Entscheidungsstichwort (Thema)
Pflichtteilsergänzungsanspruch bei Finanzierung des gemeinsamen Hauserwerbs allein durch einen Ehepartner
Leitsatz (amtlich)
1. Der gemeinsame Kauf eines Grundstücks zu Miteigentum der Eheleute und dessen Bebauung mit dem Familienwohnhaus kann sich als unbenannte Zuwendung des alleinverdienenden Ehepartners an den anderen darstellen, wenn Kaufpreis und Finanzierungsraten allein von dem Alleinverdienenden aufgebracht werden. In einem solchen Fall ist die hälftige Beteiligung an dem ehezeitlichen Vermögenserwerb auch nicht mit Rücksicht auf den Halbteilungsgrundsatz der Zugewinngemeinschaft dem Anwendungsbereich des § 2325 BGB entzogen, weil die Interessen des nichtverdienenden Ehepartners im gesetzlichen Güterstand bereits durch den erb- oder güterrechtlichen Zugewinnausgleich berücksichtigt werden.
2. Im Falle eines Pflichtteilsanspruchs begründet bereits ein betragsmäßig unbestimmter Anspruch den Verzug, wenn er im Wege einer sog. Stufenmahnung geltend gemacht wird.
Normenkette
BGB §§ 516, 2325
Verfahrensgang
LG Flensburg (Urteil vom 29.01.2013) |
Tenor
Auf die Berufung der Kläger wird das am 29.1.2013 verkündete Schlussurteil der Einzelrichterin der 3. Zivilkammer des LG Flensburg geändert:
Die Beklagte wird verurteilt, über das Schlussurteil des LG Flensburg hinaus an die Kläger weitere je 4.446,75 EUR zu zahlen nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.2.2011, insgesamt mithin je 36.359,19 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.2.2011, abzgl. am 5.4.2013 darauf gezahlter je 5.564,87 EUR.
Die weiter gehende Klage wird zurückgewiesen.
Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
Gründe
I. Die Kläger machen Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche gegenüber der Beklagten als Alleinerbin nach dem am ... 2008 verstorbenen A geltend. Die Kläger sind die Kinder des Erblassers aus erster Ehe, die Beklagte ist seine zweite Ehefrau.
Hinsichtlich des Sachverhaltes und der erstinstanzlichen Anträge der Parteien wird auf den Tatbestand des angefochtenen Schlussurteils Bezug genommen. Ergänzend ist wie folgt auszuführen:
Mit vorprozessualem anwaltlichen Schreiben vom 22.12.2008 haben die Kläger von der Beklagten Auskunft über den Bestand des Nachlasses und über den Güterstand verlangt, zudem Zahlung des sich aus der Auskunft ergebenden Pflichtteils nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Verzugsbeginn, wobei Auskünfte zu erteilen und Zahlung zu leisten seien bis spätestens 31.1.2009 (Bl. 11 d.A.). Zur Begründung heißt es in diesem Schriftsatz (Bl. 12 d.A.) u.a., dass das Auskunftsverlangen sich auf § 2314 BGB stütze. Anzugeben seien auch Schenkungen des Erblassers innerhalb seiner zehn letzten Lebensjahre, wobei für Schenkungen des Erblassers an den Ehegatten die Frist von 10 Jahren nicht vor Auflösung der Ehe zu laufen beginne. Sollte die Beklagte mit der gesetzten Frist in Verzug geraten, seien etwaige Zahlungsansprüche von da ab zu verzinsen.
Die Kläger haben mit der Konkretisierung ihres Leistungsantrages in der dritten Stufe ihrer Stufenklage gemäß Schriftsatz vom 1.9.2011 (Bl. 237 d.A.) zusammenfassend ihren Klagantrag auf Verurteilung der Beklagten, an sie jeweils 38.046,68 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.2.2011 zu zahlen, dahin begründet, dass Pflichtteil und Pflichtteilergänzung sich auf jeweils 41.714,42 EUR belaufen würden, darauf wegen eingetretenen Verzuges seit dem 1.2.2009 bis zum 15.2.2011 jeweils 4.610,62 EUR Zinsen zu zahlen seien und auf die sich dann ergebende Summe von jeweils 46.325,04 EUR die Teilzahlung vom 15.2.2011 von jeweils 8.278,36 EUR abzuziehen sei, so dass sich noch eine Forderung von jeweils 38.046,68 EUR ergebe (Bl. 237 d.A.).
Das LG hat mit dem Schlussurteil diesem Zahlungsbegehren i.H.v. jeweils 31.912,44 EUR stattgegeben. Es hat ausgeführt, die Kläger könnten jeweils einen Pflichtteil i.H.v. 13.294,09 EUR und eine Pflichtteilsergänzung i.H.v. 26.896,71 EUR verlangen. Von der sich dann ergebenden Summe i.H.v. je 40.190,80 EUR seien die jeweils geleisteten Teilzahlungen i.H.v. 8.278,36 EUR abzuziehen, so dass sich insgesamt ein Anspruch i.H.v. je 31.912,44 EUR ergebe, der unabhängig von der Frage des Verzuges bereits nach § 291 BGB ab dem 16.2.2011 zu verzinsen sei. Hinsichtlich der weiteren Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils verwiesen.
Gegen dieses Urteil haben sowohl die Kläger als auch die Beklagte jeweils form- und fristgerecht Berufung eingelegt und diese Berufungen begründet.
Die Kläger möchten mit der Berufung erreichen, dass ihnen erstinstanzlich verlangte aber nicht zugesprochene V...