Entscheidungsstichwort (Thema)

Ermittlung des Versorgungsausgleichs aufgrund der zuvor Rente wegen voller Erwerbsminderung bezogenen Rente oder der Vollrente wegen Alters

 

Leitsatz (amtlich)

1. Nach § 5 Abs. 2 Satz 1 VersAusglG ist maßgeblicher Zeitpunkt für die Bewertung des Ehezeitanteils das Ende der Ehezeit. Rechtliche oder tatsächliche Veränderungen nach dem Ende der Ehezeit, die auf den Ehezeitanteil zurückwirken, sind allerdings nach § 5 Abs. 2 Satz 2 VersAusglG zu berücksichtigen.

2. Nach dem Beginn des Bezugs einer Vollrente wegen Alters ist der Ausgleichswert in der gesetzlichen Rentenversicherung allein aus den auf die Ehezeit entfallenden Entgeltpunkten der tatsächlich bezogenen Altersrente zu ermitteln (BGH FamRZ 2016, 791). Dies gilt auch dann, wenn der Ehegatte unmittelbar zuvor eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bezogen hat, mit deren Entziehung nicht mehr zu rechnen war.

3. Würde man für die Berechnung nicht auf die im Zeitpunkt der Entscheidung tatsächlich bezogene Altersrente abstellen, sondern auf die zuvor bezogene Erwerbsminderungsrente, würde ein Ehezeitanteil zum Ausgleich gebracht werden, welcher in dem auszugleichenden Anrecht tatsächlich nicht (mehr) vorhanden ist.

 

Normenkette

FamFG § 65 Abs. 3; VersAusglG § 5 Abs. 2 Sätze 1-2

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 26.01.2022; Aktenzeichen XII ZB 175/21)

 

Tenor

I. Auf die Beschwerde der weiteren Beteiligten zu 3) vom 26. März 2019 wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Eckernförde vom 13. März 2019 in Ziffer 2.) im dritten Absatz unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts der Antragsgegnerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund (Vers. Nr. ...) zugunsten des Antragstellers ein Anrecht in Höhe von 13,6740 Entgeltpunkten auf das vorhandene Konto bei der Deutschen Rentenversicherung Bund (Vers. Nr. ...), bezogen auf den 30. September 2017, übertragen.

II. Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben. Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

III. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.310,00 Euro festgesetzt.

IV. Die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die am 29. Mai 1987 geschlossene Ehe des Antragstellers und der Antragsgegnerin ist auf den am 26. Oktober 2017 zugestellten Antrag durch Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Eckernförde vom 13. März 2019 geschieden worden. Zugleich ist der Versorgungsausgleich durchgeführt worden.

Im Rahmen des Versorgungsausgleichs ist in Ziffer 2.) des Beschlusses im dritten Absatz das Anrecht der Antragsgegnerin bei der weiteren Beteiligten zu 3), der Deutschen Rentenversicherung, intern geteilt worden. Der Entscheidung liegt die Auskunft der weiteren Beteiligten zu 3) vom 12. Juni 2018 zugrunde, aus welcher sich ein Ehezeitanteil des Anrechts in Höhe von 26,8480 Entgeltpunkten und ein Ausgleichswert in Höhe von 13,4240 Entgeltpunkten ergibt. Grundlage der Berechnung ist der Bescheid der weiteren Beteiligten zu 3) vom 8. Juni 2018 über die Gewährung einer Altersrente. Wegen der Einzelheiten wird auf die Auskunft vom 12. Juni 2018 nebst Anlagen Bezug genommen.

Gegen den ihr am 18. März 2019 zugestellten Beschluss hat die weitere Beteiligte zu 3) mit Schreiben vom 26. März 2019, eingegangen beim Amtsgericht Eckernförde am 29. März 2019, Beschwerde erhoben.

Die weitere Beteiligte zu 3) macht mit ihrer Beschwerde geltend, dass sich der Ehezeitanteil des Anrechts der Antragsgegnerin und damit auch der Ausgleichswert aufgrund des zum 1. Januar 2019 in Kraft getretenen RV-Leistungsverbesserungs- und -Stabilisierungsgesetzes, durch welches Zeiten der Kindererziehung für Geburten vor 1992 rentenrechtlich stärker honoriert werden, erhöht habe. Zudem sei der mit der Auskunft vom 12. Juni 2018 mitgeteilte Ehezeitanteil fehlerhaft berechnet worden. Die Ermittlung des Ehezeitanteils sei auf Grundlage der seit dem 1. September 2018 gezahlten Altersrente erfolgt. Da die Antragsgegnerin jedoch unmittelbar vor Bezug der Altersrente seit dem 1. September 2008 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bezogen habe und insoweit ein Besitzschutz für die sich unmittelbar anschließende Altersrente als Folgerente bestehe, sei der Ehezeitanteil auf Grundlage der Erwerbsminderungsrente zu ermitteln. Aus dem insoweit der Rentenberechnung zugrunde zu legenden abweichenden Leistungsfall ergebe sich eine abweichende Bewertung der rentenrechtlichen Zeiten in der Ehezeit.

Mit einer neuen Auskunft vom 30. April 2019 hat die weitere Beteiligte zu 3) mitgeteilt, dass der Ehezeitanteil des bei ihr bestehenden Anrechts 28,4952 Entgeltpunkte betrage, und einen Ausgleichswert von 14,2476 Entgeltpunkten, entsprechend einem korrespondierenden Kapitalwert von 98.853,57 Euro vorgeschlagen. Grundlage der Berechnung sind der Bescheid der weiteren Beteiligten zu 3) vom 13. Mai 2011 über die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminder...

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