Entscheidungsstichwort (Thema)
Pflichtteilsergänzungsanspruch bei unbenannter ehebezogener Zuwendung
Leitsatz (amtlich)
Eine unbenannte ehebedingte Zuwendung wird im Erbrecht zum Schutz von Pflichtteilsberechtigten, Vertrags- und Nacherben wie eine Schenkung behandelt, soweit sie wie im Regelfall als objektiv unentgeltlich erfolgt eingeordnet werden muss. Daran fehlt es, wenn sich die Zuwendung im Rahmen einer nach den konkreten Verhältnisses angemessenen Alterssicherung hält. Dabei sind die Lebensverhältnisse der Eheleute vor dem Erbfall mit denen des überlebenden Bedachten nach dem Erbfall zu vergleichen und ist zu bedenken, dass sich die Kosten für die Aufrechterhaltung des bisherigen Lebensstandards auch im Hinblick auf die Haushaltsführung nicht schlicht halbieren, wenn einer der Eheleute stirbt.
Normenkette
BGB §§ 516, 2303, 2325
Verfahrensgang
LG Itzehoe (Urteil vom 10.02.2009; Aktenzeichen 7 O 326/07) |
Tenor
Der Antrag der Kläger auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die beabsichtigte Berufung gegen das am 10.2.2009 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 7. Zivilkammer des LG Itzehoe wird zurückgewiesen.
Gründe
Der Antrag hat keinen Erfolg, weil es an den für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe erforderlichen hinreichenden Erfolgsaussichten der beabsichtigten Berufung fehlt (§ 114 ZPO).
Die Berufung greift das Urteil des LG insoweit an, als es das der Beklagten eingeräumte Nießbrauchsrechts für die von den Klägern erstrebte Pflichtteilsergänzung nicht berücksichtigt hat. Die Entscheidung des LG ist aber auch zu diesem Punkt nicht fehlerhaft.
Die Kläger sind als Abkömmlinge des Erblassers gem. § 2303 BGB pflichtteilsberechtigt. Gemäß § 2325 Abs. 1 BGB kann der Pflichtteilsberechtigte dann, wenn der Erblasser einem Dritten eine Schenkung gemacht hat - das kann auch der Erbe sein, als Ergänzung den Betrag verlangen, um den sich der Pflichtteil erhöht, wenn der verschenkte Gegenstand dem Nachlass hinzugerechnet wird.
Das Nießbrauchsrecht hat sich der Erblasser für sich und die Beklagte, seine Ehefrau, im Zusammenhang mit der Übertragung seines Hausgrundstückes an seine Tochter auf Lebenszeit auch des Überlebenden einräumen lassen. Soweit darin eine Zuwendung an die Beklagte liegt, geschah sie ersichtlich vor dem Hintergrund und im Vertrauen auf den Fortbestand der Ehe. Es handelt sich mithin nicht um eine Schenkung i.S.v. § 516 BGB, sondern um eine sog. ehebezogene unbenannte Zuwendung, die nämlich dann vorliegt, wenn ein Ehegatte dem Anderen einen Vermögenswert um der Ehe willen und als Beitrag zur Verwirklichung und Ausgestaltung, Erhaltung oder Sicherung der ehelichen Lebensgemeinschaft zukommen lässt. (BGH NJW 1992, 564; BGH NJW-RR 1996, 133).
An einer (BGH NJW 1992, 564 bei juris Rz. 20; vgl. auch schon früher BGH NJW 1972, 580). Der BGH hat allerdings weder in dieser noch in nachfolgenden Entscheidungen quantifiziert, wo die Grenze zwischen einer als entgeltlich zu wertenden angemessenen Altersvorsorge und einer unentgeltlichen Zuwendung liegt (darauf weist etwa Klingelhöffer, NJW 1993, 1097, 1100 hin; ebenso Fischl/Klinger, NJW-Spezial 2008 Heft 11 S. 327). Er erläutert lediglich, es sei eine umfassende Prüfung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Ehegatten erforderlich und zwar auch in der Richtung, ob und in welchem Umfang für die Zukunft des anderen Teils, insbesondere für sein Alter, bereits vorgesorgt sei (BGH a.a.O., bei juris Rz. 35). In dem Urteil NJW-RR 1996, 133 hat der BGH das Alterssicherungsargument nicht durchgreifen lassen, weil die beklagte Ehefrau des Erblassers dort auf die Zuwendung des Nießbrauchs (aus dem sie nach dem Erbfall ab 1989 Mieteinnahmen von 1.200 DM mtl. erzielte) für die Alterssicherung nicht angewiesen gewesen sei. Zu Lebzeiten des Erblassers hätten die Eheleute ihren gesamten Lebensunterhalt "einschließlich Fahrzeugen und Urlaubsreisen" aus laufenden Einkünften von 2.800 DM zzgl. mietfreier Wohnung bestritten. Nach dem Erbfall verfüge die Beklagte - ohne den Nießbrauch - neben dem mietfreien Wohnen aber noch über Renten- und Mieteinkünfte von mehr als 2.100 DM. Damit sei sie für die Zukunft "weitgehend abgesichert" gewesen, wobei es nicht einmal auf ihr zusätzlich zufallende nicht unerhebliche Zinserträge aus einem vorhandenen Vermögen ankomme.
In der Literatur hat die Entscheidung des BGH zugunsten der Pflichtteilsberechtigten aus dem Jahre 1991 durchaus Kritik erfahren, weil die notwendige Sicherung der ehelichen Lebensverhältnisse und damit der Schutz der verfassungsrechtlich abgesicherten Institution Ehe unberücksichtigt bleibe, wenn ehebezogene Zuwendungen im Erbrecht im Regelfall als unentgeltliche Geschäfte behandelt würden (etwa Olshausen in Staudinger, Neubearb. 1998, § 2325 Rz. 26 f.; Kues, Urteilsanmerkung in FamRZ 1992, 924 ff.). In der Mehrheit folgt die Literatur zwischenzeitlich aber dieser Entscheidung, stellt jedoch heraus, dass auch mit der BGH-Rechtsprechung eine angemessene Altersvorsorge, selbst wenn sie unterhaltsrechtlich nicht ...