Entscheidungsstichwort (Thema)
Zuständigkeitsbestimmung auch bei Tod einer Partei
Leitsatz (amtlich)
1. Der Vorlage zur Bestimmung des zuständigen Gerichts im Rahmen eines negativen Kompetenzkonfliktes nach §§ 36 Abs. 1 Nr. 6, 37 ZPO steht die Unterbrechung des Rechtsstreits durch den Tod einer Partei nicht entgegen.
2. Die Vorlage ist unzulässig, wenn es an einer rechtskräftigen Erklärung der Unzuständigkeit eines beteiligten Gerichts fehlt, weil der entsprechende Beschluss einer Partei nicht nach § 329 Abs. 2 Satz 1 ZPO mitgeteilt worden ist.
Normenkette
ZPO § 36 Abs. 1 Nr. 6, §§ 37, 239, 249, 329 Abs. 2
Verfahrensgang
AG Bremen (Beschluss vom 26.06.2007; Aktenzeichen 5 C 261/07) |
AG Bremen (Beschluss vom 20.06.2007; Aktenzeichen 5 C 261/07) |
AG Mölln (Aktenzeichen 3 C 217/07) |
Tenor
Die Bestimmung des zuständigen Gerichts nach §§ 36 Abs. 1 Nr. 6, 37 ZPO wird abgelehnt.
Gründe
I. Die Klägerin hat gemäß Mahnbescheid vom 30.8.2005 eine Vergütung für die Bereitstellung und Nutzung eines Mobilfunkanschlusses gemäß Vertrag vom 30.9.2004 i.H.v. 285,77 EUR nebst Zinsen gegen den Schuldner E. R. L., zur Zeit des Vertragsschlusses wohnhaft in 23879 Mölln, geltend gemacht. Der Mahnbescheid wurde dem Schuldner am 1.9.2005 unter der angegebenen Anschrift zugestellt. Er verstarb nach Einlegung des Widerspruchs am 16.3.2006 an seinem letzten Wohnsitz in Ratzeburg. Gemäß Erbschein vom 25.4.2006 ist sein Alleinerbe J. U. L., zur Zeit der Ausstellung des Erbscheins wohnhaft in 28327 Bremen. Das Mahngericht gab die Akten an das im Mahnbescheid angegebene Prozessgericht - das AG Mölln - ab, wo diese am 18.12.2006 eingingen. Das AG Mölln wies die Parteien gemäß Verfügung vom 17.4.2007 darauf hin, dass es sich für örtlich unzuständig halte, örtlich zuständig dürfte das AG Bremen sein. Das Schreiben konnte dem Erben (künftig: Beklagter) nicht zugestellt werden. In der Zustellungsurkunde vom 25.4.2007 heisst es, der Adressat sei unter der angegebenen Anschrift nicht zu ermitteln, die Recherche sei negativ verlaufen. Seine zutreffende Anschrift geht aus den Akten nicht hervor. Auf Antrag der Klägerin hat sich das AG Mölln durch Beschluss vom 2.5.2007 (Bl. 47 d.A.) für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das AG Bremen verwiesen. Dieser Beschluss ist jedenfalls nicht dem Beklagten mitgeteilt worden. Ob eine Mitteilung des Beschlusses an die Klägerin hinausgegangen ist, ist unklar (Bl. 47, 47 R d.A.). Das AG Bremen hat sich durch Beschluss vom 20.6.2007 (Bl. 54/55 d.A.) unter Hinweis auf § 29 ZPO ebenfalls für örtlich unzuständig erklärt und die Sache dem OLG Schleswig in Schleswig zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vorgelegt.
II.1. Der Vorlage im Rahmen eines negativen Kompetenzkonfliktes nach §§ 36 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 2 ZPO steht die Unterbrechung des Rechtsstreits durch den Tod des früheren Antragsgegners am 16.3.2006 nach §§ 239, 249 ZPO nicht entgegen, weil dem Bestimmungsverfahren nur vorbereitende Bedeutung zukommt und ein Interesse an der Klärung besteht, welches Gericht für den Fortgang des Verfahrens - etwa gem. § 250 ZPO - zuständig ist (vgl. zum Fall des § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO BayObLGZ 1985, 314).
2. Die Vorlage ist jedoch unzulässig. Die Voraussetzungen des § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO liegen nicht vor, weil es an einer "rechtskräftigen" Unzuständigkeitserklärung verschiedener Gerichte fehlt. Der Verweisungsbeschluss des AG Mölln vom 2.5.2007 stellt keine rechtskräftige Unzuständigkeitserklärung dar, weil er jedenfalls nicht dem Beklagten nach § 329 Abs. 2 Satz 1 ZPO mitgeteilt worden ist (BGH NJW-RR 1995, 641; Zöller/Vollkommer, ZPO, 26. Aufl., § 329 Rz. 22). Entsprechendes gilt für den Beschluss des AG Bremen (Vgl. Bl. 56 d.A.). Es ist auch nicht Aufgabe des OLG als bestimmenden Gerichts, die Anschrift des Beklagten zu ermitteln und die unterbliebenen Mitteilungen nachzuholen (BGH, a.a.O.).
3. Vorsorglich weist der Senat darauf hin, dass im Falle einer zulässigen Vorlage viel dafür gesprochen hätte, das AG Mölln zum zuständigen Gericht zu bestimmen. Sein Verweisungsbeschluss hätte dieser Bestimmung nicht entgegen gestanden, weil er als offensichtlich gesetzeswidrig zu werten gewesen und ihm deshalb nicht die grundsätzlich bindende Wirkung nach § 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO zugekommen wäre. Das AG Mölln hätte den Rechtsstreit nicht wegen örtlicher Unzuständigkeit nach § 281 Abs. 1 Satz 1 ZPO verweisen dürfen, weil es örtlich zuständig war. Diese Zuständigkeit bestand und besteht jedenfalls aus dem Gesichtspunkt des besonderen Gerichtsstandes des Erfüllungsortes nach §§ 29 ZPO, 269 Abs. 1 BGB, worauf schon das AG Bremen zutreffend hingewiesen hat. Da ein anderer Ort für die Leistung - hier die Zahlung des Schuldners - weder bestimmt noch aus den Umständen zu entnehmen ist, hat die Leistung an dem Ort zu erfolgen, an welchem der Schuldner zur Zeit der Entstehung des Schuldverhältnisses seinen Wohnsitz hatte. Das war unzweifelhaft im Gerichtsbezirk des AG Mölln. Dieser Gerichtsstand ist durch den Tod des Schuldners nicht geänd...