Verfahrensgang
AG Ahrensburg (Aktenzeichen 8 b F 35/93) |
Tenor
Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben.
Gründe
Die Beschwerde ist begründet.
1. Allerdings ist das Jugendamt des Kreises S. seiner in § 50 KJHG geregelten Mitwirkungspflicht bisher nicht nachgekommen.
Inhalt und Umfang der Mitwirkungspflicht des Jugendamts werden durch das Gesetz hinreichend klar geregelt.
Zweck der Anhörungspflicht des Gerichts einerseits (§ 49 a FGG) und der Mitwirkungspflicht des Jugendamts andererseits (§ 50 Abs. 1 KJHG) ist es, dem Gericht eine sachgerechte Entscheidung über die elterliche Sorge zu ermöglichen. Dieser Zweck wird nur erreicht, wenn das Jugendamt als Fachbehörde zur Frage der Sorgerechtsregelung Stellung nimmt (Kunkel in FamRZ 1993 S. 505 ff. ≪506≫). Das bedeutet nicht, daß die gutachterliche Äußerung des Jugendamts in jedem Fall mit einem bestimmten Entscheidungsvorschlag enden muß; denn es sind Fälle denkbar, in denen das Jugendamt seine eigenen Erkenntnismöglichkeiten für erschöpft hält und sich deshalb zu einer abschließenden Äußerung nicht in der Lage sieht. Eine gutachtliche Stellungnahme ist auch dann erforderlich, wenn die Eltern sich über die Regelung der elterlichen Sorge einig sind.
Hinsichtlich des Umfangs der Mitwirkungspflicht nennt § 50 Abs. 2 KJHG notwendige Bestandteile der Stellungnahme. Danach ist dem Jugendamt nicht nur aufgegeben, über angebotene und erbrachte (Beratungs-)Leistungen zu berichten und auf weitere Hilfsmöglichkeiten hinzuweisen. Das Jugendamt hat auch „erzieherische und soziale Gesichtspunkte zur Entwicklung des Kindes” einzubringen. Sinn dieser Regelung ist, daß das Jugendamt seine besondere Sachkunde und Erfahrung zum Wohl des Kindes in das gerichtliche Verfahren einbringt, sich also sachkundig äußert, damit das Gericht eine sachgerechte Entscheidung trifft (OLG Frankfurt in FamRZ 1992 S. 206 ff. ≪207≫). Dieses Verständnis des § 50 KJHG steht im Einklang mit Art. 6 Abs. 2 des Grundgesetzes. Das Wächteramt des Staates nach § 6 Abs. 2 Satz 2 GG verlangt vom Jugendamt, dem Wohl des Kindes auch dadurch zu dienen, daß es im Verfahren vor dem Familiengericht in der dargestellten Weise mitwirkt (vgl. auch Kunkel in FamRZ 1993 S. 505 ff.).
Der Bericht des Jugendamts vom 5. Mai 1993 entspricht den Anforderungen des § 50 Abs. 1 und Abs. 2 KJHG nicht. Denn darin werden nur erfolgte Beratungshilfen dargelegt und als Hilfemöglichkeit die Beauftragung eines Gutachters vorgeschlagen, der mit den Eltern ein gemeinsames Konzept der Elternverantwortung erarbeiten soll. Eine sachkundige Stellungnahme zur vom Gericht zu entscheidenden Frage der Regelung der elterlichen Sorge enthält der Bericht nicht.
2. Dennoch ist die angefochtene Entscheidung zu beanstanden.
Das Jugendamt ist im Rahmen seiner Tätigkeit nach § 50 KJHG kein Hilfsorgan des Gerichts, sondern steht selbständig neben diesem. Die Verpflichtung zur Tätigkeit des Jugendamts leitet sich allein aus dem Gesetz her, nicht aus gerichtlicher Anordnung (Mrozynski SGB VIII 1991 § 50 Anm. 1). Bei seiner Tätigkeit leistet das Jugendamt eine Art sachverständiger Amtshilfe (Oberloskamp in FamRZ 1992 S. 1241 ff. ≪1247≫). Diese Stellung des Jugendamts verbietet es, gegen das Jugendamt mit einer gerichtlichen Verfügung und den Zwangsmitteln des § 33 FGG vorzugehen. Kommt das Jugendamt seiner Mitwirkungspflicht nicht oder in nicht ausreichendem Maß nach, hat das Gericht nur die Möglichkeit, gegen das Jugendamt im Wege der Dienstaufsichtsbeschwerde vorzugehen (Oberloskamp a.a.O. S. 1247 m.N.), gegebenenfalls auch die kommunale Rechtsaufsicht einzuschalten.
Die angefochtene Entscheidung einschließlich der Zwangsgeldandrohung war daher aufzuheben.
Fundstellen