Verfahrensgang

LG Itzehoe (Beschluss vom 14.01.2016; Aktenzeichen 6 OH 13/13)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Die weiter erforderlichen Anordnungen werden dem LG übertragen.

 

Gründe

Die zulässige Beschwerde hat Erfolg.

Das selbständige Beweisverfahrens ist nicht beendet. Vielmehr ist, dem Antrag der Antragstellerin entsprechend, der Frage nachzugehen, ob die nach ihrer Darstellung für die Montage der von der Antragsgegnerin erworbenen Solaranlage mitgelieferten Gummiunterlagen technisch genügend gewesen sind oder nicht, ferner der Frage, ob die in der Installationsanweisung der Streithelferin (Anlage S 2, S. 12 u., Bl. 144), enthaltene Aussage, die Solarmodule könnten mit einem Wechselrichter mit oder ohne Transformator betrieben werden, dem Stand der Technik zum Zeitpunkt der Lieferung der Anlage entsprach oder nicht.

Gemäß § 485 Abs. 2 Nr. 1 ZPO kann, ist ein Rechtsstreit noch nicht anhängig, eine Partei die schriftliche Begutachtung durch einen Sachverständigen beantragen, wenn sie ein rechtliches Interesse daran hat, das u.a. der Zustand einer Sache festgestellt wird. Ein rechtliches Interesse ist anzunehmen, wenn die Feststellung der Vermeidung eines Rechtsstreits dienen kann.

Ein selbständiges Beweisverfahren dient danach nicht nur der Beweissicherung (§ 485 Abs. 1 ZPO), sondern auch dazu, eine umfassende Streiterledigung herbeizuführen oder diese jedenfalls vorzubereiten. Dieses Ziel lässt sich nur erreichen, wenn Streitfragen im Rahmen dieses Beweisverfahrens frühzeitig, konzentriert und umfassend geklärt werden. Entsprechend ist ein großzügiger Maßstab bei der Frage der Zulässigkeit von Fragen und Ergänzungsfragen anzulegen. Ergänzungsfragen nach Einholung eines schriftlichen Gutachtens ist in den Grenzen des Rechtsmissbrauchs bei einem rechtzeitig gestellten Antrag einer Partei auf Ergänzung des Gutachtens grundsätzlich stattgegeben, auch wenn das Gericht die bisherige Begutachtung für ausreichend hält (BGH NJW-RR 2001, 1431; Senatsbeschluss vom 4.11.2009, BauR 2010, 124, Rn. 3; Beschluss vom 2.2.2011, 16 W 15/11). Daneben ist auch der Begriff des rechtlichen Interesses im Sinne von § 485 Abs. 2 ZPO nach ganz herrschender Auffassung weit zu fassen ist. Namentlich ist es dem Gericht grundsätzlich verwehrt, im Rahmen des selbständigen Beweisverfahrens eine Schlüssigkeits- oder Erheblichkeitsprüfung vorzunehmen. Ein rechtliches Interesse kann nur dann verneint werden, wenn ein Rechtsverhältnis, ein möglicher Prozessgegner oder ein Anspruch nicht ersichtlich ist; dabei kann es sich nur um völlig eindeutige Fälle handeln, in denen evident ist, dass der behauptete Anspruch keinesfalls bestehen kann (BGH NJW 2004, 3488; Senat, Beschluss vom 10.3.2015, 16 W 28/15).

Dies vorausgeschickt, sind die von der Antragstellerin im Termin vom 30.10.2015 im Anschluss an die Anhörung des Sachverständigen aufgeworfenen Fragen zuzulassen.

Das selbständige Beweisverfahren betreibt die Antragstellerin um zu klären, worauf der spätere Leistungsabfall einer Solaranlage beruht, die sie, bei der Antragsgegnerin gekauft und von der Streithelferin geliefert, im Jahre 2009 auf dem Dach ihres Kunden installiert hat. Der Sachverständige, der (im Ergänzungsgutachten vom 16.3.2015) als Ursache eine (zu) direkte Auflage auf den Montageprofile in Kombination mit der Verwendung nicht negativ geerdeter Wechselrichter ausgemacht hatte, hat (zu Protokoll vom 30.10.2015, S. 3, Bl. 277) ausgeführt, er gehe davon aus, dass die (nach den zugrunde zu legenden Angaben der Antragstellerin mit der Anlage mitgelieferte) Gummiunterlage "so dünn war, dass die Feuchtigkeit dann dazu führen konnte, dass es zur Übertragung gekommen ist"; ferner hat er angegeben, er gehe davon aus, dass der aus seiner Sicht sachlich nicht richtige Hinweis in der Installationsanleitung, die Module könnten mit einem Wechselrichter mit und ohne Transformator betrieben werden "damals (also im Jahr 2009) Stand der Technik" gewesen sei (Protokoll S. 5, Bl. 279); falsch ist nach seiner Darstellung diese Angabe, weil (vgl. Protokoll S. 4, Bl. 278) die für erforderlich befundene negative Erdung nur bei Wechselrichtern mit Transformator möglich ist.

In beiderlei Hinsicht hat der Sachverständige damit ersichtlich eine erschöpfende Beurteilung nicht abgeben können. An einer finiten Klärung hat indes die Antragsstellerin, wie die Beschwerde mit Recht geltend macht, eine rechtliches Interesse. Wenn nämlich die mitgelieferten Gummiunterlagen von vornherein zu dünn gewesen sind, so liegt nicht eben fern, dass der von der Antragsgegnerin verkauften Sache insoweit ein Sachmangel anhaftet, nämlich ein mitgelieferter betriebswesentlicher Teil im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung nicht (gänzlich oder nicht dauerhaft) eignete. Wenn des Weiteren die vom Hersteller der Solarmodule S. GmbH im März 2014 verbreitete Erkenntnis, dass bei den hier verkauften Modulen zur Vermeidung von Leistungsverlusten der Wechselrichter nega...

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