Entscheidungsstichwort (Thema)
Beweiskraft von Eintragungen in Personenstandsbüchern und Personenstandsurkunden
Leitsatz (amtlich)
1. Die Ergänzung des Geburtseintrags durch die Beischreibung eines Randvermerks stellt sich als Berichtigung eines abgeschlossenen Eintrags dar.
2. Gegenstand einer Berichtigung kann auch ein einschränkender Zusatz i.S.d. §§ 285 Abs. 2 Satz 3; 266 Abs. 1a Satz 1 DA sein.
3. Der Beweiswert deutscher Urkunden (z.B. Aufenthaltsgestattung, Reiseausweis, Personalausweis, Reisepass, Vaterschaftsanerkennung) reicht nicht weiter als die Grundlagen, die der ausstellenden Behörde zur Prüfung vorlagen.
4. Der einschränkende Zusatz "die Richtigkeit der Personaldaten der Eltern und des Kindes sind urkundlich nicht nachgewiesen" ist geboten, wenn keine einwandfreien Urkunden vorliegen, die sich auf ein zuverlässiges Register zurückführen lassen. Eidesstattliche Versicherungen, Aussagen von Zeugen und Sachverständigengutachten sowie der Umstand, dass der Betroffene die erforderlichen einwandfreien Urkunden nicht erlangen kann, vermögen hieran nichts zu ändern.
Normenkette
PStG §§ 5, 20, 21 Abs. 1 Nr. 1, §§ 47, 49 Abs. 1 S. 2, Abs. 2, §§ 60, 61a, 65-66; PersStdGAV § 25; DA §§ 3, 258, 261 Abs. 2, §§ 265, 266 Abs. 1a S. 1, §§ 285, 285 Abs. 2 S. 3; ZPO § 438
Verfahrensgang
LG Kiel (Beschluss vom 20.12.2007; Aktenzeichen 3 T 207/05) |
AG Kiel (Aktenzeichen 28 III 78/04) |
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird geändert.
Auf die Erstbeschwerde wird der Beschluss des AG vom 11.4.2005 geändert.
Es wird angeordnet, dass der Geburtseintrag vom ... Nr. ... im Personendstandsbuch des Standesamtes ... durch die Beischreibung eines Randvermerks dahin ergänzt wird, dass die Richtigkeit der Personaldaten der Eltern und des Kindes urkundlich nicht nachgewiesen sind.
Das Verfahren ist insgesamt gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Der Geschäftswert für jede Instanz beträgt jeweils 3.000 EUR.
Den Betroffenen wird für das Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Verfahrensbevollmächtigten bewilligt.
Gründe
I. Die Betroffenen zu 1. und 2. stammen nach eigenen Angaben aus dem Norden des Irak. Beide wurden als Flüchtlinge anerkannt und erhielten einen Reiseausweis. Dem Betroffenen zu 1. ist am ... eine Einbürgerungsurkunde der Bundesrepublik Deutschland ausgehändigt worden. Am ... gebar die Betroffene zu 2. den Betroffenen zu 3., der inzwischen auch eingebürgert ist. Der Betroffene zu 1. erkannte seine Vaterschaft am ... an. Am selben Tage trug das Standesamt ... unter den eingangs angegebenen Personalien unter Nr. ... die Betroffene zu 2. als Mutter und den Betroffenen zu 1. als Vater in das Geburtenbuch ein. Ferner wurde auf Grund übereinstimmender Erklärungen der Eltern eingetragen, dass ihr Kind den Familiennamen ... führt. Die Betroffenen meldeten sodann beim Standesamt ... ihre Eheschließung an. Dazu legte der Betroffene zu 1. eine irakische Identitätskarte und die Betroffene zu 2. einen irakischen Staatsangehörigkeitsausweis vor. Auf Veranlassung der Beteiligten stellte das Landeskriminalamt im Gutachten ... fest, dass beide Urkunden gefälscht waren. Das Standesamt lehnte deswegen die Anmeldung der Eheschließung ab. Am 28.10.2004 beantragte der Betroffene zu 1. beim AG, den Standesbeamten anzuweisen, die Anmeldung der Eheschließung entgegenzunehmen (28 III 5/04). Das AG vernahm zur Identität der Betroffenen zu 1. und 2. als Zeugen ... (Bruder des Betroffenen zu 1.),... (Bekannter des Betroffenen zu 1.),... (Mutter des Betroffenen zu 1.) und ...(Bekannter der Betroffenen zu 2.) und nahm der Betroffenen zu 2. eine Versicherung an Eides Statt dahin ab, am ... in ... im Irak geboren worden zu sein. In einem weiteren Gutachten ... stellte das Landeskriminalamt fest, dass eine zwischenzeitlich vom Betroffenen zu 1. eingereichte Geburtsurkunde ebenfalls gefälscht war. Durch Beschluss vom 8.2.2005 wies das AG das Standesamt an, die Anmeldung der Eheschließung entgegenzunehmen. Auf die hiergegen von der Beteiligten eingelegte sofortige Beschwerde holte das LG (3T 149/05) ein Gutachten des Deutschen Orient-Instituts ... in Hamburg ... über die Echtheit der ausländischen Urkunden und ein Gutachten des Landeskriminalamts über die Echtheit einer inzwischen eingereichten Scheidungsurkunde des Betroffenen zu 1 ... ein. Die irakische Botschaft stellte auf Grund des gefälschten Staatsangehörigkeitsausweises der Betroffenen zu 2. einen Reisepass aus. Das LG wies nach Anhörung des Betroffenen zu 1. in Änderung der amtsgerichtlichen Entscheidung seinen Antrag zurück, weil nicht festzustellen sei, dass seine Vorehe geschieden sei. Es bestünden Zweifel an der Echtheit der vorgelegten Scheidungsurkunde. Die Entscheidung des LG ist rechtskräftig.
Im Laufe des vorerwähnten Verfahrens hat die Beteiligte am 20.10.2004 - das vorliegende Verfahren einleitend - beim AG beantragt, anzuordnen, den Geburtseintrag vom 28.1.2002 durch die Beischreibung eines Randvermerks dahin zu ...