Leitsatz (amtlich)
1. Bei der Behauptung, der Geschädigte sei mit der Verletzung seines Rechtsgutes einverstanden gewesen, handelt es sich um den Einwand der fehlenden Rechtswidrigkeit. Ein solcher Rechtfertigungsgrund ist vom Schädiger bzw. im Falle der Direktklage von dessen Haftpflichtversicherung nach dem Maßstab des § 286 ZPO zu beweisen.
2. Die ungewöhnliche Häufung von Beweisanzeichen für eine Manipulation kann der unmittelbaren Überzeugungsbildung des Tatrichters dienen. Beweisanzeichen können sich z.B. ergeben aus dem Unfallhergang, der Art der Schäden, der Art der beteiligten Fahrzeuge, dem Anlass der Fahrt, fehlender Kompatibilität, den persönlichen Beziehungen oder wirtschaftlichen Verhältnissen. Selbst wenn es für jede einzelne verdächtige Feststellung bei separater Betrachtung eine unverfängliche Erklärung geben mag, kann deren durch Zufall nicht mehr lebensnah erklärbare Häufung die Schlussfolgerung auf ein gemeinsames betrügerisches Vorgehen zu Lasten des beklagten Versicherers begründen.
3. Ein wichtiges objektives Kriterium ist die fehlende Kompatibilität. Das ist bei einem Parkplatzunfall z.B. dann der Fall, wenn sich nach den Feststellungen des Sachverständigen die behauptete und skizzierte Kollisionsstellung der beteiligten Fahrzeuge mit einem üblichen Ausparkvorgang durch das unfallverursachende Fahrzeug nicht in Einklang bringen lässt. Wenn der Kläger daraufhin seinen Vortrag entsprechend anpasst, ist dies unplausibel.
4. Bei im Laufe des Prozesses festgestellten Vorschäden ist es nicht Aufgabe des Gerichts, den technisch und rechnerisch abgrenzbaren Schaden von Amts wegen zu ermitteln. Der Geschädigte hat vielmehr auszuschließen, dass Schäden gleicher Art und gleichen Umfangs zuvor vorhanden waren, Zweifel gehen insoweit zu seinen Lasten.
5. Bei gestellten Unfällen ist ein Parkplatzunfall zur Nachtzeit häufig anzutreffen. Bei einer solchen Konstellation sind Personenschäden nicht zu erwarten, außerdem können aufgrund der geringen Geschwindigkeiten Schäden dosiert beigebracht werden, sodass sich das Risiko für die Beteiligten deutlich minimiert.
Normenkette
BGB § 249 ff.; StVG § 7 Abs. 1, § 17; VVG § 115 Abs. 1 Nr. 1
Tenor
I. Der Kläger wird gemäß § 522 Abs. 2 ZPO darauf hingewiesen, dass die Berufung gegen das angefochtene Urteil offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg bietet, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil nicht erfordert und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist. Der Senat beabsichtigt deshalb, die Berufung aus den nachfolgenden Gründen ohne mündliche Verhandlung durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.
II. Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 3 Wochen, sofern die Berufung nicht aus Kostengründen innerhalb der genannten Frist zurückgenommen werden sollte.
III. Der Senat beabsichtigt, den Streitwert für den zweiten Rechtszug auf 11.322,07 EUR festzusetzen.
Gründe
I. Der Kläger beansprucht von der Beklagten Schadensersatz aufgrund eines behaupteten Verkehrsunfalls, der sich am Abend des 21.07.2016 auf dem Kundenparkplatz eines Spielcasinos in B. ereignet haben soll. Der Kläger trägt vor, das bei der Beklagten versicherte Fahrzeug Citroën Jumper, amtl. Kennzeichen: ... (Fahrer Zeuge I.) habe sein Fahrzeug BMW 530d xDrive Automatik (FIN: xxx; amtl. Kennzeichen: ...) im unteren rechten Bereich erheblich beschädigt. Er habe das Fahrzeug am 15.02.2015 erworben. Die Reparaturkosten inklusive Mehrwertsteuer betrügen 13.850,02 EUR, der Wiederbeschaffungswert 18.500,00 EUR und der Restwert des Fahrzeuges brutto 8.630,00 EUR.
Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 11.322,07 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.08.2016 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.171,76 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hat behauptet, es läge ein manipulierter Unfall vor.
Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Fahrers des klägerischen Fahrzeuges (Zeuge E.), des Zeugen I. sowie durch Einholung eines Sachverständigengutachtens.
Mit dem angefochtenen Urteil vom 06.08.2020 hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist das Landgericht davon überzeugt, dass hier ein manipulierter Unfall vorliegt. Dies folge aus der ungewöhnlichen Häufung von Beweisanzeichen.
Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers. Er rügt die Verletzung einer Hinweispflicht gem. § 139 ZPO. Eine Häufung von Indizien, die für eine Manipulation sprechen, läge nicht vor. Bei den von dem Sachverständigen ermittelten Vorschäden handle es sich um nicht offenbarungspflichtige Gebrauchsspuren wie z.B. Kratzer am Seitenspiegel. Die unfallbedingt eingetretenen Schäden seien davon wirtschaftlich unproblematisch abgrenzbar.
Der Kläger be...