Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausschluss einer Adoption nach pakistanischem Recht als Verstoß gegen deutschen ordre public
Leitsatz (amtlich)
Leitsätze:
1. Dass die pakistanische Rechtsordnung für die Beteiligten keine rechtliche Möglichkeit vorsieht, den Betroffenen an Kindes statt i.S.d. §§ 1741 ff. BGB anzunehmen, entfaltet dieselbe Wirkung wie ein in einer ausländischen Rechtsnorm ausdrücklich ausgesprochenes Adoptionsverbot.
2. Wegen der erheblichen Bedeutung, die der Adoption und den dahinter stehenden Prinzipien, die sie verwirklichen soll, im deutschen Recht zukommt, ist eine Rechtsanwendung, die Ehegatten die Möglichkeit, Kinder zu adoptieren von vornherein verwehrt, geeignet, zu einem Ergebnis zu führen, das mit den wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts unvereinbar ist.
3. Dieses unerträgliche Ergebnis kann auch nicht durch die Möglichkeit der Adoption nach Annahme der deutschen Staatsangehörigkeit beider Ehegatten gemildert werden.
4. Der Umstand, dass der Anzunehmende bislang keine "eigene" Beziehung zu der Bundesrepublik Deutschland knüpfen konnte, hindert nicht die Annahme einer ausreichenden Inlandsbeziehung.
Normenkette
GG Art. 6; EGBGB Art. 14 Abs. 1, Art. 22 Abs. 1; BGB §§ 1741 ff.; FGG § 43b Abs. 1
Verfahrensgang
LG Flensburg (Beschluss vom 10.10.2006; Aktenzeichen 5 T 241/06) |
AG Schleswig (Aktenzeichen 4 XVI J 13/06) |
Tenor
Der angefochtene Beschluss und der Beschluss des AG Schleswig vom 18.7.2006 werden aufgehoben.
Das AG Schleswig wird angewiesen, dem Beteiligten zu 1) zu bescheinigen, dass ein Adoptionsverfahren über den Betroffenen eingeleitet wird und dass die Anwesenheit des Betroffenen in der Bundesrepublik Deutschland für das Verfahren erforderlich ist.
Das Verfahren über die weitere Beschwerde ist gerichtsgebührenfrei.
Außergerichtliche Kosten für dieses Verfahren werden nicht erstattet.
Der Wert des Verfahrens der weiteren Beschwerde beträgt 3.000 EUR.
Gründe
Der im Jahre 1961 in Pakistan geborene Beteiligte zu 1) reiste im Jahre 1984 als Asylbewerber in die Bundesrepublik ein. Im Jahre 1994 erhielt er eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis. Gleichfalls im Jahre 1994 heirateten die Beteiligten zu 1) und 2). Die Beteiligte zu 2), die im Jahre 1971 in Pakistan geboren ist, reiste im Jahre 1996 in die Bundesrepublik ein und erhielt im Jahre 2003 eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis.
Sowohl der Betroffene als auch die Beteiligten zu 1) und 2) sind dem Islam zugehörig.
Die Ehe der Beteiligten zu 1) und 2) blieb kinderlos. In einem Beratungsgespräch empfahl das Jugendamt des Kreises den Beteiligten zu 1) und 2), in ihrem "Heimatland" eine Adoption durchzuführen und dann für das Kind einen Einreiseantrag zu stellen.
Dies wollten die Beteiligten zu 1) und 2) in die Tat umsetzen.
Die Beteiligte zu 2) erhielt am 31.3.2006 von dem zuständigen Gericht in G/Pakistan die Eigenschaft eines "Guardian" für den am 27.2.2006 in G geborenen Betroffenen.
Als die Beteiligten zu 1) und 2) für den Betroffenen einen Einreisantrag stellen wollten, teilte ihnen die deutsche Botschaft in I mit, einem Einreiseantrag für den Betroffenen würde nur dann stattgegeben, wenn die Beteiligten zu 1) und 2) den Nachweis eines laufenden Adoptionsverfahrens in der Bundesrepublik führen könnten.
Der Beteiligte zu 1) kehrte in die Bundesrepublik zurück, die Beteiligte zu 2) verblieb mit dem Betroffenen in Pakistan.
Am 9.6.2006 beurkundete der Notar B einen Adoptionsantrag des Beteiligten zu 1). Dieser lautete dahingehend, dass der Betroffene von den Beteiligten zu 1) und 2) als gemeinschaftliches und eheliches Kind angenommen werden sollte.
Diesen Antrag hat der Notar mit Schriftsatz vom 12.6.2006 zusammen mit dem Antrag des Beteiligten zu 1), ihm eine Bescheinigung über die Durchführung des Adoptionsverfahrens auszustellen und dabei die Erforderlichkeit der Anwesenheit des Betroffenen in der Bundesrepublik zu bescheinigen, bei dem AG eingereicht.
Mit Verfügung vom 21.6.2007 hat das AG dem Notar mitgeteilt, dass dem Antrag nicht entsprochen werden könne, da ein Adoptionsverfahren in der Bundesrepublik nicht durchgeführt werden könne, weil das pakistanische Recht, das gem. den Art. 22, 14 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB anwendbar sei, eine Adoption im Sinne des BGB nicht kenne.
Der Notar wies daraufhin mit Schriftsatz vom 26.6.2006 darauf hin, dass seiner Auffassung nach Art. 6 EGBGB anwendbar sein müsste, mit der Folge, dass sich das Adoptionsverfahren für den Betroffenen nach deutschem Recht richte.
Die weitere Beteiligte hat in einer Stellungnahme vom 3.7.2006 darauf hingewiesen, dass sie die Auffassung des AG teile.
Nachdem dem Notar weitere Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden war, hat das AG den Antrag auf Ausstellung einer Bescheinigung, dass ein Adoptionsverfahren anhängig sei sowie die Bestätigung, dass die Anwesenheit des Betroffenen in Deutschland für das Verfahren erforderlich sei, abgelehnt.
Gegen diesen, ihm am 20.7.2006 zugestellten Beschluss hat der Notar für den Beteiligten zu 1) Beschwerde eingelegt. In der Beschwerdebeg...