Entscheidungsstichwort (Thema)
Vereinbarkeit der Einrichtung einer „Heißen Theke” mit der Zweckbestimmung „Laden” in einer Teilungserklärung
Leitsatz (amtlich)
1. § 767 ZPO ist auf im Wohnungseigentumsverfahren erlassene Unterlassungstitel entspr. anwendbar.
2. Zu den Einwendungen, die den durch „das Urteil” festgestellten Anspruch i.S.d. § 767 ZPO selbst betreffen, gehört auch die Geltendmachung nachträglich geänderter tatsächlicher Verhältnisse, grundsätzlich nicht jedoch die Wandlung der Verkehrs- und Rechtsauffassung.
3. Es gibt keinen Erfahrungssatz dahin, dass der Betrieb einer „Warmen Theke” (Imbisses) schlechthin der Zweckbestimmung „Laden” in einer Teilungserklärung widerspricht. Die Frage beurteilt sich vielmehr danach, ob der Betrieb unter den konkreten Umständen des Einzelfalls die übrigen Wohnungseigentümer insb. im Hinblick auf Öffnungszeiten sowie Lärm- und Geruchsbeeinträchtigung nicht mehr stört und beeinträchtigt als die zweckbestimmte Nutzung
Verfahrensgang
LG Flensburg (Beschluss vom 12.02.2003; Aktenzeichen 5 T 469/02) |
AG Niebüll (Aktenzeichen 9-II 77/01) |
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung – auch über die Kosten dieser Instanz – an das LG zurückverwiesen.
Gründe
I. Der Beteiligte zu 1) – Teileigentümer der Anlage – betreibt in Räumen des Erdgeschosses im Vorderhaus, die in der Teilungserklärung als Laden Nr. 6 ausgewiesen sind, ein Fleischereifachgeschäft. In einem von den Beteiligten zu 2) genehmigten Anbau bereitet er Fleisch- und Wurstwaren zu und stellt Fertiggerichte her. Im Nachbarhaus, das dem Beteiligten zu 1) gehört, unterhält er einee Gaststätte,. deren Speisen ebenfalls im Anbau hergerichtet werden. Die Gaststätte hat auf der ihr vorgelagerten Straßenfläche Tische und Sitzgelegenheiten. Im Jahre 1987 errichtete der Beteiligte zu 1) im vorderen Bereich des Fleischereigeschäfts eine „warme Theke” (Imbiss), an der er seitdem Mahlzeiten verkauft, welche die Kunden an Stehtischen im Straßenraum vor dem Geschäft – von der Stadt S. genehmigt – einnehmen können.
Auf Betreiben der Beteiligten zu 2) untersagte das AG dem Beteiligen zu 1) durch Beschluss vom 9.1.1989 (14-II 56/88), im Ladengeschäft eine über die Teileigentumsnutzung „Laden” hinausgehende gewerbliche Tätigkeit „Imbiss” auszuüben. Darin ist ausgeführt:
„Die Nutzung als Imbiss überschreitet diesen Rahmen (erg.: Zweckbestimmung Laden) … Die Störungen der Wohnungseigentümer und benachbarten Teileigentümer treten durch die Aufhebung der Ladenschlusszeiten und die Einnahme von Mahlzeiten und Getränken vor dem Geschäft ein. Dies wird gefördert durch den Verkauf von Fertiggerichten zur unmittelbaren Einnahme an den Tischen vor dem Geschäft. Der Antragsgegner bewirkt dadurch Störungen, die über den Betrieb eines reinen Ladengeschäftes – auch in der Form eines Fleischereifachgeschäftes – erheblich hinausgehen … .”
Da sich der Beteiligte zu 1) nicht an dieses Verbot hielt, verhängte das AG auf Antrag der Wohnungseigentümer durch Beschlüsse vom 21.3.2000 – 9-II 109/99 und 7.11.2000 – 9-II 100/00 – gegen ihn Ordnungsgelder von 10.000 DM bzw. 20.000 DM.
Der Beteiligte zu 1) betreibt den Imbiß nach wie vor. Mit dem im vorliegenden Verfahren am 22.8.2001 gestellten Antrag haben die Beteiligten zu 2) erneut die Verhängung eines Ordnungsgeldes gegen ihn beantragt. Der Beteiligte zu 1) ist dem entgegengetreten und hat überdies beantragt, den Beschluss des AG vom 9.1.1989 aufzuheben. Er hat dazu geltend gemacht, inzwischen habe sich ein Begriffswandel dahingehend vollzogen, dass unter „Laden” auch zu verstehen sei, außerhalb des Geschäftes Verkäufe zu tätigen, wie insb. in der X. Straße in S. üblich. Sämtliche Fleischereien in der Bundesrepublik seien aus wirtschaftlichen Gründen gehalten, Imbisse zu betreiben. Im Übrigen seien Lärm- und Geruchsbelästigungen nicht vorhanden. Der Unterlassungsanspruch sei jedenfalls verwirkt, weil die Beteiligten zu 2) über 11 Jahre hinweg den Betrieb der „warmen Theke” geduldet hätten.
Das AG hat durch Beschluss vom 28.9.2002 unter Zurückweisung des Bestrafungsantrags auf den Gegenantrag die weitere Vollstreckung aus dem Beschluss vom 9.1.1989 für unzulässig erklärt. Auf die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 2) hat das LG unter Änderung des amtsgerichtlichen Beschlusses den Antrag des Beteiligten zu 2) zurückgewiesen und gegen ihn wegen erneuter Zuwiderhandlung gegen den Beschluss des AG vom 9.1.1989 ein weiteres Ordnungsgeld von 10.225,84 Euro (= 20.000 DM) festgesetzt. Gegen diesen Beschluss, auf den zur weiteren Sachdarstellung Bezug genommen wird (Bl. 159 bis 162 R d.A.), richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1), der die Beteiligten zu 2) entgegengetreten sind.
II. Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig (WEG § 45; FGG §§ 27, 29) und begründet. Die angefochtene Entscheidung beruht auf einer Verletzung des Rechts (FGG § 27; ZPO § 546). Das LG hat die ihm – auch im Wohnungseigentumsverfah...