Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausschlusstatbestände in der Rechtsschutzversicherung
Leitsatz (amtlich)
Der Kauf von (Express-)Zertifikaten ist kein Termin- oder vergleichbares Spekulationsgeschäft, weshalb eine Klage gegen die Bank wegen Beratungsverschuldens nicht unter den entsprechenden Ausschlusstatbestand in der Rechtsschutzversicherung fällt.
Normenkette
ARB
Gründe
I. Die Beklagte wird nach Vorberatung des Senats darauf hingewiesen, dass die Berufung keine Aussicht auf Erfolg bietet. Sie ist unbegründet:
1. Die Beklagte ist nicht gem. § 39 Abs. 2 VVG a.F. von ihrer Leistungspflicht frei geworden. Auf die Ausführungen des LG, S. 5 f. zu 1), wird verwiesen. Die Absendung der Mahnung und das Fehlen von Rückläufern sind als Beweis für den Zugang nicht geeignet (vgl. Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl., § 39 Rz. 14, Römer/Langheid, VVG, 2. Aufl., § 39 Rz. 21). Es ist Sache der Versicherung, wenn sie Aufwand und Kosten für Zugangsnachweise nicht tragen will. Auf die Beweisangebote Mitarbeiter A und B der Beklagten kommt es deshalb nicht an. Dass die Versicherungsmaklerin C das Schreiben erhalten hat, wäre als Beweis eines Zugangs beim Kläger nicht geeignet; Post kann auch nur auf dem Weg zu ihm abhanden gekommen sein.
Ihre Kenntnis des Schreibens ist auch nicht dem Kläger zuzurechnen. Nach § 39 Abs. 1 VVG a.F. kann der Versicherer dem Versicherungsnehmer eine Frist bestimmen. Schon deshalb dürfte eine dem Makler gesetzte Frist nicht reichen. Hier kommt hinzu, wie jedenfalls aus der ersten Mahnung vom 25.1.2007 folgt, dass die Beklagte dem Versicherungsnehmer das Original und dem Makler nur ein Doppel schickt, vgl. "Durchschlag für Vermittler" oben rechts und "Dieser Brief ging so an den o.a. Originalempfänger" unter der Anrede, Anlage B 1, Bl. 37. Die Mahnung vom 16.2.2007 liegt als Original an den Kläger vor, Anlage B 3, Bl. 39. Die Maklerin hatte deshalb keinen Anlass, selbst wenn sie auch dieses Schreiben als Durchschlag bekommen hatte, den Kläger auf die rückständige Prämie aufmerksam zu machen und der Beklagten musste dies bei der von ihr gewählten Ausgestaltung bewusst sein.
2. Der Kläger hat einen Anspruch auf Rechtsschutz aus § 2d ARB-RU 2004.
Die Beklagte ist nicht nach dem Ausschlusstatbestand des § 3 Abs. 2 f.) ARB-RU 2004 von ihrer Leistungspflicht frei. Rechtsschutz besteht nicht für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen in ursächlichem Zusammenhang mit Spiel- oder Wettverträgen, Gewinnzusagen sowie Termin- oder vergleichbaren Spekulationsgeschäften und fremdfinanzierten Anlagegeschäften.
Im Hinblick auf die Einordnung älterer Entscheidungen sei darauf hingewiesen, dass nach § 4 Abs. 1g) ARB 75 die Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus Spiel- und Wettverträgen und nach § 3 Abs. 2 f.) ARB 94 die Wahrnehmung rechtlicher Interessen in ursächlichem Zusammenhang mit Spiel- oder Wettverträgen sowie Termin- oder vergleichbaren Spekulationsgeschäften ausgeschlossen war.
Der Kläger hat UBS AG (Lond.) Expr. Zert. 11 Basket gekauft (vgl. zur Funktionsweise E-Mail, Anlage B 4, Bl. 40, und LG Frankfurt WM 2009, 947 Rz. 3 bei juris). Man spekuliert darauf, dass bestimmte Aktien (Basiswerte) an bestimmten Beobachtungstagen nicht unter einen bestimmten Prozent-Wert fallen. Liegen sie darüber, bekommt man seinen "Einsatz" mit Gewinn zurück (= Expressrückzahlung), liegen sie darunter, läuft es weiter zum jeweils nächsten Bewertungstag. Am letzten Bewertungstag bekommt man eine Rückzahlung entsprechend der Entwicklung des schlechtesten Basiswerts, liegt dieser nicht unter 50 %, bekommt man immer noch den Nennwert des Zertifikats, liegt dieser darunter, bekommt man eine Rückzahlung entsprechend der tatsächlichen Entwicklung des schlechtesten Basiswerts - der hier wegen der Hypo Real Estate voraussichtlich gegen Null tendiert.
Allgemeine Versicherungsbedingungen sind so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhanges verstehen muss (BGHZ 123, 83). Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit - auch - auf seine Interessen an. Beim Verständnis einer Risikoausschlussklausel ist zugunsten des Versicherungsnehmers stets eine enge Auslegung geboten (OLG Karlsruhe NJW-RR 2004, 325).
Den Ausschlusstatbeständen ist gemeinsam, dass der Ausgang bzw. das Ergebnis solcher Rechtsgeschäfte ungewiss und stets mit einem hohen Risiko behaftet ist (van Bühren/Plote, ARB Kommentar, 2. Aufl. 2008, § 3 Rz. 82).
Ein Spielvertrag ist das Versprechen einer Leistung, deren Eintritt mehr vom Zufall oder der Geschicklichkeit eines Beteiligten abhängt (van Bühren/Plote, a.a.O., § 3 Rz. 83; Palandt/Sprau, a.a.O., § 762 Rz. 2). Das liegt hier nicht vor.
Wettverträgen liegt das Versprechen zugrunde, bei sich widerstreitenden Behauptungen demjenigen einen Gewinn auszuzahlen, dessen Behauptung zutrifft (Bühren/Plote, a.a.O., § 3 Rz. 84; Palandt/Sprau, a.a.O....