Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsanwaltsvergütung im Verfahren nach § 1666 BGB
Leitsatz (amtlich)
1. Findet im Verfahren nach § 1666 BGB kein Gerichtstermin statt, so entsteht keine Terminsgebühr nach Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 VVRVG (Entscheidung ohne vorgeschriebene mündliche Verhandlung), weil § 157 FamFG eine Soll-Vorschrift ist und die in § 155 Abs. 2 FamFG vorgeschriebene Erörterung sowie die in § 160 Abs. 1 FamFG vorgeschriebene Anhörung keine mündliche Verhandlung sind.
2. Erfährt das Familiengericht auf verschiedenen Wegen von einem Sachverhalt, der eine Prüfung nach § 1666 BGB erforderlich macht, und werden versehentlich zwei Aktenzeichen vergeben und die Verfahren an-schließend verbunden, so entsteht nur eine Verfahrensgebühr nach einem Wert von 3.000 EUR gem. § 45 Abs. 1 Nr. 1 FamGKG und nicht zwei Verfahrensgebühren nach einem Wert von 3.000 EUR oder eine Verfahrensgebühr nach einem Wert von 6.000 EUR. Dies gilt auch dann, wenn vor der Verbindung zu beiden Aktenzeichen Verfahrenskostenhilfe bewilligt, der Verfahrensbevollmächtigte beigeordnet und ein Verfahrenswert von 3.000 EUR festgesetzt worden ist.
Normenkette
BGB § 1666; FamFG § 155 Abs. 2, § 157 Abs. 1, § 160 Abs. 1; FamGKG § 45 Abs. 1 Nr. 1
Tenor
Die Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten der Kindesmutter gegen den Beschluss vom 14.11.2013, durch den die Erinnerung gegen die Vergütungsfestsetzung vom 27.8.2013 zurückgewiesen worden ist, wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Mit Schreiben vom 24.6.2013 hat die Betreuerin der Kindesmutter gegenüber dem AG Maßnahmen des Gerichtes nach § 1666 BGB angeregt, hilfsweise angeregt, das Ruhen der elterlichen Sorge festzustellen und einen Vormund für das Kind zu bestimmen. Mit Beschluss vom 3.7.2013 ist der Kindesmutter Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung des Beschwerdeführers bewilligt worden und der Verfahrenswert vorläufig auf 3.000 EUR festgesetzt worden. Das Verfahren hat das Aktenzeichen 45 F 193/13 erhalten.
Mit Schreiben vom 27.6.2013 hat das Jugendamt beim AG einen Antrag auf Einrichtung einer Vormundschaft gestellt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Betreuerin der Mutter mit der ihr von der Kindesmutter erteilten Sorgerechtsvollmacht die Aufgaben eines Sorgerechtsbevollmächtigten nicht ausreichend wahrnehme. Eine Maßnahme sei erforderlich, weil dringende Rechtsgeschäfte für das Kind zu erledigen seien, die keinen Aufschub zuließen, da das Kind fremd- und eigengefährdendes Verhalten zeige. Der Antrag hat das Aktenzeichen 45 F 202/13 erhalten.
Mit Verfügung vom 11.7.2013 wurden die Beteiligten darauf hingewiesen, dass beabsichtigt sei, die Verfahren zu verbinden, da es sich in beiden Verfahren um den gleichen Verfahrensgegenstand handele. Auf ausdrücklichen Antrag des Verfahrensbevollmächtigten der Kindesmutter hat das AG im Verfahren 45 F 202/13 mit Beschluss vom 22.7.2013 über den Verfahrenskostenhilfe- und Beiordnungsantrag antragsgemäß entschieden. Mit Beschluss vom selben Tag sind die Verfahren verbunden worden und ist der Verfahrenswert für das Verfahren 45 F 202/13 auf 3.000 EUR festgesetzt worden.
Nachdem die Kindesmutter im Hinblick auf eine Anhörung in einem Parallelverfahren zur Genehmigung der geschlossenen Unterbringung des Kindes auf die persönliche Anhörung in diesem Verfahren verzichtet hatte und das Jugendamt und der Verfahrensbeistand sich mit einer umgehenden Entscheidung ohne weitere Anhörung der Beteiligten einverstanden erklärt hatten, hat das AG mit weiterem Beschluss vom 22.7.2013 der Kindesmutter die elterliche Sorge entzogen und das Jugendamt als Vormund eingesetzt.
Im Vergütungsfestsetzungsverfahren und im Beschwerdeverfahren macht der Verfahrensbevollmächtigte der Kindesmutter geltend, dass ihm eine Terminsgebühr nach Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 VVRVG zustehe. Ferner meint er, dass ihm entweder zwei Mal eine Verfahrensgebühr nach einem Wert von 3.000 EUR in den Verfahren 45 F 193/13 und 45 F 202/13 oder jedenfalls einmal eine Verfahrensgebühr nach einem Wert von 6.000 EUR zustehe.
II. Die Beschwerde ist gem. §§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 3 bis 8 RVG zulässig, aber unbegründet.
1. Der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin hat keinen Anspruch auf eine Terminsgebühr gem. Nr. 3104 VVRVG. Nach der Vorbemerkung 3 Abs. 3 VVRVG in der bis zum 31.7.2013 gültigen Fassung entstand die Terminsgebühr für die Vertretung in einem Verhandlungs-, Erörterungs- oder Beweisaufnahmetermin oder die Wahrnehmung eines von einem gerichtlich bestellten Sachverständigen anberaumten Termins oder die Mitwirkung an auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechungen auch ohne Beteiligung des Gerichts. Diese Voraussetzungen liegen unstreitig nicht vor. Nach Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 VVRVG entsteht die Gebühr auch, wenn in einem Verfahren, für das eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, im Einverständnis mit den Parteien oder Beteiligten oder gem. § 307 oder § 495a ZPO ohne mündliche Verhandlung entschieden oder in einem solchen Verfahren ein schriftlicher Vergleich geschlossen ...