Entscheidungsstichwort (Thema)
Maßgeblichkeit einer gesetzlichen Bestimmung zur Kostentragung im Innenverhältnis der Streitgenossen für die Kostenfestsetzung gegenüber dem Gegner
Normenkette
VVG § 101; ZPO §§ 59, 91 Abs. 1, §§ 104, 106
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten zu 2) wird der Kostenfestsetzungsbeschluss II des Landgerichts X vom ..., Az. ..., abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die von der Klägerin an die Beklagte zu 2) gemäß § 104 ZPO nach dem vollstreckbaren Beschluss des Einzelrichters der ... Zivilkammer des Landgerichts ... vom ... zu erstattenden Kosten werden auf 3.506,55 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem ... festgesetzt.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Gründe
I. Die Klägerin nahm die Beklagten auf Zahlung und Feststellung gerichtlich in Anspruch. Bei der Beklagten zu 2) handelt es sich um die Haftpflichtversicherung der Beklagten zu 1). Beide Beklagte waren im Prozess vor dem Landgericht durch dieselben Rechtsanwälte vertreten. Die Klägerin nahm die Klage gegen die Beklagte zu 2) in der mündlichen Verhandlung vom ... zurück. Mit Beschluss vom ... stellte das Landgericht gemäß § 278 Abs. 6 ZPO Zustandekommen und Inhalt eines Vergleichs zwischen den Parteien fest. Danach hat die Klägerin von den Gerichtskosten 80 %, von ihren eigenen außergerichtlichen Kosten, den außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) und den Kosten des Streithelfers jeweils 60 % sowie die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) in vollem Umfang zu tragen, die Beklagte zu 1) von den Gerichtskosten 20 % und von den außergerichtlichen Kosten der Klägerin 40 %. Im Übrigen sollte eine Kostenerstattung nicht erfolgen. Den Streitwert setzte das Landgericht (vorläufig) auf 37.839 EUR fest.
Mit Kostenfestsetzungsbeschlüssen vom ... hat die Rechtspflegerin des Landgerichts unter anderem die von der Beklagten zu 1) an die Klägerin zu erstattenden Kosten auf 1.089,29 EUR nebst Zinsen (Kostenfestsetzungsbeschluss I) und die von der Klägerin an die Beklagte zu 2) zu erstattenden Kosten in Höhe von 2.356,01 EUR nebst Zinsen (Kostenfestsetzungsbeschluss II) festgesetzt. Hierbei hat sie für die Kostenausgleichsberechnung die von den Rechtsanwälten der Beklagten geltend gemachten Gebühren nebst Auslagen in Höhe von 4.712,02 EUR brutto jeweils zur Hälfte auf die Beklagten zu 1) und 2) aufgeteilt. Gegen den ihren Prozessbevollmächtigten am ... zugestellten Kostenfestsetzungsbeschluss II wendet sich die Beklagte zu 2) mit ihrer am ... beim Landgericht eingegangenen sofortigen Beschwerde, mit der sie eine Heraufsetzung des erstattungsfähigen Betrages auf 3.506,55 EUR nebst Zinsen begehrt. Sie meint, dass sie die für den gemeinsamen Prozessbevollmächtigten entstandenen Gebühren nebst Auslagen mit Ausnahme der für den Vergleich angefallenen Einigungsgebühr erstattet verlangen kann, da sie gemäß § 101 VVG im Innenverhältnis zur Beklagten zu 1) verpflichtet sei, diese Kosten zu tragen. Die Rechtspflegerin hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen.
II. Die gemäß § 104 Abs. 3 Satz 1, § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde der Beklagten zu 2) hat in der Sache Erfolg. Die Beklagte zu 2) hat Anspruch auf eine Festsetzung der erstattungspflichtigen außergerichtlichen Kosten in der geltend gemachten Höhe.
Die Rechtspflegerin ist zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass bei Streitgenossen mit nur einem gemeinsamen Prozessbevollmächtigten als notwendige Kosten für den obsiegenden Streitgenossen grundsätzlich nur der seiner Beteiligung am Rechtsstreit entsprechende Bruchteil der Anwaltskosten festgesetzt werden kann, dessen Höhe sich nach dem Innenverhältnis der Streitgenossen und im Zweifel nach § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB bestimmt (ständige Rechtsprechung seit BGH, Beschluss vom 30. April 2003 - VIII ZB 100/02, NJW-RR 2003, 1217, 1218 unter 3.; vom 5. Juli 2006 - VIII ZB 53/05, WuM 2006, 529 Rn. 4; vom 20. Juni 2017 - VI ZB 55/16, WM 2017, 1611 Rn. 16). Allerdings hat der Bundesgerichtshof anerkannt, dass sich aus der gesetzlichen Verpflichtung eines Streitgenossen, die gesamten Prozesskosten endgültig zu tragen, eine auch für die Kostenfestsetzung maßgebliche anderweitige Bestimmung ergeben kann. Hat nämlich aufgrund der Regelungen für das Innenverhältnis der Streitgenossen einer von ihnen die gesamten Kosten des gemeinsamen Prozessbevollmächtigten zu tragen, sind dies die vom Gegner zu erstattenden Kosten (BGH, Beschluss vom 25. Oktober 2005 - VI ZB 58/04, NJW 2006, 774 Rn. 8). Die Erstattungspflicht umfasst auch die Erhöhungsgebühr für die gemeinsame Prozessführung nach Nr. 1008 VV RVG, wie der Bundesgerichtshof für den Verkehrshaftpflichtprozess entschieden hat (aaO). Es ist nicht ersichtlich, weshalb für den Arzthaftungsprozess und den dort beteiligten Haftpflichtversicherer etwas anderes gelten soll. § 101 VVG gilt hier in gleicher Weise (vgl. Katzenmeier in Laufs/Katzenmeier/Lipp, Arztrecht, 7. Aufl., X...