Entscheidungsstichwort (Thema)

Kostentragungspflicht des Insolvenzverwalters nach Anerkenntnis

 

Normenkette

InsO §§ 38, 55

 

Verfahrensgang

LG Lübeck (Beschluss vom 12.05.2005; Aktenzeichen 5 O 53/04)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Beklagten vom 6.6.2005 gegen den Beschluss des Einzelrichters der 5. Zivilkammer des LG Lübeck vom 12.5.2005 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für die Festsetzung der außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens wird auf bis zu 3.000 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Klägerin nahm die Beklagte auf Zahlung in Anspruch. Nach Erlass eines Versäumnisurteils wurde der Rechtsstreit im Einsspruchsstadium durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Beklagten unterbrochen. Der Insolvenzverwalter nahm lediglich einen Teilbetrag der rechtshängigen Forderung unbestritten in die Tabelle auf. Den Restbetrag bestritt er und führte u.a. aus, die Arbeiten seien nach Angaben des Schuldners mangelhaft ausgeführt worden. Daraufhin nahm die Klägerin den Insolvenzverwalter ohne weitere außergerichtliche Aufforderung auf Feststellung des Restbetrages zur Tabelle in Anspruch. Der Insolvenzverwalter gab ein Anerkenntnis ab, der Rechtsstreit wurde durch beidseitige Erledigungserklärungen beendet.

 

Entscheidungsgründe

Die sofortige Beschwerde der Beklagten ist unbegründet. Zu Recht hat das LG in dem angefochtenen Beschluss die Kosten des Rechtsstreits der Beklagten auferlegt, weil sie bei Fortführung des Verfahrens voraussichtlich unterlegen gewesen wäre (§ 91a ZPO). Auf die zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung sowie der Nichtabhilfeentscheidung vom 7.6.2005 wird voll umfänglich Bezug genommen.

Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 18.3.2005 (Bl. 149 GA) die geltend gemachte Feststellung der Forderung über 26.611,64 EUR zur Insolvenztabelle anerkannt.

Ein sofortiges Anerkenntnis i.S.v. § 93 ZPO liegt nicht vor. Die Beklagte hat nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens (AG Reinbek, Beschl. v. 15.9.2004 - 8 IN 206/04; Bl. 130 GA) mit Schreiben vom 7.12.2004 (Bl. 144 GA) die geltend gemachte restliche Werklohnforderung bestritten (nicht nur vorläufig bestritten), u.a. mit der Begründung, dass "lt. Auskunft der Schuldnerin die Arbeiten mangelhaft ausgeführt worden seien". Die Klägerin war nicht verpflichtet, vor Aufnahme des Rechtsstreits außergerichtlich die Gründe des Bestreitens mit der Beklagten zu klären bzw. vorab zu fragen, ob es sich lediglich um ein vorläufiges oder aber um ein endgültiges Bestreiten handelt.

Auch die hilfsweise geltend gemachte Aufteilung der Kostengrundentscheidung nach Insolvenzforderungen i.S.v. § 38 InsO bzw. Masseverbindlichkeiten i.S.v. § 55 InsO ist unbegründet. Eine Unterscheidung zwischen den vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstehenden Prozesskosten und den nach Aufnahme des Rechtsstreits durch die Beklagte angefallenen Kosten kommt in der Kostengrundentscheidung nicht in Betracht (OLG Hamm JurBüro 1990, 1482 [1483]); allerdings noch unter Geltung der alten Konkursordnung). Daran hat sich auch nach dem In-Kraft-Treten der Insolvenzordnung (seit dem 1.1.1999) nichts geändert. Eine Trennung der Prozesskosten nach Zeitabschnitten vor und nach der Prozessaufnahme durch den Insolvenzverwalter ist nicht praktikabel. Eine "teilbare Leistung" i.S.v. § 105 InsO liegt nicht vor. Danach ist eine Leistung nur dann teilbar, wenn sich eine erbrachte Teilleistung feststellen und berechnen lässt (Uhlenbruck/Berscheid, InsO, 12. Aufl., § 105 Rz. 6, m.w.N.). Die hier streitgegenständlichen Gerichts- und Anwaltsgebühren decken nicht einzelne (teilbare) Tätigkeiten, sondern jeweils die Gesamtheit gleichartiger Tätigkeiten bzw. Prozesshandlungen ab. Masseverbindlichkeiten i.S.v. § 55 InsO sind mithin nicht nur die nach Insolvenzeröffnung angefallenen Prozesskosten, sondern auch die davor entstandenen. Um insoweit zu vermeiden, dass aus ursprünglichen Insolvenzforderungen i.S.v. § 38 InsO durch die Fortführung eines Passivprozesses Masseverbindlichkeiten i.S.v. § 55 InsO werden, hat der Insolvenzverwalter gem. § 86 Abs. 2 InsO die Möglichkeit, den geltend gemachten Anspruch sofort anzuerkennen. Das ist hier jedoch nicht geschehen.

Demnach ist die Beschwerde der Beklagten in vollem Umfang zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Wertfestsetzung folgt aus § 3 ZPO (= Kosteninteresse wegen übereinstimmender Erledigungserklärung) i.V.m. Kostenverzeichnis 1810 der Anlage 1 GKG (Festgebühr) und Vergütungsverzeichnis 3500 der Anlage 1 RVG.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1415311

OLGR-Nord 2005, 665

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