Leitsatz (amtlich)
1. Der bisher nur gesamtvertretungsberechtigte Geschäftsführer einer GmbH wird durch den Wegfall aller anderen Geschäftsführer jedenfalls dann ohne weiteres allein vertretungsberechtigt, wenn der Wegfall der anderen Geschäftsführer auf einer Entscheidung der Gesellschafter beruht und die allgemeine Vertretungsregelung der Gesellschaft die Möglichkeit vorsieht, nur einen Geschäftsführer zu bestellen.
2. In einem solchen Fall muss die Einzelvertretungsbefugnis des letzten verbleibenden Geschäftsführers zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet werden.
Normenkette
GmbHG §§ 35, 39
Verfahrensgang
AG Lübeck (Aktenzeichen HRB 7458 HL) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Betroffenen vom 30.8.2010 wird die Zwischenverfügung des AG Lübeck - Registergericht - vom 24.8.2010 aufgehoben.
Das Registergericht wird angewiesen, für die Entscheidung über die Eintragung des Ausscheidens der Geschäftsführer A. T. und J. D. (Anmeldung vom 11.5.2010, UR-Nr. 177/2010 des Notars P.) von seinen Bedenken Abstand zu nehmen, wonach der Geschäftsführer O. R. nicht allein vertretungsberechtigt sei.
Gründe
I. Die Betroffene begehrt die Eintragung des Ausscheidens zweier Geschäftsführer in das Handelsregister.
Die allgemeine Vertretungsregelung der Betroffenen lautet wie folgt:
"Die Gesellschaft hat einen oder mehrere Geschäftsführer. Ist ein Geschäftsführer bestellt, so vertritt er die Gesellschaft allein. Sind mehrere Geschäftsführer bestellt, wird die Gesellschaft gemeinschaftlich durch zwei Geschäftsführer oder durch einen Geschäftsführer in Gemeinschaft mit einem Prokuristen vertreten. Alleinvertretungsbefugnis kann erteilt werden. Die Geschäftsführer können ermächtigt werden, im Namen der Gesellschaft mit sich selbst oder als Vertreter eines Dritten Rechtsgeschäfte vorzunehmen."
Als Geschäftsführer der Betroffenen sind derzeit A. T., J. D. und O. R. eingetragen. Zunächst waren die Geschäftsführer A. T. und J. D. jeweils allein vertretungsberechtigt. Am 9.6.2009 beschloss die Gesellschafterversammlung, dass nur noch beide gemeinsam vertretungsberechtigt sein sollten. Dies wurde am 16.7.2009 in das Handelsregister eingetragen. Durch Gesellschafterbeschluss vom 11.11.2009 wurde der weitere Geschäftsführer O. R. bestellt, und zwar mit der Befugnis, die Gesellschaft zusammen mit einem anderen Geschäftsführer oder einem Prokuristen zu vertreten. Ebenfalls am 11.11.2009 bestellte die Gesellschafterversammlung die Prokuristin S. H.. Die Bestellung des Geschäftsführers O. R. und der Prokuristin S. H. wurde am 15.1.2010 in das Handelsregister eingetragen.
Am 8.4.2010 beschloss die Gesellschafterversammlung die Abberufung der Geschäftsführer A. T. und J. D.. Der Geschäftsführer O. R. und die Prokuristin S. H. haben mit notariell beglaubigter Erklärung vom 11.5.2010 die Abberufung der Geschäftsführer A. T. und J. D. zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet (UR-Nr. 177/2010 des Notars P.).
Das Registergericht hat der Betroffenen zunächst mit Schreiben vom 14.5.2010 aufgegeben, einen Nachweis über die Vertretungsmacht der in der Versammlung vom 8.4.2010 handelnden Personen sowie eine aktuelle Liste der Aufsichtsratsmitglieder vorzulegen. Nachdem dies erledigt worden ist, hat das Registergericht den Notar mit Schreiben vom 21.6.2010 darauf hingewiesen, dass der nur gemeinsam vertretungsberechtigte Geschäftsführer O. R. nunmehr der einzig verbleibende Geschäftsführer der Gesellschaft sei. Es sei jedoch unzulässig, dass der einzige organschaftliche Vertreter an die Mitwirkung eines rechtsgeschäftlichen Vertreters (der Prokuristin) gebunden sei. Um "entsprechende Veranlassung" werde gebeten. Mit Schriftsatz des Notars vom 19.8.2010 hat die Betroffene auf die allgemeine Vertretungsregelung verwiesen, wonach der Geschäftsführer die Gesellschaft allein vertrete, wenn nur ein Geschäftsführer bestellt sei. Dass der Geschäftsführer O. R. nunmehr allein vertretungsberechtigt sei, ergebe sich daraus, dass die Gesellschafter die anderen Geschäftsführer abberufen hätten.
Mit Schreiben an den Notar vom 24.8.2010 hat das Registergericht ausgeführt, der Geschäftsführer O. R. sei durch den Wegfall der anderen Geschäftsführer nicht allein vertretungsbefugt geworden. Die Gesellschafter hätten bei Bestellung des O. R. beschlossen, dass dieser nur gesamtvertretungsberechtigt sein solle. Sie müssten nun ausdrücklich einen Beschluss darüber fassen, wie der verbleibende Geschäftsführer vertreten solle. Das Registergericht hat in dem Schreiben vom 24.8.2010 nochmals um "entsprechende Veranlassung" gebeten, dafür eine Frist von einem Monat gesetzt und eine Rechtsbehelfsbelehrung erteilt, wonach Beschwerde eingelegt werden könne.
Die Betroffene hat mit Schriftsatz des Notars vom 30.8.2010 gegen die Verfügung vom 24.8.2010 Beschwerde eingelegt mit dem Antrag, das Registergericht anzuweisen, von seiner in der Verfügung vom 24.8.2010 zum Ausdruck gebrachten Rechtsauffassung Abstand zu nehmen und davon auszugehen, dass der Geschäftsführer O. R. auch alleinvertret...