Leitsatz (amtlich)
Zu den Voraussetzungen einer rechtzeitigen Beschlussanfechtung in Wohnungseigentumssachen.
Normenkette
WEG § 23; ZPO a.F. § 270 Abs. 3
Verfahrensgang
LG Lübeck (Aktenzeichen 3 T 110/02) |
AG Oldenburg (Oldenburg) (Aktenzeichen 18 (11) II 44/00) |
Tenor
Der angefochtene Beschluss und der Beschluss des AG vom 22.3.2002 werden aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung – auch über die Kosten des Erst- und Rechtsbeschwerdeverfahrens – an das AG zurückverwiesen.
Gründe
I. Die Beteiligten zu 1)–3) sind Miteigentümer der Wohnungseigentumsanlage F. Die Beteiligte zu 4) ist die Verwalterin der Wohnungseigentümergemeinschaft.
Am 13.5.2000 beschloss die Wohnungseigentümerversammlung zu TOP 5 und 6, die Abrechnung der Beteiligten zu 4) für die Zeit vom 1.1. bis zum 31.12.1999 zu genehmigen sowie der Beteiligten zu 4. und dem Verwaltungsbeirat Entlastung zu erteilen. Die Beteiligten zu 1) und 2) haben mit Telefax ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 13.6.2000 beantragt, diese Beschlüsse für ungültig zu erklären. Mit Beschluss vom 20.6.2000 hat das AG den Geschäftswert vorläufig auf 900.000 DM festgesetzt und „die Vornahme weiterer Amtshandlungen” von der Einzahlung eines Gerichtskostenvorschusses abhängig gemacht. Dieser Beschluss und die Antragsschrift sind den Beteiligten zu 3) und 4) zunächst nicht zugestellt worden. Mit Verfügung vom 20.6.2000 – abgesandt am 27.6.2000 – hat das AG den Beteiligten zu 1) und 2) aufgegeben, einen Kostenvorschuss i.H.v. 4.380 DM einzuzahlen. Mit Schriftsatz vom 19.7.2000 – beim AG eingegangen am 24.7.2000 – haben die Beteiligten zu 1) und 2) beantragt, den Geschäftswert festzusetzen. Daraufhin hat das AG ihnen am 29.8.2000 eine Abschrift des Beschlusses vom 20.6.2000 zustellen lassen, die allerdings einen Schreibfehler enthielt. Der Geschäftwert war darin mit 9.000.000 DM angegeben. Mit Schriftsatz vom 1.9.2000 – beim AG eingegangen am 5.9.2000 – haben die Beteiligten zu 1) und 2) sofortige Beschwerde gegen den Geschäftswertbeschluss eingelegt. Diese sofortige Beschwerde haben sie trotz Hinweises des AG vom 6.9.2000 auf den besagten Schreibfehler mit Schriftsatz vom 20.9.2000 – beim AG eingegangen am 21.9.2000 – ausdrücklich aufrecht erhalten. Das LG hat die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1) und 2) gegen den Geschäftswertbeschluss mit Beschluss vom 24.10.2000 – den Beteiligten zu 1) und 2) zugestellt am 6.11.2000 – zurückgewiesen. Mit Verfügung vom 14.11.2000 – abgesandt am 20.11.2000 – hat das AG die Beteiligten zu 1) und 2) an die Einzahlung des Gerichtskostenvorschusses erinnert. Mit Verfügung vom 21.12.2000 – abgesandt am 2.1.2001 – hat es den Beteiligten zu 1) und 2) für die Einzahlung des Kostenvorschusses eine Frist bis zum 31.1.2001 gesetzt und folgenden Hinweis erteilt: „Geht bis zu diesem Datum der Kostenvorschuss nicht ein, wird das Gericht den Antrag als unzulässig abweisen.” Die Beteiligten zu 1) und 2) haben am 24.1.2001 einen Scheck i.H.d. angeforderten Vorschusses beim AG eingereicht. Am 7.3.2001 hat das AG die Zustellung der Antragsschrift vom 13.6.2000 verfügt. Die Zustellung ist am 15.3.2001 erfolgt. Mit Beschluss vom 22.3.2002 hat das AG die Anträge der Beteiligten zu 1) und 2) als unzulässig verworfen. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1) und 2) hat das LG mit Beschluss des Einzelrichters vom 25.6.2002 zurückgewiesen. AG und LG haben angenommen, dass die Anträge auf Ungültigerklärung der Beschlüsse zu TOP 5 und 6 der Eigentümerversammlung vom 13.5.2000 nicht fristgerecht gestellt worden seien. Die Antragsschrift vom 13.6.2000 sei zwar innerhalb der Monatsfrist des § 23 Abs. 4 S. 2 WEG beim Amtgericht eingegangen. Eine fristgerechte Beschlussanfechtung hätte jedoch nur vorgelegen, wenn die Antragsschrift demnächst i.S.d. § 270 Abs. 3 ZPO a.F. (jetzt § 167 ZPO) zugestellt worden wäre. Daran fehle es jedoch, weil die Beteiligten zu 1) und 2) die Zustellung durch eine mehrmonatige Nichtzahlung des Gerichtskostenvorschusses verzögert hätten. Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidungen des AG und LG wird auf die Beschlüsse vom 22.3.2002 (Bl. 128–133 d.A.). und 25.6.2002 (Bl. 237–239 d.A.) Bezug genommen. Gegen den Beschluss des LG haben die Beteiligten zu 1) und 2) form- und fristgerecht sofortige weitere Beschwerde eingelegt.
II. Die gem. §§ 45 Abs. 1 WEG, 27, 29 FGG zulässige sofortige weitere Beschwerde hat mit der Maßgabe Erfolg, dass die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das AG zurückzuverweisen ist. Die Entscheidungen des Amts- und LG beruhen auf einer Rechtsverletzung (§§ 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO). Amts- und LG sind zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Beteiligten zu 1) und 2) die Beschlüsse zu TOP 5 und 6 der Eigentümerversammlung vom 13.5.2000 nicht fristgerecht angefochten haben.
Dabei kann offen bleiben, ob die Zustellung der Antragsschrift in Beschlussanfechtungsverfahren (§ 23 Abs. 4, 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG) von der Einzahlung eines Gerichtskostenvorschusses abhängig ge...