Leitsatz (amtlich)
1. Zum Umfang des Amtsermittlungsgrundsatzes nach § 26 FamFG bei der Beurteilung, ob eine Erbausschlagung für ein minderjähriges Kind gem. § 1643 Abs. 2 Satz 2 BGB familiengerichtlich zu genehmigen ist.
2. Nicht ausreichend ist es, allein gerichtsinterne Nachfragen bei verschiedenen Abteilungen des Gerichts vorzunehmen, wenn Anhaltspunkte für eine Überschuldung des Nachlasses bestehen, etwa durch vorausgegangene Erbausschlagungserklärungen näherer Verwandter des Kindes.
Verfahrensgang
AG Ratzeburg (Beschluss vom 05.10.2012) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Kindesmutter wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Ratzeburg vom 5.10.2012 aufgehoben und das Verfahren zur erneuten Entscheidung und Verhandlung an das AG Ratzeburg zurückverwiesen.
Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben, außergerichtliche Auslagen nicht erstattet.
Gründe
I. Aus der nichtehelichen Beziehung der Kindesmutter mit dem Kindesvater stammen die am 8.11.1996 und 22.11.2000 geborenen Kinder A und B. Die Kindesmutter übt die elterliche Sorge allein aus.
Nach dem Ableben des Großvaters der Kindesmutter, des Herrn G, am 6.9.2011, hat zunächst die Tochter des Verstorbenen, Frau E, als gesetzliche Erbin die Erbschaft durch Erklärung vom 20.10.2011 ausgeschlagen. Hierdurch fiel die Erbschaft an ihre volljährigen Kinder, Frau N sowie den Kindesvater, als Miterben. Frau N schlug mit Erklärung vom 20.10.2011 die Erbschaft sowohl für sich als auch gemeinsam mit Herrn M, dem Vater der Kinder X und Y, für diese Kinder aus. Bereits mit Erklärung vom 18.10.2011 hatte der Kindesvater seinerseits die Erbschaft für sich ausgeschlagen.
Kraft gesetzlicher Erbfolge waren damit die minderjährigen Kinder A und B Miterben geworden. Mit Erklärung vom 20.10.2011 hat die Kindesmutter in Vertretung der Kinder die Erbschaft für diese ausgeschlagen und zugleich die familiengerichtliche Genehmigung der Erbausschlagung beantragt.
Das Familiengericht hat A, da dieser bereits älter als 14 Jahre ist, mit Schreiben vom 14.12.2011 Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben und der Kindesmutter mit Verfügung vom gleichen Tag aufgegeben, weitere Informationen zu einer eventuellen Überschuldung des Nachlasses binnen zwei Wochen mitzuteilen. Zudem wurde der Kindesmutter Gelegenheit gegeben, zur beabsichtigten Bestellung eines Ergänzungspflegers für B Stellung zu nehmen. Das Familiengericht veranlasste zudem am 14.12.2011 Anfragen beim Schuldnerverzeichnis, beim Vollstreckungsgericht, beim Insolvenzgericht sowie beim Grundbuchamt hinsichtlich weiterer Informationen zum Nachlass. Vorgänge waren bei diesen Stellen nicht vorhanden, Grundbesitz auf den Namen des Verstorbenen wurde nicht ermittelt. Die Kindesmutter teilte mit Schreiben vom 22.2.2012 dem Familiengericht mit, dass sie keinen Kontakt zum Verstorbenen gehabt habe und ihr deshalb auch nicht bekannt sei, wovon er gelebt habe, ob Schulden existierten oder ob er andere Werte besessen habe. Mit Schreiben vom 22.2.2012 forderte das Familiengericht die Kindesmutter nochmals auf, die Überschuldung des Nachlasses in geeigneter Form nachzuweisen. Auf weitere Nachfragen des Gerichts reagierte die Kindesmutter nicht mehr. Die Neue Lübecker fragte als ehemalige Vermieterin beim Gericht an, ob Erben vorhanden seien. Auf gerichtliche Nachfrage teilte die Neue Lübecker mit, dass offene Forderungen gegen den Verstorbenen nicht bestünden. Das Familiengericht bestimmte für den 2.10.2012 Termin zur Anhörung der Kindesmutter und von A, zu dem niemand erschien.
Mit dem angefochtenen Beschluss vom 5.10.2012 versagte das Familiengericht die Erteilung der familiengerichtlichen Genehmigung für die Erbausschlagung. Ein Ergänzungspfleger war nicht bestellt. Das Familiengericht begründete die Entscheidung damit, dass die Kindesmutter nicht dargelegt habe, dass die Erbausschlagung dem Kindeswohl entspreche. Die Ermittlungen des Gerichts hätten keine Überschuldung aufgezeigt.
Gegen den ihr am 12.10.2012 zugestellten Beschluss hat die Kindesmutter mit Schreiben vom 19.10.2012, beim AG am gleichen Tag eingegangen, "Widerspruch" für die Kinder eingelegt.
Auf den Hinweis des Senats hat die Kindesmutter am 20.2.2013 die Zurückverweisung des Verfahrens an das Familiengericht beantragt.
II. Die gem. §§ 58 ff. FamFG statthafte und im Übrigen zulässige Beschwerde gegen die familiengerichtliche Entscheidung führt zur Aufhebung dieser Entscheidung und zur Zurückverweisung des Verfahrens an das Familiengericht gem. § 69 Abs. 1 S. 3 FamFG.
Zwar ist das Familiengericht zu Recht davon ausgegangen, dass die Erbausschlagung durch die alleinsorgeberechtigte Kindesmutter der familiengerichtlichen Genehmigung gem. § 1643 Abs. 2 S. 1 BGB bedarf, da die Erbschaft den Kindern durch die Ausschlagung des nicht vertretungsberechtigten Kindesvaters angefallen und damit der Ausnahmetatbestand des § 1643 Abs. 2 S. 2 BGB nicht einschlägig ist.
Allerdings leidet das familiengerichtliche Verfahren an einem wesentlichen Mangel. Das Familiengericht hat den Sach...