Tenor

1. Dem beteiligten Kind ... geboren ... wird Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren bewilligt.

1. Auf die Beschwerde des Stadtjugendamts M. - Beistandschaft - wird der Beschluss des AG - Familiengericht - München vom 03.02.2016 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Beschwerde, an das AG zurückverwiesen.

3. Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Das Stadtjugendamt - Beistandschaft - stellte mit Schriftsatz vom 27.01.2016 als Beistand für das damals ungeborene Kind den Antrag, festzustellen, dass der Beteiligte zu 2)..., geboren ... Vater des noch ungeborenen Kindes der Beteiligten zu 3)..., geboren am ... ist. Dabei hat das Stadtjugendamt vorgetragen, dass der Beteiligte ... der Beteiligten ... während der gesetzlichen Empfängniszeit, das heißt vom 22.04.2015 bis 19.08.2015 beigewohnt habe. Die Beteiligte ... habe im Empfängniszeitraum mit keinem weiteren Mann als dem Beteiligten zu 2) Geschlechtsverkehr ausgeübt.

Der Beteiligte ... verweigere die Anerkennung der Vaterschaft ausdrücklich, so dass die gerichtliche Feststellung notwendig sei.

Weiter führte das Stadtjugendamt aus, dass das antragstellende ungeborene Kind diesen Anspruch bereits vorgeburtlich geltend machen könne.

Das Familiengericht wies mit Beschluss vom 03.02.2016 den Antrag des Beistands ohne rechtliches Gehör der übrigen Beteiligten zurück und begründete seine Entscheidung damit, dass die Möglichkeit der Vaterschaftsfeststellung für das ungeborene Kind gesetzlich nicht eröffnet sei. Auf die Begründung im einzelnen (Bl. 3 bis 4 d.A.) wird Bezug genommen. Über den Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe entschied das AG nicht.

Gegen diesen, dem Stadtjugendamt als Beistand am 08.02.2016 formlos übersandten Beschluss, legte das Stadtjugendamt mit Schriftsatz vom 16.02.2016, eingegangen beim AG München am 16.02.2016, sofortige Beschwerde ein und begründete diese damit, dass der Antrag auf Feststellung der Vaterschaft auch schon vor Geburt des Kindes zulässig sei. Der Beschwerdeführer verwies auf die bereits im Antrag zitierte Entscheidung des OLG Schleswig vom 15.12.1999.

II. Die gemäß § 58 Abs. 1 FamFG statthafte und im Übrigen zulässige Beschwerde führt gemäß § 69 Abs. 1 Satz 2 FamFG auf Antrag des beteiligten Kindes, das am 16.02.2016 geboren wurde, vertreten durch seinen Beistand, zur Aufhebung und Zurückverweisung zur erneuten Entscheidung an das AG - Familiengericht - München, denn das AG hat in der Sache noch nicht über den Antrag des Kindes auf Feststellung der Vaterschaft entschieden.

Eine Entscheidung in der Sache liegt nur dann vor, wenn das erstinstanzliche Gericht eine Regelung hinsichtlich des dem Verfahrensgegenstand zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses trifft (Keidel/Meyer-Holz, FamFG, 18. Aufl., § 38 Rn. 4). Daran fehlt es, da das AG davon ausgegangen ist, dass ein ungeborenes Kind keine Möglichkeit der Vaterschaftsfeststellung nach deutschem Recht habe.

Wie sich aus der Entscheidung des Oberlandesgerichts Schleswig vom 15.12.1999 (NJW 2000, 1271 f.) ergibt, bot der beabsichtigte Antrag vom 27.01.2016 jedoch hinreichende Aussicht auf Erfolg. Da die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe vorlagen, hätte das AG München dem Antragsteller Verfahrenskostenhilfe bewilligen müssen.

Das Stadtjugendamt M. - Abteilung Beistandschaften - hat gemäß § 1712 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BGB verschiedene gesetzlich zugewiesene Aufgaben. So sind dem Jugendamt als Beistand des Kindes auf schriftlichen Antrag eines Elternteils die Aufgaben der Feststellung der Vaterschaft und der Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen übertragen. Aus § 1713 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. BGB ergibt sich, dass der Antrag auf Beistandschaft auch für ein ungeborenes Kind gestellt werden kann (Palandt/Götz, BGB, 75. Aufl., § 1713 Rn. 6). Dort heißt es, dass der Antrag auf Beistandschaft schon vor Geburt des erwarteten Kindes von dem Elternteil gestellt werden kann, dem für den Aufgabenkreis der beantragten Beistandschaft die alleinige elterliche Sorge zusteht oder zustünde, wenn das Kind bereits geboren wäre. Im vorliegenden Fall stünde bzw. steht die elterliche Sorge der Mutter des damals erwarteten Kindes alleine zu, nämlich der Beteiligten ...

Gemäß § 1714 BGB tritt die Beistandschaft ein, sobald der Antrag dem Jugendamt zugeht. Nach Satz 2 dieser Vorschrift gilt dies auch, wenn der Antrag vor der Geburt des Kindes gestellt wird. Hieraus ergibt sich, dass eine vorgeburtliche Beistandschaft zulässig und wirksam ist und zwar allein aufgrund des Eingangs des entsprechenden Antrags beim Jugendamt ohne dass es einer zusätzlichen behördlichen oder gerichtlichen Entscheidung bedurfte (Palandt/Götz, a.a.O., § 1714 Rn. 2).

Der Senat schließt sich der Entscheidung des OLG Schleswig vom 15.12.1999 dahingehend an, dass das noch nicht geborene Kind, gesetzlich vertreten durch den Beistand, bereits rechtsfähig, und beteili...

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