Entscheidungsstichwort (Thema)
Terminierung in Kindschaftssachen
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Verstoß gegen das in § 155 Abs. 2 S. 2 FamFG normierte Gebot einen Termin in einer Kindschaftssache spätestens binnen eines Monats nach Beginn des Verfahrens stattfinden zu lassen, kann isoliert in der Rechtsmittelinstanz nur mit der Untätigkeitsbeschwerde gerügt werden.
2. Diese kann zulässigerweise nur erhoben werden, wenn der Verstoß gegen § 155 Abs. 2 S. 2 FamFG einer Rechtsschutzverweigerung gleichkommt bzw. zu einem erheblichen Rechtsverlust führt. Dabei ist allerdings die in § 155 FamFG zum Ausdruck kommende gesetzgeberische Wertung zu berücksichtigen.
Normenkette
FamFG § 155 Abs. 1, 2 S. 2
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen die Terminsanberaumung zum 10.2.2011 wird als unzulässig verworfen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Antragstellerin auferlegt.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 500 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Bei den Beteiligten handelt es sich um die Eltern der Kinder A, geboren ... 2002, B, geboren ... 2005 und C, geboren ... 2008. Die Kindeseltern sind seit dem ... 2001 miteinander verheiratet und leben voneinander getrennt.
Mit Antrag vom 8.4.2010 beantragte der Antragsgegner und Kindesvater beim AG - Familiengericht - Ahrensburg im Wege einer einstweiligen Anordnung, ihm das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die gemeinsamen Kinder zu übertragen und die Herausgabe der Kinder anzuordnen. Durch Beschluss des Familiengerichts vom 19.5.2010 (Az.: 28 F 291/10) wurde die elterliche Sorge für die gemeinsamen Kinder vorläufig dem Kindesvater übertragen.
Vor dem AG - Familiengericht - Ahrensburg ist ebenfalls ein Hauptsacheverfahren betreffend das Sorgerecht für die gemeinsamen Kinder unter dem Aktenzeichen 28 F 296/10 anhängig.
In diesem Verfahren wurde am 19.11.2010 ein kinderpsychologisches Sachverständigengutachten zu der Frage, wem der beiden Eltern das Sorgerecht für die Kinder zuzuweisen ist, erstellt. Dieses Sachverständigengutachten endet mit der Empfehlung, dem Kindesvater allein die elterliche Sorge zu übertragen.
Mit am 8.12.2010 beim AG - Familiengericht - Ahrensburg eingegangenen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung begehrt die Antragstellerin und Kindesmutter die Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge auf sich.
Durch Verfügung vom 9.12.2010 hat das Familiengericht Termin zur Anhörung der Beteiligten auf Donnerstag, den 10.2.2011, anberaumt. Auf diesen Termin wurde bereits durch Verfügung 25.11.2010 das Sorgerechtsverfahren in der Hauptsache terminiert.
Die Antragstellerin hat unter dem 29.12.2010 die Beschwerde gegen die Terminsanberaumung des Familiengerichts erhoben und beantragt, einen Termin zur Anhörung der Beteiligten und der Kinder zu einem Zeitpunkt bis zum 9.1.2011 anzuberaumen.
Die Antragstellerin ist der Auffassung, dass sich die Verpflichtung des Familiengerichts zu einer früheren Terminierung aus § 155 FamFG ergäbe.
II. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen die Terminsanberaumung des Familiengerichts auf den 10.2.2011 ist als unzulässig zu verwerfen.
Grundsätzlich sind Terminverfügungen als verfahrensleitende Anordnungen von untergeordneter Bedeutung nicht isoliert, sondern allenfalls gemeinsam mit der das Verfahren im ersten Rechtszug beendenden Entscheidung anfechtbar (vgl. Zöller/Heßler, ZPO. 28. Aufl. 2010, § 567 ZPO Rz. 30 ff.).
Anders ist es allerdings, wenn das verzögerte Handeln des Gerichts einer Untätigkeit gleichkommt. Hiergegen ist die Untätigkeitsbeschwerde richterrechtlich als außerordentlicher Rechtsbehelf anerkannt (vgl. BVerfG NJW 2001, 961; FamRZ 2004, 689; FamRZ 2005, 173; FamRZ 2005, 1233; FamRZ 2008, 2258 ff.; OLG Brandenburg FamRZ 2009, 906; OLG München FamRZ 2008, 704, 705).
Dies muss grundsätzlich auch bei einem Verstoß gegen das Gebot zur Terminierung binnen eines Monats gem. § 155 Abs. 2 S. 2 FamFG gelten (vgl. MünchKomm/Heilmann, FamFG, 3. Aufl. 2010, § 155 Rz. 69). Allerdings müssen auch hier die allgemeinen Zulässigkeitsvoraussetzungen der Untätigkeitsbeschwerde erfüllt sein. Denn der Gesetzgeber hat die Nichteinhaltung des § 155 Abs. 2 S. 2 FamFG selbst nicht ausdrücklich sanktioniert. Des Weiteren ist darauf hinzuweisen, dass § 155 Abs. 1 Satz 2 FamFG lediglich eine Sollvorschrift darstellt, d.h. dass das Gesetz nur im Regelfall von einer Verpflichtung zur Terminierung binnen eines Monats ausgeht.
Voraussetzung für die Zulässigkeit der Untätigkeitsbeschwerde ist, dass eine über das Normalmaß hinausgehende, den Beteiligten unzumutbare Verzögerung dargetan wird und sich die Untätigkeit bzw. verzögerte Tätigkeit des Gerichts bei objektiver Betrachtung als Rechtsschutzverweigerung darstellt (vgl. Keidel/Meyer-Holz, FamFG, 16. Aufl. 2009, § 58 FamFG, Rz. 67; OLG Frankfurt NJW 2007, 852). Somit kann ein Verstoß gegen § 155 Abs. 2 S. 2 FamFG nur dann zulässigerweise mit der Untätigkeitsbeschwerde gerügt werden, wenn die Nichteinhaltung des Gebotes binnen eines Monats zu terminieren einer Rechtsschutzverweigerung gleichkommt bzw...