Verfahrensgang
AG Schleswig (Aktenzeichen 94 F 48/20) |
Tenor
I. Der Senat beabsichtigt, auf die Beschwerde der Antragstellerin zu 1) und der Antragstellerin zu 2) vom 19. August 2021 den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Schleswig vom 11. Juli 2021 (Az. 94 F 48/20) teilweise abzuändern und hinsichtlich Ziffer 2. des Beschlusstenors wie folgt neu zu fassen:
Der Unterhaltsvertrag vom 17. Mai 2006 zwischen dem Vater G1 und dem Kind S. Wiederkehr i.V.m. der Genehmigung durch die Vormundschaftsbehörde Dietikon vom 30. Mai 2006 (Az. b/1619) ist bezüglich der Verpflichtung aus Ziffer 2. einschließlich der Indexierung gemäß Ziffer 3. hinsichtlich folgender Unterhaltsverpflichtung mit einer Teil-Vollstreckungsklausel zugunsten der Antragstellerinnen zu 1) und zu 2) für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zu versehen:
Die zu vollstreckende Verpflichtung lautet:
Der Antragsgegner wird verpflichtet,
a) der Antragstellerin zu 1)
aa) für den Zeitraum vom 5. Juni 2005 bis 29. Februar 2020 Kindesunterhalt in Höhe von 79.940,55 CHF und
bb) ab 1. März 2020 bis zum Abschluss ihrer Erstausbildung laufenden monatlichen Kindesunterhalt in Höhe von 1.000,00 CHF zzgl. Indexierung wie folgt zu zahlen:
Die Unterhaltsbeiträge basieren auf dem Landesindex der Konsumentenpreise des Bundesamts für Statistik (BfS), Stand Februar 2006 von 100,1 Punkten. Sie sind den Indexveränderungen jeweils gestützt auf den Stand Ende November mit Wirkung für das folgende Kalenderjahr, erstmals per 1. Januar 2007, anzupassen und auf den nächsten Franken aufzurunden. Der neue Betrag wird entsprechend folgender Formel berechnet:
Unterhaltsbetrag gemäß Unterhaltsvertrag × neuer Index : 100,1 Punkte.
b) der Antragstellerin zu 2) aus übergegangenem Recht für den Zeitraum vom 1. März 2008 bis 31. Mai 2011 3.652,65 CHF zu zahlen.
II. Den Beteiligten wird Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 3 Wochen gegeben.
III. Der Antragstellerin zu 1) wird ratenfreie Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren bewilligt.
Gründe
I. Die Antragstellerin zu 1) ist die am 5. Juni 2005 geborene Tochter des Antragsgegners und hat ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Schweiz.
Durch den im Tenor genannten Unterhaltsvertrag vom 17. Mai 2006, genehmigt durch die Vormundschaftsbehörde der Stadt Dietikon vom 30. Mai 2006 (Az. B/1619), verpflichtete sich der Antragsgegner, für die Antragstellerin zu 1) ab deren Geburt einen monatlichen Unterhalt in Höhe von 1.000,00 CHF zzgl. Indexierung nach schweizerischem Recht zu zahlen.
Da der Antragsgegner dieser Unterhaltsverpflichtung nicht vollumfänglich nachkam, erhielt die Antragstellerin zu 1) in der Zeit vom 1. März 2008 bis zum 31. Mai 2011 staatliche Leistungen in der Schweiz durch die Antragstellerin zu 2), sog. Alimentenbevorschussung, in Höhe eines Gesamtbetrages von 25.350,00 CHF. Gemäß Art. 289 Abs. 2 Schweizerisches Zivilgesetzbuch tritt die Antragstellerin zu 2) dadurch in die Unterhaltsforderung gegen den Unterhaltspflichtigen in Höhe des jeweils ausgezahlten Unterhaltsvorschusses ein. Zum Stichtag 1. Februar 2020 bestand noch eine Restschuld in Höhe von 3.652,65 CHF.
Vertreten durch das Bundesamt für Justiz haben die Antragstellerinnen zu 1) und 2) beantragt, den Unterhaltsvertrag vom 17. Mai 2006, genehmigt durch die Vormundschaftsbehörde Dietikon am 30. Mai 2006, mit der Maßgabe für vollstreckbar zu erklären und mit der Vollstreckungsklausel gem. § 41 AUG zu versehen, dass der Antragsgegner verpflichtet ist,
a) der Antragstellerin zu 1)
aa) für den Zeitraum vom 5. Juni 2005 bis 29. Februar 2020 Kindesunterhalt in Höhe von 79.940,55 CHF,
bb) ab 1. März 2020 laufenden monatlichen Kindesunterhalt in Höhe von 1.000,00 CHF zzgl. Indexierung nach schweizerischem Recht,
b) der Antragstellerin zu 2) aus übergegangenem Recht für den Zeitraum vom 1. März 2008 bis 31. Mai 2011 3.652,65 CHF
zu zahlen.
Der Antragsgegner hat eine Zurückweisung der Anträge beantragt.
Erstinstanzlich haben die Beteiligten darüber gestritten, ob der vormundschaftlich genehmigte Unterhaltsvertrag gemäß dem Haager Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen vom 2. Oktober 1973 (HUVÜ) für vollstreckbar erklärt werden kann.
Das Amtsgericht - Familiengericht - Schleswig hat mit Beschluss vom 11. Juli 2021, den Antragstellerinnen zu 1) und 2) zugestellt am 20. Juli 2021, den Antrag auf Vollstreckbarerklärung eines Unterhaltstitels zurückgewiesen. Zur Begründung hat das Familiengericht im Wesentlichen ausgeführt, dass die Voraussetzungen für eine Vollstreckbarerklärung nach Art. 4 HUVÜ nicht vorliegen würden, da der Unterhaltsvertrag vom 17. Mai 2006 keine Entscheidung durch ein Gericht oder eine Behörde im Sinne von Art. 1 Abs. 1 HUVÜ darstelle, weil der Unterhaltsvertrag zwischen den Kindeseltern direkt abgeschlossen und erst nachträglich von der Vormundschaftsbehörde genehmigt worden sei. Auch einen Vergleich im Sinne von Art. 1 Abs. 2 HUVÜ stelle der Unterhaltsvertrag nicht dar, weil er nicht vor einer Behörde abgeschlossen ...