit der Wohnung einen bedeutsamen Vermögenswert veräußert habe. Nachdem er die Aufteilung des Hausgrundstücks in Wohnungseigentum herbeigeführt habe, wäre es ihm auch möglich gewesen, das dem Zeugen A. und dessen Ehefrau überlassene Wohnungseigentum am Markt gegen Entgelt zu verkaufen. Da der Beklagte während des anhängigen Prozesses das Wohnungseigentum verschenkt habe, verdiene er keine Prozesskostenhilfe.
Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner Beschwerde vom 14.06.2023.
II. Die Beschwerde des Beklagten im Hinblick auf die Ablehnung von Prozesskostenhilfe nach schenkweiser Überlassung einer von ihm nicht selbst bewohnten Wohnung an Dritte ist unbegründet. Der Senat folgt insoweit vollumfänglich dem Landgericht in der Begründung und im Ergebnis.
1. Grundstücke, die nicht nach § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII geschützt sind (da nicht selbst bewohnt), sind grundsätzlich für die Prozesskosten einzusetzen, zB die vermietete Eigentumswohnung (vgl. Zöller/Schultzky, 34. Auf., § 115 ZPO Rdnr. 93 m.w.N.). Dies war - worauf auch das Landgericht zur Rechtfertigung seiner früheren PKH-Entscheidungen zugunsten des Beklagten abgestellt hat - vorliegend aus Gründen der Unzumutbarkeit zunächst anders zu sehen, weil der Beklagte die aus der einheitlichen Vermietung des ganzen Hauses als Café und Wohnung resultierenden Mieterlöse angesichts seiner dargelegten finanziellen Verhältnisse zur Befriedigung seines Lebensunterhalts benötigte, so dass ihm die Veräußerung des gesamten Objekts nicht zugemutet werden konnte. Eine eventuelle Beleihung wäre schon daran gescheitert, dass der Beklagte nicht dazu in der Lage gewesen wäre, für die fälligen Kreditraten aufzukommen.
2. Nachdem der Beklagte sich aber selbst entschlossen hat, das Haus mit notarieller Erklärung vom 17.10.2022 - Urkundenverzeichnis Nr. ... X. - in Wohnungs- und Teileigentum, sprich in Wohnung und Café aufzuteilen, und er anschließend mit notariellem Vertrag vom 08.03.2023 - Urkundenverzeichnis Nr. ... X. - den Wohnungsteil unentgeltlich an die Eheleute A. übertragen hat, stellt sich die Rechtslage anders dar.
a) Zwar weist der Beklagte darauf hin, dass sich im Ergebnis an seiner finanziellen Situation nichts geändert habe, weil er sich im Rahmen des Schenkungsvertrags ein lebenslanges Nießbrauchsrecht habe einräume...