Entscheidungsstichwort (Thema)
Ein zweifacher Kaltbitumenanstich der Kelleraußenwand bei älteren Häusern verliert üblicherweise bereits nach 30-40 Jahren seine abdichtende Wirkung. Bei 65 Jahre alten, unsanierten Häusern ist Feuchtigkeit im Keller deshalb nicht als unüblich anzusehen.
Leitsatz (amtlich)
1. Die Keller-Außenwandabdichtung eines im Jahr 1951 errichteten Einfamilienhauses mit einem zweifachen Kaltbitumenanstrich oberhalb der untersten Steinschicht entspricht den zur Zeit der Errichtung geltenden allgemein anerkannten Regeln der Technik.
2. Gerichtsbekannt - bestätigt durch ein Sachverständigengutachten - verliert ein Bitumenanstich bei älteren Häusern üblicherweise bereits nach 30 bis 40 Jahren seine abdichtende Eigenschaft. Bei 65 Jahre alten, unsanierten Häusern ist Feuchtigkeit im Keller nicht unüblich anzusehen und stellt für sich genommen keinen Sachmangel dar.
3. Eine Eignung des Kellers zum Wohnen entspricht bei einem unsanierten 65 Jahre alten Haus - sofern dies vertraglich nicht ausdrücklich vereinbart ist- weder der nach dem Vertrag vorausgesetzten noch der gewöhnlichen Verwendung.
4. Allein der bestehende Wurzeleinwuchs in älteren Abwasserleitungen - ohne nennenswerte Funktionsbeeinträchtigungen- stellt keinen Mangel dar. Es handelt sich vielmehr um eine Beschaffenheit, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann. Je älter ein Rohr ist und je länger es im Boden liegt, umso höher ist erfahrungsgemäß das ausgebildete Wurzelwerk. Bis zur Zerstörung oder Funktionsunfähigkeit des Abwasserrohres kann es 100 Jahre dauern.
5. Nach Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens im selbständigen Beweisverfahren und weiterer drei schriftlichen Ergänzungsgutachten kann der Antrag auf Einholung eines weiteren Ergänzungsgutachtens rechtsmissbräuchlich sein. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Antragssteller keine weiteren Fragen mehr hat als diejenigen, auf deren Unerheblichkeit das Gericht bereits hingewiesen hat.
Normenkette
BGB §§ 242, 280 Abs. 1, 3, §§ 281, 437 Nr. 3, § 444; ZPO § 412
Verfahrensgang
LG Itzehoe (Aktenzeichen 2 O 117/19) |
Tenor
I. Die Kläger werden gemäß § 522 Abs. 2 ZPO darauf hingewiesen, dass die Berufung gegen das angefochtene Urteil offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg bietet, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil nicht erfordert und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist. Der Senat beabsichtigt deshalb, die Berufung aus den nachfolgenden Gründen ohne mündliche Verhandlung durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.
II. Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 3 Wochen, sofern die Berufung nicht aus Kostengründen innerhalb der genannten Frist zurückgenommen werden sollte.
III. Der Senat beabsichtigt, den Streitwert für den zweiten Rechtszug auf bis 45.000,00 EUR festzusetzen.
Gründe
I. Die Parteien streiten um Ansprüche im Zusammenhang mit dem Erwerb einer Immobilie. Die Kläger erwarben von den Beklagten am 31.05.2016 das Grundstück V. Nr. 51 in X, das mit einem im Jahr 1951 errichteten Einfamilienhaus bebaut ist. Der Kaufpreis betrug 489.000,00 EUR, die Übergabe erfolgte am 01.08.2016. Dem Abschluss des Kaufvertrages gingen mehrere Besichtigungen voraus, deren Ablauf im Einzelnen streitig ist. Im notariellen Kaufvertrag haben die Parteien die Haftung für Sachmängel ausgeschlossen. Die Kläger machen verschiedene Mängel geltend, über die sie von den Beklagten arglistig getäuscht worden seien.
Am 28.08.2016 kam es bei stärkeren Regenfällen zum Eintritt von Wasser durch einen Keller-Lichtschacht. Zudem ergoss sich Schmutzwasser aus der Abwasserleitung in den Keller. Es folgte anwaltliche Korrespondenz zwischen den Parteien.
Auf Antrag der Kläger wurde ein selbständiges Beweisverfahren vor dem Landgericht I. durchgeführt, in dem der Sachverständige Dipl.-Ing. R. ein schriftliches Sachverständigengutachten vom 07.07.2017 nebst drei schriftlichen Ergänzungsgutachten vom 30.04.2018, 05.10.2018 und 03.12.2018 erstattete.
Im anschließenden Streitverfahren haben die Kläger verschiedene Mängel an der Immobilie behauptet. Die Kellerwände seien durchfeuchtet, die Lichtschächte seien für Starkregenereignisse nicht ausreichend dimensioniert, ihre Abläufe seien verstopft, die Abwasserleitungen seien durch Wurzeleinwachsungen beschädigt und verstopft und das Eingangspodest verfüge über ein Kontergefälle. Die Beklagten hätten von diesen Mängeln gewusst, die Kläger jedoch nicht darauf hingewiesen. Vielmehr sei durch das Vorhandensein eines Bades und von Küchenanschlüssen im Keller der Eindruck erweckt worden, es handele sich um zum Wohnen geeignete Räume. Die Kosten der Mängelbeseitigung beliefen sich auf 40.294,96 EUR netto. Die Kläger haben die Auffassung vertreten, die Feuchtigkeit im Keller sei ungeachtet des Errichtungszeitpunktes des Hauses ein Mangel, weil auch seinerze...