Entscheidungsstichwort (Thema)
Beweislast und Beweiswürdigung bei Verdacht auf ein vorgetäuschtes oder manipuliertes Unfallgeschehen
Normenkette
ZPO § 286
Tenor
I. Die Klägerin wird gemäß § 522 Abs. 2 ZPO darauf hingewiesen, dass die Berufung gegen das angefochtene Urteil offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg bietet, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil nicht erfordert und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist. Der Senat beabsichtigt deshalb, die Berufung aus den nachfolgenden Gründen ohne mündliche Verhandlung durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.
I. Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 3 Wochen, sofern die Berufung nicht aus Kostengründen innerhalb der genannten Frist zurückgenommen werden sollte.
II. Der Senat beabsichtigt, den Streitwert für den zweiten Rechtszug auf 5.765,22 EUR (5.020,76 EUR + 744,46 EUR Gutachterkosten) festzusetzen.
Gründe
Die Berufung der Klägerin hat im Sinne von § 522 Abs. 2 ZPO offensichtlich keinen Erfolg. Auf die zutreffenden Ausführungen des angefochtenen Urteils wird Bezug genommen. Die Ausführungen der Klägerin aus der Berufungsbegründung vom 2.6.2016 rechtfertigen keine andere Entscheidung.
Die Klägerin hat die gemäß §§ 7, 17 StVG, 823 Abs. 1 BGB i.V.m. § 115 VVG geltend gemachten Schadensersatzansprüche aufgrund des behaupteten Parkplatzunfalls vom 29.9.2014 nicht bewiesen. Auf die zutreffende Beweiswürdigung des LG wird Bezug genommen.
Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 286 ZPO) berechtigt das Gericht, die im Prozess gewonnenen Erkenntnisse grundsätzlich nach seiner individuellen Einschätzung zu bewerten, wobei der Richter lediglich an die Denk- und Naturgesetze sowie sonstigen Erfahrungssätze gebunden ist. Ein Verstoß gegen diese Grundsätze ist nicht erkennbar. Infolge der Neuregelung in § 529 ZPO steht die Wiederholung der Beweisaufnahme außerdem nicht mehr im reinen Ermessen des Berufungsgerichts. Sie ist im Sinne eines gebundenen Ermessens vielmehr nur dann zulässig, wenn konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der erstinstanzlichen Feststellungen begründen und eine gewisse - nicht notwendig überwiegende - Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass im Fall der Beweiserhebung die erstinstanzlichen Feststellungen keinen Bestand mehr haben werden, sich also deren Unrichtigkeit herausstellt (vgl. Zöller-Heßler, ZPO, 31. Aufl. § 529 Rn. 3 + 4). Solche konkreten Anhaltspunkte werden mit der Berufung jedoch nicht vorgetragen.
Die ungewöhnliche Häufung von Beweisanzeichen kann die Feststellung rechtfertigen, dass sich ein Unfall entweder überhaupt nicht ereignet oder aber es sich um ein manipuliertes Unfallgeschehen handelt. Beweisanzeichen können sich zum Beispiel ergeben aus dem Unfallhergang, der Art der Schäden, der Art der beteiligten Fahrzeuge, Anlass der Fahrt, fehlende Kompatibilität, persönliche Beziehungen oder wirtschaftliche Verhältnisse (vgl. OLG Celle, Urteil vom 8.10.2015, NZV 2016, 275-276). Grundsätzlich obliegt es dem Geschädigten eines Verkehrsunfalls, die Verursachung des geltend gemachten Schadens durch das gegnerische Fahrzeug darzutun und zu beweisen. Die Haftung des Schädigers entfällt dann, wenn in ausreichendem Maße Umstände vorliegen, die die Feststellung gestatten, dass es sich bei dem Schadensereignis entweder überhaupt nicht um einen Unfall oder aber um ein manipuliertes Unfallgeschehen handelt. Im letzteren Fall scheitert ein Ersatzanspruch an der Einwilligung des Geschädigten. Den Nachweis, dass ein vorgetäuschter Unfall vorliegt, hat grundsätzlich der Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherung zu führen. Doch genügt für den Nachweis die "erhebliche Wahrscheinlichkeit" für unredliches Verhalten. Eine ungewöhnliche Häufung von Beweisanzeichen, die für eine Manipulation spricht, gestattet eine entsprechende Feststellung gemäß § 286 ZPO (vgl. BGH NJW 1978, 2154; KG Berlin, Urteil vom 29.4.2002, VersR 2003, 610-613).
Bei Heranziehung der oben genannten Maßstäbe drängen sich auch dem Senat - unter Berücksichtigung der gesamten Einwendungen der Beklagten - hier hinreichend gewichtige Indizien für ein fehlendes oder aber manipuliertes Unfallgeschehen auf. Unter Ziffer a bis h (vgl. S. 5-7 des angefochtenen Urteils) hat das LG entsprechende Beweisanzeichen aufgezählt, die hier für ein fehlendes oder aber manipuliertes Unfallgeschehen sprechen. Die Bekundungen des Zeugen W (Ehemann der Klägerin) vermögen der Klage nicht zum Erfolg zu verhelfen. Schließlich hat sich die Klägerin weder im ersten Rechtszug noch im Berufungsrechtszug auf das Zeugnis der vermeintlichen Schädigerin, Frau R, berufen, was in diesem Fall zur Glaubhaftmachung des behaupteten Unfallgeschehens nahe gelegen hätte. Unstreitig hatte sich der Ehemann der Klägerin - wie er selbst bekundet hat- nämlich die Daten von Frau R geben lassen und sogar notiert. Von dem Vorschaden aufgrund ei...