Leitsatz (amtlich)
Die seit 1. Januar 1999 geltenden Regelungen über das Erlöschen von Vergütungsansprüchen von Betreuern sind auf Ansprüche aus der Zeit vor dem Inkrafttreten des BtÄndG nicht anzuwenden.
Nach den Regeln aus der Zeit vor dem 1. Januar 1999 kann ein Erlöschen der Ansprüche erst nach tatsächlicher Beendigung der Betreuungstätigkeit in Betracht kommen.
Orientierungssatz
Zeitlicher Geltungsbereich der neuen Regelungen über das Erlöschen von Vergütungsansprüchen von Betreuern
Normenkette
BGB §§ 1835-1836, 1836a a. F, § 1835 Abs. 1 Sätze 3-4, § 1835a Abs. 4, § 1836 Abs. 2 Sätze 3-4, § 1908i; ZSEG § 15 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Kiel (Aktenzeichen 3 T 354/99) |
AG Bad Segeberg (Aktenzeichen 3 XVII 1354) |
Tenor
Auf die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1. wird unter Zurückweisung der Rechtsmittel im übrigen der angefochtene Beschluß geändert.
Der dem Beteiligten zu 1. aus der Landeskasse zu zahlende Betrag wird auf insgesamt 2.234,26 DM festgesetzt.
Die gerichtlichen Kosten der Beschwerdeverfahren trägt der Beteiligte zu 1. nach einem Wert von 206,37 DM. Von seinen außergerichtlichen Kosten des gesamten Verfahrens trägt der Beteiligte zu 1. 1/10, im übrigen trägt sie die Landeskasse.
Der Geschäftswert beträgt 2.440,63 DM.
Gründe
Der Beteiligte zu 1. war vom 28.10.1996 bis zu seiner Entlassung am 16.07.1999 zum Betreuer des mittellosen Betroffenen bestellt. Mit am 31.12.1998 beim Amtsgericht eingegangenem Telefax hat er für die Zeit vom Juli 1996 bis Dezember 1998 die Festsetzung von Aufwendungen und einer Vergütung über insgesamt 2.440,63 DM beantragt. Das Amtsgericht hat durch Beschluß vom 17.06.1999 für November und Dezember 1998 Auslagenersatz und Vergütung in Höhe von insgesamt 172,84 DM festgesetzt. Einen weitergehenden Anspruch hat es für nicht gegeben erachtet, weil der Beteiligte zu 1. den Originalantrag erst am 30.04.1999 eingereicht habe und alle Aufwendungsersatz- und Vergütungsansprüche, die nicht innerhalb von drei Monaten nach Ablauf des Betreuungsjahres (Oktober bis Oktober) geltend gemacht würden, erloschen seien. Auf die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 1. hat das Landgericht den Beschluß geändert und den Betrag auf insgesamt 1.472,07 DM festgesetzt. Ferner hat es die Rechtsbeschwerde zugelassen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die seit 1.01.1999 geltende Erlöschensregelung der §§ 1908 i Abs. 1, 1835 Abs. 1 Satz 3, 1836 Abs. 2 Satz 4 BGB habe (auch) verfahrensrechtlichen Charakter, so daß sie für künftig zu treffende Entscheidungen auch über vergangene Zeiträume gelte. Gegen diesen Beschluß, auf den zur weiteren Sachdarstellung Bezug genommen wird (Bl. 223 bis 225 d.A.), richten sich die Rechtsmittel der Beteiligten.
Die Rechtsmittel sind nach §§ 69 e, 56 g Abs. 5 Satz 2, 27, 29, 22 FGG zulässig. Die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1. ist weitgehend begründet, das Rechtsmittel der Beteiligten zu 2. ist unbegründet. Die angefochtene Entscheidung beruht auf einer Verletzung des Gesetzes (§§ 27 FGG, 550 ZPO).
Zutreffend hat allerdings das Landgericht die Stellung des Antrags per Telefax am 31.12.1998 für wirksam angesehen. Für die einschränkenden Anforderungen des Amtsgerichts fehlt jegliche Grundlage. Wird davon ausgegangen, daß das Gesetz die Schriftform erfordert, können jedenfalls keine höheren Voraussetzungen gestellt werden, als sie nach allgemeiner Auffassung für bestimmende Schriftsätze – zum Beispiel Klage und Rechtsmittel sowie ihre Begründungen – gelten. Insoweit ist inzwischen einhellig anerkannt, daß die Einreichung derartiger Schriftsätze mittels Telefax grundsätzlich zulässig ist. Auch einer Bestätigung der Telefaxübermittlung auf dem Postweg bedarf es nicht. Das gilt sowohl für die ordentliche Gerichsbarkeit im Zivil- und Strafverfahren als auch für alle Fachgerichtsbarkeiten (Töpperwien, DRiZ 1999, 241, 242 m.w.Nw.).
Rechtsfehlerhaft hat aber das Landgericht die Erlöschensregelungen des seit 1.1.1999 in Kraft befindlichen Vergütungsrechts auf den davor liegenden Abrechnungszeitraum angewendet. Nach Auffassung des Senats sind diese Regelungen sowohl nach neuem wie nach altem Recht (§§ 1908 i Abs. 1, 1835 Abs. 4 Satz 2, 1836 Abs. 2 Satz 4 BGB a. F.; 15 Abs. 2 ZSEG) nicht dem Verfahrenssrecht, sondern dem materiellen Recht zuzuordnen, weil sie das Erlöschen privatrechtlicher Ansprüche des Betreuers bestimmen (im Ergebnis ebenso Chauvistré, BtPrax 1999, 100). Insoweit ist es bedeutungslos, daß der Erlöschenstatbestand von Amts wegen zu beachten ist und § 1835 Abs. 4 Satz 2 BGB a.F. die Vorschriften über das „Verfahren” bei der Entschädigung von Zeugen für sinngemäß anwendbar erklärte. Gehören diese Regelungen aber dem materiellen Recht an, so kann mangels abweichender Übergangsvorschriften – insbesondere hat der Gesetzgeber die Aufwendungsersatz- und Vergütungsvorschriften insgesamt nicht mit rückwirkender Kraft ausgestattet – schon aus Gründen des Vertrauensschutzes die materielle Neuregelung nicht auf Ansprüche aus davor liegenden Zeiträumen ange...