Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur ausnahmsweisen Zulässigkeit einer sofortigen Beschwerde gegen Entscheidungen nach § 769 ZPO

 

Leitsatz (amtlich)

Zulässigkeit einer sofortigen Beschwerde gegen Entscheidungen nach § 769 ZPO, wenn ohne Glaubhaftmachung gem. § 769 Abs. 1 S. 2 ZPO die Zwangsvollstreckung eingestellt wird.

 

Normenkette

ZPO §§ 707, 769

 

Verfahrensgang

LG Itzehoe (Beschluss vom 31.07.2003; Aktenzeichen 3 O 261/03)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde wird auf Kosten der Beklagten nach einem Beschwerdewert von 5.100 Euro zurückgewiesen.

 

Gründe

Mit dem LG in seinem Nichtabhilfebeschluss vom 7.8.2003 ist davon auszugehen, dass das Rechtsmittel der Beklagten ausnahmsweise zulässig ist.

Zwar folgt der Senat in st. Rspr. der herrschenden Ansicht, dass eine sofortige Beschwerde gegen Entscheidungen gem. § 769 ZPO grundsätzlich analog § 707 Abs. 2 S. 2 ZPO unstatthaft ist. Hiervon ist aber eine Ausnahme zu machen, wenn geltend gemacht wird, das erkennende Gericht habe die Grenzen seines Ermessensspielraums verkannt oder eine sonst greifbar gesetzwidrige Entscheidung getroffen. Beides muss schlüssig behauptet, nicht nur als Wertung in den Raum gestellt werden, um das Rechtsmittel zulässig zu machen.

Die Beklagte rügt, das LG habe ohne die § 769 Nr. 2 ZPO erforderliche Glaubhaftmachung der die Vollstreckungsabwehrklage begründenden Tatsachen entschieden. Damit wird substantiiert ein Ermessensfehler gerügt. Ein Gericht, das ohne eine solche Glaubhaftmachung einen Einstellungsbeschluss erlässt, überschreitet nämlich die Grenzen des ihm eingeräumten Ermessens zu Lasten des Titelgläubigers.

Indes ist die Rüge der Beklagten unbegründet. Richtig ist, dass eine eidesstattliche Versicherung, die sich in der Bezugnahme auf einen Anwaltsschriftsatz beschränkt, kein ordnungsgemäßes Mittel der Glaubhaftmachung ist (Zöller/Greger, ZPO, 23. Aufl., § 294 Rz. 4 m.w.N.). Das kann aber nicht gelten, wenn ein Anwalt selbst die Richtigkeit der in einem von ihm verfassten Schriftsatz enthaltenen Tatsachen an Eides Statt versichert. Es liefe, wie im Nichtabhilfebeschluss des LG zu Recht gewertet ist, auf eine bloße Förmelei hinaus, wenn in der eidesstattlichen Versicherung dieselben Tatsachen ein zweites Mal niederlegt werden müssten.

Die Einstellung der Zwangsvollstreckung in dem angefochtenen Beschluss ohne Sicherheitsleistung lässt keinen Ermessensfehler erkennen. Eine Ermessensüberschreitung scheidet aus, weil eine solche Entscheidung im Gesetz ausdrücklich vorgesehen und auch nicht an die Voraussetzungen des § 707 Abs. 1 S. 2 ZPO gebunden ist. Ermessensfehlgebrauch ist nicht ersichtlich, weil das LG seine Erwägungen hierzu jedenfalls im Nichtabhilfebeschluss in nachvollziehbarer Weise dargelegt hat.

Soweit die sofortige Beschwerde greifbare Gesetzeswidrigkeit rügt, ist das Rechtsmittel schon unzulässig. Weder die Voraussetzungen für eine Verletzung rechtlichen Gehörs, noch für eine Willkürentscheidung werden dargelegt. Die sofortige Beschwerde beschränkt sich vielmehr auf eine von der Beurteilung des LG abweichende Würdigung der Schlüssigkeit der Vollstreckungsabwehrklage. Dies nachzuprüfen ist dem Beschwerdegericht aber bis zur Grenze der Willkür, für die nichts vorliegt, verwehrt. Eine mittelbar vorgreifliche sachliche Beurteilung der Hauptsache ist dem Beschwerdegericht nämlich stets verwehrt (Zöller/Herget, ZPO, 23. Aufl., § 769 Rz. 13).

Soweit mit der sofortigen Beschwerde, insb. im Schriftsatz vom 11.8.2003, neue Tatsachen vorgetragen werden, waren diese im Beschwerdeverfahren nicht zu berücksichtigen (Zöller/Herget, ZPO, 23. Aufl., § 769 Rz. 13). Hierüber wird das LG zu befinden haben, dem es jederzeit frei steht, seine Einstellungsentscheidung auf Gegenvorstellungen hin zu ändern.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Der Beschwerdewert war gem. §§ 12 Abs. 1 GKG, 3 ZPO auf ein Fünftel des Hauptsachewertes zu schätzen.

Dr. Chlosta

 

Fundstellen

Haufe-Index 1109691

OLGR Köln 2004, 39

SchlHA 2004, 103

OLGR-BHS 2004, 130

OLGR-BHS 2004, 39

OLGR-CBO 2004, 39

OLGR-KS 2004, 39

ProzRB 2004, 94

www.judicialis.de 2003

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