Entscheidungsstichwort (Thema)
Beschränkung der Beiordnung eines auswärtigen Rechtsanwalts nach § 78 Abs. 3 FamFG
Leitsatz (amtlich)
1. § 78 Abs. 3 FamFG erfordert zunächst einen Kostenvergleich zwischen denjenigen Kosten, die dem auswärtigen Rechtsanwalt tatsächlich entstehen würden, und denjenigen Kosten, die entstehen würden, wenn die Kanzlei des Rechtsanwalts an dem am weitesten vom Verfahrensgericht entfernten Ort des Gerichtsbezirks gelegen wäre.
2. Vor einer Beschränkung der Beiordnung nach § 78 Abs. 3 FamFG ist zu prüfen, ob dem Bedürftigen im Falle einer Beauftragung eines Rechtsanwalts mit Sitz im Bezirk des Verfahrensgerichts zusätzlich ein Verkehrsanwalt nach § 78 Abs. 4 FamFG hätte beigeordnet werden müssen. In diesem Falle sind die erstattungsfähigen Mehrkosten auf die Kosten zu beschränken, die durch die zusätzliche Beiordnung eines Verkehrsanwalts entstehen würden.
Normenkette
FamFG § 76 Abs. 2, § 78 Abs. 3, 4 Alt. 2
Tenor
I. Auf die sofortige Beschwerde des Antragsgegners vom 29. Oktober 2020 wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Eckernförde vom 22. Oktober 2020 hinsichtlich der Entscheidung über die Beiordnung eines Rechtsanwalts abgeändert und unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen wie folgt neu gefasst:
Rechtsanwalt ... wird als Verfahrensbevollmächtigter beigeordnet. Die Beiordnung erfolgt mit der Maßgabe, dass die Mehrkosten, die dadurch entstehen, dass der Verfahrensbevollmächtigte nicht im Bezirk des Verfahrensgerichts niedergelassen ist, nur bis zur Höhe der Kosten eines Verkehrsanwaltes am Wohnort des Antragsgegners erstattungsfähig sind.
II. Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben.
Gründe
I. Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners vom 29. Oktober 2020 gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Eckernförde vom 22. Oktober 2020 ist gem. §§ 76 Abs. 2 FamFG, 127 Abs. 2 bis 4, 567 ff. ZPO zulässig, insbesondere fristgerecht erhoben.
In der Sache hat die sofortige Beschwerde insoweit Erfolg, als der Verfahrensbevollmächtigte des Antragsgegners nicht lediglich zu den Bedingungen eines in dem Bezirk des Verfahrensgerichts niedergelassenen Rechtsanwalts beigeordnet wird, die Beiordnung allerdings zugleich mit der Maßgabe erfolgt, dass die Mehrkosten, die dadurch entstehen, dass der Verfahrensbevollmächtigte nicht im Bezirk des Verfahrensgerichts niedergelassen ist, nur bis zur Höhe der Kosten eines Verkehrsanwaltes am Wohnort des Antragsgegners erstattungsfähig sind.
Nach § 78 Abs. 3 FamFG kann ein nicht in dem Bezirk des Verfahrensgerichts niedergelassener Rechtsanwalt nur beigeordnet werden, wenn hierdurch besondere Kosten nicht entstehen.
Die Vorschrift erfordert zunächst bei der Wahl eines nicht im Bezirk des Gerichts niedergelassenen Anwalts einen Kostenvergleich, bei dem diejenigen (Mehr-)Kosten, die dem auswärtigen Rechtsanwalt tatsächlich entstehen würden (Reisekosten, Tage- und Abwesenheitsgelder), denjenigen Kosten gegenübergestellt werden, die entstehen würden, wenn die Kanzlei des Anwalts am weitesten vom Verfahrensgericht entfernten Ort des Bezirks des Instanzgerichts gelegen wäre (Dürbeck in: Prütting/ Helms, FamFG, 5. Auflage, 2020, § 78 FamFG, Rn. 16, m.w.N.). Da der Verfahrensbevollmächtigte des Antragsgegners in X. niedergelassen ist und X. ganz offenkundig weiter vom Amtsgericht Eckernförde entfernt liegt als der am weitesten vom Amtsgericht Eckernförde entfernte Ort des Bezirks des Amtsgerichts Eckernförde, entstehen durch die Beiordnung des Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners besondere Kosten.
Vor einer Beschränkung der Beiordnung nach § 78 Abs. 3 FamFG ist in diesem Falle allerdings noch zu prüfen, ob dem Bedürftigen im Falle einer Beauftragung eines Rechtsanwalts mit Sitz im Bezirk des Verfahrensgerichts nicht zusätzlich ein Verkehrsanwalt (mit Sitz an seinem Wohnort) zur Vermittlung des Verkehrs mit dem Anwalt im Bezirk des Gerichts nach § 78 Abs. 4 FamFG hätte beigeordnet werden müssen (Dürbeck in: Prütting/ Helms, FamFG, 5. Auflage, 2020, § 78 FamFG, Rn. 16, m.w.N.). Dies ist vorliegend der Fall, so dass die erstattungsfähigen Mehrkosten auf die Kosten zu beschränken sind, die durch die zusätzliche Beiordnung eines Verkehrsanwalts entstehen würden.
Wenn besondere Umstände dies erfordern, kann dem Beteiligten gem. § 78 Abs. 4, 2. Alt. FamFG auf seinen Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt seiner Wahl zur Vermittlung des Verkehrs mit dem Verfahrensbevollmächtigten beigeordnet werden. Besondere Umstände im Sinne von § 78 Abs. 4, 2. Alt. FamFG liegen vor, wenn die Inanspruchnahme eines Verkehrsanwalts zur Wahrnehmung der berechtigten Interessen des Beteiligten erforderlich ist. Dies ist dann der Fall, wenn dem auswärts wohnenden Beteiligten wegen weiter Entfernung zur Kanzlei eines am Verfahrensgericht ansässigen Verfahrensbevollmächtigten ein zur Verfolgung seiner Interessen notwendiges persönliches Beratungsgespräch nicht zumutbar ist und auch ein vermögender Beteiligter die Mehrkosten eines ...