Beteiligte
des mit voraussichtlichem Geburtsdatum 09.01.2000 von Frau P erwarteten Kindes |
das Amt für Jugend, Familie und Sport des Kreises S als Beistand |
Verfahrensgang
AG Itzehoe (Aktenzeichen 72 F 638/99) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluß des Amtsgerichts – Familiengericht – Itzehoe vom 02. September 1999 geändert.
Dem Kläger wird Prozeßkostenhilfe ohne Ratenzahlung für eine Klage mit folgenden Anträgen gem. Klageentwurf vom 23. Juli 1999 bewilligt:
1. Es wird festgestellt, daß der Beklagte der Vater des/der Klägers/in ist.
2. Der Beklagte wird verurteilt, dem/der Kläger/in zu Händen des jeweiligen gesetzlichen Vertreters vom Tage der Geburt an Unterhalt in Höhe von 100 % des jeweiligen Regelbetrages nach § 1 der Regelbetragsverordnung abzgl. der Hälfte des auf das Kind entfallenden Kindergeldes monatlich im voraus bis zum 01. eines Monats zu zahlen, die rückständigen Beträge sofort.
Gründe
Der Kreis S ist gem. § 1713 Abs. 1 BGB vorgeburtlicher Beistand und damit gesetzlicher Vertreter eines von Frau P mit dem voraussichtlichen Geburtsdatum 09. Januar 2000 erwarteten Kindes. Als Beistand hat der Kreis S Prozeßkostenhilfe für einen Klageentwurf beantragt, mit dem beantragt werden soll, festzustellen, daß der Beklagte der Vater des erwartenden Kindes ist. Weiter soll der Beklagte verurteilt werden, dem erwarteten Kind vom Tag der Geburt an Unterhalt in Höhe von 100 % des jeweiligen Regelbetrages abzgl. des hälftigen Kindergeldes zu zahlen.
Mit Beschluß vom 02. September 1999 hat das Amtsgericht – Familiengericht – Itzehoe den Antrag auf Gewährung von Prozeßkostenhilfe zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der beabsichtigten Klage fehle die hinreichende Erfolgsaussicht. Gem. § 1 BGB beginne die Rechtsfähigkeit eines Menschen mit der Vollendung der Geburt. Nach § 50 Abs. 1 ZPO sei nur parteifähig wer rechtsfähig sei. Gesetzliche Ausnahmen von diesem Grundsatz gäbe es nicht. Daher sei das noch nicht geborene Kind nicht rechtsfähig und könne auch nicht Kläger sein. Die beabsichtigte Klage sei zur Zeit unzulässig.
Hiergegen wendet sich der Kreis S mit seiner für das erwartete Kind eingelegten Beschwerde, mit der er die Auffassung vertritt, man müsse im Wege der Analogie das erwartete Kind als parteifähig ansehen.
Die Beschwerde ist begründet.
Die beabsichtigte Klage bietet hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 114 ZPO).
Der Kreis S ist Beistand und gesetzlicher Vertreter des noch nicht geborenen Kindes. Aus § 1712 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BGB ergibt sich, daß auf schriftlichen – hier vorliegenden – Antrag eines Elternteils das Jugendamt Beistand des Kindes für die Aufgaben der Feststellung der Vaterschaft und der Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen wird. Diese durch Artikel 1 Nr. 4 des Beistandschaftsgesetzes neu eingefügte Vorschrift regelt, unter welchen Voraussetzungen eine Beistandschaft eintritt, wer Beistand wird und welche Aufgabe er hat. Die Regelung ersetzt die Beistandschaft der aufgehobenen §§ 1685 ff. a. F. BGB und zugleich die gesetzliche Amtspflegschaft der § 1705 ff. a. F. BGB (Palandt – Diederichsen, BGB, 58. Aufl., Rn. 1 zu § 1712). Aus § 1713 Abs. 1 BGB ergibt sich, daß der Antrag auf Beistandschaft schon vor Geburt des erwarteten Kindes gestellt werden kann; denn dort heißt es, den Antrag könne ein Elternteil stellen, dem für den Aufgabenkreis der beantragten Beistandschaft die alleinige elterliche Sorge zustehe oder zustünde, wenn das Kind bereits geboren wäre. Im vorliegenden Fall stünde die elterliche Sorge zweifelsfrei der Mutter des erwarteten Kindes allein zu.
Gem. § 1714 BGB tritt die Beistandschaft ein, sobald der Antrag dem Jugendamt zugeht. Nach Satz 2 dieser Vorschrift gilt dies auch, wenn der Antrag vor der Geburt des Kindes gestellt wird. Hieraus ergibt sich, daß eine vorgeburtliche Beistandschaft zulässig und wirksam ist und zwar allein aufgrund des Einganges des entsprechenden Antrages beim Jugendamt, ohne daß es einer zusätzlichen behördlichen oder gerichtlichen Entscheidung bedürfte (Palandt-Diederichsen, Rn. 5 zu § 1714).
Die Wirkungen der Beistandschaft ergeben sich aus § 1716 BGB. Danach wird durch die Beistandschaft die elterliche Sorge zwar nicht eingeschränkt. Jedoch ist dem Jugendamt unbeschadet der Vertretungsbefugnis des antragstellenden Elternteils gesetzlicher Vertreter des Kindes (§§ 1793 Satz 1, 1915 I, 1716 Satz 2 BGB).
Durch die neugefaßten Vorschriften über die – auch vorgeburtliche – Beistandschaft hat der Gesetzgeber keine ausdrückliche Regelung darüber getroffen, ob das erwartete Kind – gesetzlich vertreten durch den Beistand – bereits rechtsfähig und parteifähig ist. Nach Auffassung des Senats ist diese Frage jedoch im Wege der Analogie zu bereits bestehenden Vorschriften des BGB zu bejahen.
Ausgangspunkt ist § 1 BGB, nach dem grundsätzlich die Rechtsfähigkeit des Menschen mit der Vollendung der Geburt beginnt. Danach ist ein bereits erzeugtes, aber noch nicht geborenes Kind nicht rechtsfähig. Es wird aber durch eine Reihe von Sondervorsch...