Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch des Insolvenzverwalters eines Ehegatten gegen den anderen Ehegatten auf Zustimmung zur steuerlichen Zusammenveranlagung wegen der Nutzung eines Verlustvortrags
Leitsatz (amtlich)
1. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Ehegatten hat der Insolvenzverwalter keinen Anspruch gegen den anderen Ehegatten auf Zustimmung zur steuerlichen Zusammenveranlagung, um den dem anderen Ehegatten zustehenden Verlustvortrag zu nutzen.
2. Dem Anspruch auf Zustimmung steht die zusätzliche steuerliche Belastung des anderen Ehegatten entgegen, da dieser die Verlustvorträge nicht mehr zur Reduzierung seines eigenen steuerlichen Einkommens verwenden kann.
3. Auch die besonderen Wirkungen der ehelichen Lebensgemeinschaft (vgl. BGH FamRZ 2012, 357) führen in dieser Konstellation zu keinem Anspruch auf Zustimmung. Denn die Nutzung des Verlustvortrages würde der Insolvenzmasse und damit den Gläubigern des insolventen Ehegatten und nicht dem Familienunterhalt zugutekommen.
Normenkette
BGB § 1353 Abs. 1 S. 2; EStG § 10d Abs. 2, § 26b
Verfahrensgang
AG Eutin (Beschluss vom 06.03.2013; Aktenzeichen 43 F 574/12) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Eutin vom 6.3.2013 geändert.
Der Antrag der Antragstellerin, den Antragsgegner zu verpflichten, seine Zustimmung zur gemeinsamen steuerlichen Veranlagung zur Einkommenssteuer für das Jahr 2010 zu erteilen und hilfsweise der Verwendung des Verlustvortrages bezüglich der gemeinsamen Steuererklärung für das Jahr 2010 zuzustimmen, wird zurückgewiesen.
Die Kosten in beiden Instanzen hat die Antragstellerin zu tragen.
Der Wert für das Beschwerdeverfahren wird auf 10.000 EUR festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Die Antragstellerin ist Treuhänderin über das Vermögen der Ehefrau des Antragsgegners, Frau M., über das am 6.7.2011 das Verbraucherinsolvenzverfahren eröffnet worden ist. Die Antragstellerin nimmt den Antragsgegner auf Zustimmung zur gemeinsamen steuerlichen Veranlagung für das Jahr 2010 in Anspruch.
Der Antragsgegner befand sich in einem Insolvenzverfahren, das Anfang 2012 beendet war. Der Antragsgegner war als Produktdesign-Ingenieur mit einem Betrieb mit 25 Mitarbeitern in P. selbständig tätig. Die Übernahme eines der Hauptauftraggeber, für den sein Betrieb tätig war, und die Stornierung aller Aufträge sowie das Scheitern eines Projektes in M. hatten zur Folge, dass ein Kredit über 2 Mio. Euro nicht mehr bedient werden konnte und letztlich das Insolvenzverfahren eingeleitet werden musste. Zur Absicherung des Kredites verlangte die Sparkasse H. eine Absicherung auch auf der Miteigentumshälfte der Ehefrau am gemeinsamen Hausgrundstück der Eheleute. Hieraus resultiert eine Mithaftung der Ehefrau für die Schulden des Antragsgegners. Die Verluste seiner früheren selbständigen Tätigkeit kann der Antragsgegner steuerrechtlich weiter als Verlustvortrag geltend machen.
Die Ehefrau des Antragsgegners ist nicht selbständig beschäftigt. Bis 2008 erfolgte eine gemeinsame Veranlagung der Eheleute S. Die Steuervorauszahlungen der Ehefrau aus ihrer Angestelltentätigkeit flossen den Eheleuten und damit dem Familieneinkommen im Rahmen von Steuererstattungen wieder zu aufgrund der steuerlichen Berücksichtigung des Verlustvortrags des Antragsgegners.
Für das Jahr 2009 erfolgte zunächst ebenfalls eine gemeinsame Veranlagung der Eheleute, die eine Steuererstattung von rd. 11.711 EUR zur Folge hatte. Die nachfolgende Einzelveranlagung der Ehepartner führte zu einer Steuererstattung auf Seiten der Ehefrau S. i.H.v. 1.507 EUR, die in die Insolvenzmasse flossen.
Aufgrund getrennt durchgeführter Veranlagung für das Steuerjahr 2010 floss der Insolvenzmasse der Ehefrau S. ein Betrag von 1.587 EUR zu. Bei gemeinsamer Veranlagung - unter Berücksichtigung des Verlustvortrages des Antragsgegners - würde sich ein um etwa 10.000 EUR höherer Betrag errechnen.
Die Antragstellerin hat daher die Zustimmung des Antragsgegners zur gemeinsamen steuerlichen Veranlagung für das Jahr 2010 beantragt.
Der Antragsgegner ist der Ansicht, dass der Verbrauch des Verlustvortrages für ihn einen Nachteil darstelle, da ihm die Möglichkeit genommen werde, die eigene Steuerlast in den kommenden Jahren zu reduzieren. Der Antragsgegner ist jetzt als Produktdesign-Ingenieur tätig und arbeitet nach seinen Angaben auch auslandsbezogen (Bl. 38 d.A.). Er hat vorgetragen, dass er im Jahr 2012 einen Gewinn von 140.000 EUR erzielt habe und erwarte, dass sich die Geschäfte weiter positiv entwickeln und der Gewinn steige.
Mit Beschluss vom 6.3.2013 hat das Familiengericht den Antragsgegner verpflichtet, der gemeinsamen steuerlichen Veranlagung für das Jahr 2010 zuzustimmen. Die Verpflichtung folge aus § 1353 Abs. 1 BGB. Der Antragsgegner sei seiner Ehefrau gegenüber verpflichtet, deren Schuldverpflichtung aus der Mithaftung für seine Geschäftskredite zu verringern. Der Einsatz des Verlustvortrages sei nach Treu und Glauben geboten, da e...