Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen für den Ausschluss eines Angebots im Vergabeverfahren bei Fehlen eines Nachweises
Normenkette
GWB § 107 Abs. 3; VOL/A §§ 9, 18, 19 Abs. 2 S. 1
Verfahrensgang
VK Schleswig-Holstein (Beschluss vom 06.11.2013; Aktenzeichen VK-SH 16/13) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss der Vergabekammer Schleswig-Holstein vom 6.11.2013 (VK-SH 16/13) wird zurückgewiesen.
Die Beschwerdeführerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beschwerdegegnerin zu 1., aber mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beschwerdegegner zu 2., die diese selbst tragen.
Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens beträgt 401.371,41 EUR
Gründe
I. Die von dem "Koordinator Rettungsdienst" beim Schleswig-Holsteinischen Landkreistag vertretenen 11 öffentlichen Auftraggeber - im Folgenden: Beschwerdegegner zu 2. - haben Mitte 2013 einen Rahmenvertrag über die Lieferung von 38 kompletten Rettungsfahrzeugen "RTW SH 2012" und von 48 Fahrgestellen zur Umsetzung von vorhandenen standardisierten Wechselkoffern ausgeschrieben. Der Ausschreibung lag ein "Lastenheft" zugrunde. Nach Ziffer V 03 der Vorbemerkungen waren der Vergabestelle "rechtzeitig vor Auslieferung des ersten Fahrzeuges ... alle geforderten Prüfungen, Berechnungen und Nachweise vorzulegen", sofern "nicht im Leistungsverzeichnis etwas anderes gefordert wird.". Weiter heißt es dort:
Ziffer K 1.02.2: "Der Nachweis über die Einhaltung der DIN EN 1789 ist hinsichtlich der Prüfung der Haltesysteme und der Befestigungen im Koffer inklusiv der verwendeten Einbauteile zu erbringen. Der Nachweis erfolgt durch eine dynamische Prüfung oder eine Zugprüfung. Das Zertifikat der akkreditierten Prüfstelle ist bei Angebotsabgabe beizulegen."
Ziffer K 2.11.8: "Für den sicheren Transport von Patienten-Rollstühlen, Rollatoren und sonstigen zusätzlich notwendigen medizintechnischen Ausrüstungsgegenständen bis zu 50 kg wird am Heckgeschränk rechts eine Universalhalterung verbaut."
Ziffer K 1.02.3: "Der Nachweis über die Einhaltung der DIN 13500 ist hinsichtlich der Stabilität des Kofferaufbaus zu erbringen. Das Zertifikat der akkreditierten Prüfstelle ist bei Angebotsabgabe beizulegen, inklusiv der Dokumentation/Bilder der Schäden."
Eine abschließende Liste aller geforderten Nachweise i.S.d. § 9 Abs. 4 EG VOL/A lag den Verdingungsunterlagen nicht bei. Als Zuschlagskriterien waren neben dem Preis sechs andere Punkte angegeben.
Die Beschwerdeführerin und die Antragstellerin des Verfahrens vor der Vergabekammer - die Beschwerdegegnerin zu 1. (Bietergemeinschaft) - gaben fristgerecht Angebote ab. Dem Angebot der Beschwerdeführerin war eine Dokumentation über die Prüfung der Haltesysteme mit Rollstuhlbefestigungsgurten beigefügt; danach sollte ein Hinweisschild angebracht werden, wonach für die Befestigungsgurte ein zulässiges Transportgewicht von 45 kg gelte. Nach Ablauf der Angebotsfrist erfolgte die Vorlage eines Nachweises, wonach die angebotenen Gurte für eine Last von 50 kg freigegeben seien.
Bei der Beschwerdegegnerin zu 1. handelt es sich um eine Bietergemeinschaft, bestehend aus einer Vertriebsgesellschaft, einer Firma, die auf Wechselkoffer spezialisiert ist und einer Firma zur kaufmännischen Abwicklung. Die Bietergemeinschaft wird von der Fa. B. (vertreten durch ihren Geschäftsführer) vertreten.
Im Rahmen der Angebotsprüfung ergab sich für die Vergabestelle, dass die Beschwerdegegnerin zu 1. das Prüfungszertifikat für die Universaltransporthalterung bei Auftragserteilung nachreichen wolle, demgegenüber das Prüfzertifikat aber dem Angebot hätte beigelegt werden müssen. Eine diesbezügliche Nachforderung der Vergabestelle erfolgte nicht. Die Angebotswertung ergab - unabhängig davon - einen Punktevorsprung des Angebots der Beschwerdegegnerin zu 1. vor demjenigen der Beschwerdeführerin.
Mit Schreiben vom 6.9.2013 informierte die Vergabestelle die Beschwerdegegnerin zu 1. über ihre Absicht, den Zuschlag auf das Angebot der Beschwerdeführerin zu erteilen und teilte - weiter - mit, das Angebot der Beschwerdegegnerin zu 1. sei wegen eines fehlenden Nachweises gemäß Ziffer K. 1.02.2 zu einem Prüfzertifikat zur Universalhalterung auszuschließen.
Nach erfolgloser Rüge hat die Beschwerdegegnerin zu 1. einen Nachprüfungsantrag gestellt und die Ansicht vertreten, der Ausschluss ihres Angebots sei vergaberechtswidrig. Ein Nachweis zur Belastbarkeit der Universaltransporthalterung in dem von der Vergabestelle genannten Sinne sei nicht gefordert gewesen.
Die Vergabestelle und die Beschwerdeführerin sind dem Nachprüfungsantrag entgegen getreten, wobei die Beschwerdeführerin im Verfahren vor der Vergabekammer keinen Antrag gestellt hat.
Mit Beschluss vom 6.11.2013 hat die Vergabekammer die Vergabestelle verpflichtet, das Verfahren in den Stand vor Angebotswertung zurückzuversetzen und zur Begründung ausgeführt, der zulässige Nachprüfungsantrag sei begründet. Der Ausschluss des Angebots der Beschwerdegegnerin zu 1. sei rechtswidrig...