Entscheidungsstichwort (Thema)
Vollstreckung einer Unterlassungsverpflichtung in gerichtlichem Vergleich
Leitsatz (amtlich)
Die Zwangsvollstreckung einer in einem gerichtlichem Vergleich enthaltenen Unterlassungsverpflichtung durch Festsetzung eines Ordnungsgeldes setzt eine gerichtliche Androhung durch einen gesonderten Beschluss voraus.
Normenkette
ZPO § 890 Abs. 1-2
Verfahrensgang
LG Kiel (Beschluss vom 24.11.2009; Aktenzeichen 16 O 72/03) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Beschwerde der Schuldnerin vom 9.12.2009 wird der Ordnungsgeldbeschluss der Kammer für Handelssachen III des LG Kiel vom 24.11.2009 aufgehoben.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien schlossen vor dem Senat am 7.9.2004/25.10.2004 einen Prozessvergleich, in dem sich die Schuldnerin zu bestimmten Unterlassungen verpflichtete. Einbezogen in diesen Vergleich waren Unterlassungspflichten aus vorangegangenen Urteilen der LG Köln und Limburg. Mit Antrag vom 20./24.10.2008 beantragte die Gläubigerin die Festsetzung eines Ordnungsgeldes wegen behaupteter Zuwiderhandlungen gegen die Unterlassungspflichten. Nach Beweisaufnahme hat das LG mit Beschluss vom 24.11.2009 ein Ordnungsgeld i.H.v. 50.000 EUR,- festgesetzt. Der Beschluss ist der Schuldnerin am 8.12.2009 zugestellt worden. Dagegen richtet sich die am 11.12.2009 eingegangene sofortige Beschwerde, mit der die Schuldnerin die Aufhebung des Beschlusses und Zurückweisung des Ordnungsmittelantrages begehrt. Das LG hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen.
II. Die sofortige Beschwerde der Schuldnerin ist gem. § 793 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist auch begründet.
Gemäß § 890 Abs. 1 ZPO ist nach Zuwiderhandlung gegen eine Unterlassungsverpflichtung ein Ordnungsgeld festzusetzen. Die Festsetzung kann indes erst erfolgen, wenn gem. § 890 Abs. 2 ZPO eine entsprechende Androhung vorausgegangen ist.
An einer solchen Androhung fehlt es vorliegend. Diese Voraussetzung ist von Amts wegen zu prüfen (Zöller/Stöber, 28. Aufl., § 890 Rz. 14 f.), weshalb es unerheblich ist, ob die Parteien das Fehlen bestimmter Voraussetzungen gerügt haben.
Die Androhung kann in dem die Unterlassungspflicht aussprechenden Urteil enthalten sein. Ist sie dies nicht, so hat sie durch einen gesonderten Beschluss zu erfolgen. Bei einem Prozessvergleich ist streitig, ob die Androhung wirksam in diesen aufgenommen werden kann oder ob eine Androhung stets durch einen gesonderten Beschluss durch das Prozessgericht ausgesprochen werden muss.
Die herrschende Auffassung in Rechtsprechung (OLG Frankfurt NJW-RR 2006, 1441; KG, JurBüro 1983, 781 und NJW-RR 1987, 507; OLG Koblenz, Urt. v. 12.4.1979 - 6 U 551/78 -, zitiert nach Wasserzier, WRP 453, Ziff. 9.2.1.; OLG Stuttgart WRP 1976, 119; OLG Schleswig, SchlHA 1969, 232 und SchlHA 1961, 197; OLG Karlsruhe, GRUR 1957, 447) und Literatur (Zöller/Stöber, a.a.O., Rz. 12a; Stein-Jonas-Brehm, 22. Aufl., § 890 Rz. 13; MünchKomm/ZPO-Gruber, 3. Aufl., § 890 Rz. 25; Hüsstege in Thomas/Putzo, 31. Aufl., § 890 Rz. 18; Schuschke/Walker, 3. Aufl., § 890 Rz. 15; Rosenberg/Gaul/Schilken, Zwangsvollstreckungsrecht, 1997, § 73 II 1; Schröder, NJW 1969, 1285 (1286) und MDR 1970, 553 (554 f.); Pastor, WRP 1976, 120; Hansens, JurBüro 1985, 653 (645)) hält einen gesonderten Gerichtsbeschluss für notwendig und eine Aufnahme einer Ordnungsgeldandrohung in einem Vergleich für unwirksam. Nach anderer Meinung (LG Berlin, MDR 1967, 134; Blomeyer, Zivilprozessrecht - Vollstreckungsverfahren, 1975, § 95 I 2; Baur, Der schiedsrichterliche Vergleich, 1971, S. 39 f. Rz. 112; zustimmend Schlosser, JZ 1972, 639; Hasse, NJW 1969, 23) ist eine Ordnungsgeldandrohung in dem gerichtlichen Vergleich möglich und wirksam. Diese ältere Auffassung wird in der letzten Zeit zu Recht nicht mehr vertreten. Auch der Senat hält die herrschende Auffassung für vorzugswürdig und schließt sich ihr ausdrücklich an.
Die Zwangsvollstreckung ist die Durchsetzung eines titulierten Anspruchs durch staatliche Organe (Zöller/Stöber, vor § 704 Rz. 1). Die Androhung des Ordnungsmittels stellt den Beginn der Zwangsvollstreckung dar (Zöller/Stöber, a.a.O., Rz. 12, 12a), so dass bereits aus diesem Grund eine hoheitliche Androhung zu erfolgen hat und eine privatrechtliche Vereinbarung durch einen Vergleich nicht ausreicht. Die Möglichkeit des § 890 Abs. 2 ZPO, die Androhung bereits in das Urteil aufzunehmen, ist eine vom Gesetzgeber lediglich aus Praktikabilitätsgründen vorgenommene Entscheidung, die Androhung formell dem Erkenntnisverfahren zuzuordnen. Diese Entscheidung ändert nichts daran, dass die Androhung materiell-rechtlich ein Teil der Zwangsvollstreckung bleibt (vgl. Schröder, MDR 1970, 554). Eine staatliche Entscheidung ist also notwendig.
Auch wenn ein Prozessvergleich durch das Gericht protokolliert wird, bleibt er doch im Kern eine privatrechtliche Vereinbarung. Dies ist überwiegend anerkannt (vgl. Zöller/Stöber, § 794 Rz. 3) und ergibt sich insbesondere auch dara...