Leitsatz (amtlich)
Die Beschlagnahme eines Grundstücks zum Zweck der Zwangsversteigerung umfaßt auch eine Versicherungsforderung aufgrund einer vom Zwangsverwalter gemäß § 152 ZVG abgeschlossenen Feuerversicherung.
Erfolgt die Auszahlung des Versicherungsbetrages an den Zwangsverwalter, erfaßt die Beschlagnahme im Wege dinglicher Surrogation den Anspruch des Eigentümers auf Auszahlung nach Beendigung der Zwangsverwaltung.
Dieser Anspruch kann nicht vom Ersteher erworben werden, auch nicht durch zwar rechtskräftigen, aber fehlerhaften Zuschlagbeschluß.
Orientierungssatz
Schicksal einer Versicherungsforderung im Zwangsversteigerungsverfahren.
Normenkette
ZVG §§ 20-21, 55 Abs. 1, § 90 Abs. 2, § 148; BGB § 1027
Beteiligte
Rechtsanwälte Schöttle, Ley, Vorbau und Schriefer |
Verfahrensgang
LG Itzehoe (Aktenzeichen 4 T 23/00) |
AG Meldorf (Aktenzeichen 33 L 148/97) |
LG Itzehoe (Aktenzeichen 4 T 2/00) |
Tenor
Die sofortige weitere Beschwerde des Erstehers wird auf seine Kosten nach einem Beschwerdewert von 487.316,10 DM zurückgewiesen.
Der Beschwerdewert für das landgerichtliche Verfahren wird auf 487.316,10 DM geändert.
Gründe
Die sofortige weitere Beschwerde des Erstehers ist gemäß §§ 153, 146, 96 ZVG, 793 Abs. 2 ZPO statthaft und auch form- und fristgemäß eingelegt worden, §§ 569 Abs. 2, 577 Abs. 2 ZPO. Auch das weitere Zulässigkeitserfordernis des § 568 Abs. 2 Satz 2 ZPO ist erfüllt, da der Ersteher durch den angefochtenen Beschluß erstmalig beschwert ist. Im Ausgangsbeschluß des Amtsgerichts war der Zwangsverwalter ermächtigt worden, die streitige Zeitwertentschädigungssumme an den Ersteher zu überwiesen.
Das Rechtsmittel bleibt indes erfolglos, weil der angefochtene Beschluß im Ergebnis richtig ist. Das Amtsgericht war nicht befugt, die Auszahlung an den Ersteher anzuordnen. Der Ersteher hat keinen Anspruch auf dieses Geld.
1. Zu Unrecht meint das Landgericht allerdings, die Versicherungsleistung sei nicht Gegenstand der Beschlagnahme geworden.
Die Versicherungsforderung des vormaligen Eigentümers D ist während des laufenden Zwangsversteigerungsverfahrens aufgrund des Versicherungsfalles vom 12./13. Juni 1998 gemäß §§ 1 Abs. 1, 83, 75 Abs. 1 Satz 1 VVG i. V: mit den Bedingungen des vom Zwangsverwalter abgeschlossenen Feuerversicherungsvertrages entstanden. Eine vom Zwangsverwalter gemäß § 152 ZVG abgeschlossene Feuerversicherung ist eine Fremdversicherung zugunsten und auf Kosten des Eigentümers.
Diese Versicherungsforderung ist von vornherein von der Beschlagnahme gemäß § 20 ZVG erfaßt gewesen. Gemäß § 20 ZVG umfaßt die Beschlagnahme zum Zwecke der Zwangsversteigerung, abgesehen von den in § 21 ZVG hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen, das Grundstück und diejenigen Gegenstände, auf welche sich bei einem Grundstück die Hypothek erstreckt.
Gemäß § 1027 BGB erstreckt sich die Hypothek auf die Versicherungsforderung. Es ist nicht erforderlich, daß der Eigentümer Versicherungsnehmer ist. Es genügt, daß er Versicherter im Sinne von § 75 VVG ist (Palandt-Bassenge, BGB, 59. Aufl., § 1127 RdNr. 1).
Daher fiel auch die Versicherungsforderung unter die Beschlagnahme, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob der Versicherungsfall vor der nach der Beschlagnahme eintrat, da auf die künftige, erst durch den Versicherungsfall entstehende Forderung bereits zum Haftungsverband der Hypothek gehört (Palandt-Bassenge, aaO., § 1128 RdNr. 2). §§ 102 ff VVG können unberücksichtigt bleiben, da hier ein ungestörtes Versicherungsverhältnis abgewickelt worden ist.
Im Ausgangspunkt war es also nicht ausgeschlossen, daß der Ersteher nach §§ 55 Abs. 1, 90 Abs. 2 ZVG auch den Anspruch auf die hier streitige Zeitwertentschädigung hätte erwerben können. Voraussetzung für den Erwerb aber wäre nach beiden Vorschriften gewesen, daß zum Zeitpunkt des Zuschlages die ursprünglich wirksam gewordene Beschlagnahme der Versicherungsforderung noch weiterhin wirksam gewesen wäre (zu allem BGH NJW 1981, 1671, 1672). Daran fehlte es entgegen der Ansicht des Landgerichts zwar nicht. Gleichwohl erfaßt der Zuschlagsbeschluß die an den Zwangsverwalter ausbezahlte Zeitwertentschädigung nicht.
2. Eine Forderung gegen die Allianz Versicherungs AG auf Zahlung von Zeitwertentschädigung in Höhe von 487.316,10 DM hat es zum Zeitpunkt des Zuschlages nicht mehr gegeben. Die Forderung war infolge der Zahlung an den Zwangsverwalter durch Erfüllung erloschen. Beschlagnahmewirkungen an einer erloschenen Forderung gibt es nicht. Allerdings hat sich die Beschlagnahme im Wege dinglicher Surrogation an den Anspruch des Eigentümers auf Auszahlung dieses Geldes nach Beendigung der Zwangsverwaltung fortgesetzt.
a) Der Zwangsverwalter war berechtigt, die Versicherungsforderung wirksam einzuziehen.
Durch die angeordnete Zwangsverwaltung ist der Zwangsverwalter gemäß § 148 ZVG in umfassender Weise an Stelle des Eigentümers für die Verwaltung und Nutzung des Grundstückes zuständig geworden (Zeller/Stöber, ZVG, 16. Auflage, § 148 RdNr. 2). Zu seinen Aufgaben gehörte es deshalb, alle während der Zwangsverwal...