Entscheidungsstichwort (Thema)

Berücksichtigung von deliktischen Zinsen bei der Streitwertbemessung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Deliktische Zinsen sind - auch wenn sie mit gesondertem Antrag in einer Summe geltend gemacht werden - in der der Regel Nebenforderung und erhöhen den Streitwert nicht.

2. Nur wenn Zinsen ausnahmsweise alleine oder in Verbindung mit einer Hauptforderung, die hinter dem Zinsbetrag zurückbleibt, geltend gemacht werden, ist der Anspruch ganz oder teilweise (soweit dieser die Hauptforderung übersteigt) streitwerterhöhend zu berücksichtigen.

3. Unabhängig davon sollte ein "fiktiver Streitwert bei der Kostenquotelung angenommen werden, sofern die Zinsen als Nebenforderung 10 % der Hauptsache überschreiten".

 

Normenkette

BGB § 849; GKG § 39 Abs. 1, § 68; RVG § 32 Abs. 2; ZPO § 4 Abs. 1

 

Tenor

Die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 15.06.2020 gegen den Streitwertbeschluss des Einzelrichters der 10. Zivilkammer des Landgerichts Lübeck vom 18.05.2020 wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

Die zulässige Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen die erstinstanzliche Streitwertfestsetzung (§ 32 Abs. 2 RVG i. V. m. § 68 GKG), der das Landgericht durch Beschluss vom 26.06.2020 nicht abgeholfen hat, erweist sich als unbegründet.

Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer sind die geltend gemachten deliktischen Zinsen aus § 849 BGB, auch wenn sie - wie hier - ausgerechnet und in einer Summe geltend gemacht worden sind, Nebenforderung im Sinne von § 4 Abs. 1 2. Hs. ZPO.

Gemäß § 4 Abs. 1 2. Hs ZPO bleiben bei der Bestimmung des Streitwertes u.a. Zinsen unberücksichtigt, sofern sie lediglich als Nebenforderungen geltend gemacht werden. So verhält es sich hier, denn als Hauptforderung wurde mit dem Antrag Ziffer 1 der Betrag geltend gemacht, aus dem sich die deliktischen Zinsen berechnen, nämlich der Kaufpreis des streitgegenständlichen Fahrzeuges in Höhe von 16.000,00 EUR.

An der Einordnung als Nebenforderung ändert sich weder etwas dadurch, dass die Zinsen ausgerechnet worden sind, noch dadurch, dass es sich bei der Forderung nach Zinsen aus § 849 BGB um einen Schadenersatzanspruch handelt (vgl. Wieczorek/Schütze-Krouis, ZPO, 4. Aufl. 2015, Bd. I/1, § 4, Rn. 26/27 m.w.N.).

Nur dann, wenn die Zinsen alleine oder in Verbindung mit einer Hauptforderung, die hinter dem Betrag, auf den die deliktischen Zinsen berechnet worden sind, zurückbleibt, geltend gemacht werden, ist der Anspruch aus § 849 BGB ganz oder teilweise streitwerterhöhend zu berücksichtigen.

Dies entspricht auch der Rechtsprechung anderer Oberlandesgerichte, beispielsweise des OLG Stuttgart (13 U 13/19, Urteil vom 12.12.2019; 13 U 229/19, Urteil vom 12.03.2020) und OLG Köln (1 U 83/19, Urteil vom 27.03.2020).

Soweit in den genannten Entscheidungen von einem "fiktiven" Streitwert die Rede ist, bei dessen Bildung die geltend gemachten deliktischen Zinsen zu berücksichtigen seien, ist dies allein für die Bildung der Kostenquote von Relevanz. Damit soll der Tatsache Rechnung getragen werden, dass Nebenforderungen, sofern sie 10 % der Hauptsache (oder mehr) betragen, bei der Kostenquotelung Berücksichtigung finden sollen (vgl. Zöller-Herget, ZPO, 33. Aufl., § 92, Rn. 11 m.w.N.). Diesen Ansatz hält im Übrigen auch der Senat für zutreffend.

Die Nebenentscheidungen folgen aus § 68 Abs. 3 GKG.

 

Fundstellen

Haufe-Index 14318872

JurBüro 2021, 257

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