Entscheidungsstichwort (Thema)
Reisekosten für den Prozesskostenhilfe-Anwalt
Leitsatz (amtlich)
Der am OLG zugelassene Rechtsanwalt, der seine Kanzlei nicht am Gerichtsort hat und im Rahmen der bewilligten Prozesskostenhilfe beigeordnet worden ist, erhält nach altem Recht keine Reisekosten für die Wahrnehmung des Verhandlungstermins.
Verfahrensgang
AG Meldorf (Beschluss vom 23.08.2004; Aktenzeichen 13 F 56/03) |
Tenor
Die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten des Beklagten gegen den Beschluss des AG - FamG - Meldorf vom 23.8.2004 - 13 F 56/03 - wird zurückgewiesen.
Gründe
Der beim OLG Schleswig zugelassene, in Albersdorf/Dithmarschen kanzleiansässige Prozessbevollmächtigte des Beklagten, der diesem im Rahmen der am 13.7.2004 bewilligten Prozesskostenhilfe beigeordnet worden ist, verlangt die Vergütung von Fahrtkosten und Abwesenheitsgeld aus der Landeskasse für den am 15.7.2004 beim OLG Schleswig wahrgenommenen Verhandlungstermin.
Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat die Vergütung abgelehnt. Die dagegen erhobene Erinnerung hat der Richter durch Beschluss vom 23.8.2004 zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten.
Die Beschwerde ist gem. § 128 Abs. 4 S. 1 BRAGO zulässig, denn der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 50 Euro. Die geltend gemachten Fahrkosten betragen 32,40 Euro, das Abwesenheitsgeld macht 15 Euro aus; zzgl. 16 % Umsatzsteuer ergeben sich 54,98 Euro.
§ 128 BRAGO ist ebenso wie die für die Festsetzung von Reisekosten der im Rahmen der Prozesskostenhilfebewilligung beigeordneten Rechtsanwälte maßgebliche Bestimmung des § 126 BRAGO anwendbar. Die BRAGO ist zwar in Artikel 3 des Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts vom 5.5.2004 (BGBl. I, 718) seit dem 1.7.2004 durch das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) ersetzt worden. Da der Prozessbevollmächtigte des Beklagten im Zeitpunkt des Inkrafttretens des RVG in dem Berufungsrechtszug schon tätig war - die nicht von der Bewilligung von Prozesskostenhilfe abhängig gemachte Berufung ist am 9.12.2003 eingelegt worden - ' ist altes Recht anzuwenden (§§ 60 Abs. 1 S. 2, 61 Abs. 1 S. 2 RVG; Hartmann, Kostengesetze, 34. Aufl., § 60 RVG Rz. 28 ff.).
Die Beschwerde ist unbegründet.
Nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut des § 126 Abs. 1 S. 2 erster Halbsatz BRAGO sind Mehrkosten, die dadurch entstehen, dass der Rechtsanwalt seinen Wohnsitz oder seine Kanzlei nicht an dem Ort hat, an dem sich das Prozessgericht befindet, nicht zu vergüten. Eine Ausnahme besteht nach dem zweiten Halbsatz dieser Vorschrift nur, wenn ein Rechtsanwalt beigeordnet wird, der weder bei dem Prozessgericht noch bei einem Gericht zugelassen ist, das sich an demselben Ort wie das Prozessgericht befindet.
Demnach ist die Vergütungsfähigkeit der Reisekosten eines beigeordneten, beim Prozessgericht zugelassenen auswärtigen Anwalts selbst in den Fällen verneint worden, in denen das Prozessgericht zuvor die Erforderlichkeit der Reise des Rechtsanwalts festgestellt hatte (OLG München v. 5.1.1998 - 11 WF 1365/97, MDR 1998, 439 = OLGReport München 1998, 194). Das ist auch für Fälle entschieden worden, in denen - anders als früher in Schleswig-Holstein - ein Rechtsanwalt simultan bei einem LG und einem OLG zugelassen ist, in der Berufung beim OLG tätig wird und seine Kanzlei nicht an dem Ort hat, an dem sich das OLG befindet (OLG Bamberg JurBüro 1986, 606; OLG Stuttgart, Beschl. v. 27.10.1987 - 17 UF 171/86, Justiz 1988, 160).
Dabei kommt es anders als der Beschwerdeführer meint nicht darauf an, dass seine Beiordnung ohne die Einschränkung "zu den Bedingungen eines Schleswiger Anwaltes" erfolgt ist. Eine solche Einschränkung ist nur erforderlich, um die Anwendung der Ausnahmevorschrift des § 126 Abs. 1 S. 2 zweiter Halbsatz BRAGO - die Vergütung von Reisekosten eines nicht bei dem Prozessgericht zugelassenen Rechtsanwalts - dadurch auszuschließen, dass der Weg für die Anwendung des ersten Halbsatzes der Vorschrift frei wird (BGH v. 23.6.2004 - XII ZB 61/04, BGHReport 2004, 1371 = FamRZ 2004, 1362 = NJW 2004, 2749 unter Ziff. 2b; LAG München v. 20.2.2002 - 10 Ta 325/00, MDR 2002, 1277 [1278]; a.E.). Der Beschwerdeführer fällt als "Schleswiger Anwalt" unmittelbar unter § 126 Abs. 1 S. 2 erster Halbsatz BRAGO.
Dem Ausschluss der Mehrkosten von der Vergütung des auswärtigen, am Prozessgericht zugelassenen PKH-Anwalts steht nach Auffassung des Senats auch nicht entgegen, dass der bei dem Prozessgericht nicht zugelassene, gleichwohl im Rahmen der Prozesskostenhilfebewilligung uneingeschränkt beigeordnete Rechtsanwalt gem. § 126 Abs. 1 S. 2 zweiter Halbsatz i.V.m. Abs. 1 S. 1 BRAGO Reisekosten vergütet erhält, wenn sie zur sachgemäßen Wahrnehmung der Interessen der Partei erforderlich waren. Zwar ist seit dem am 1.1.2000 in kraft getretenen Gesetz zur Neuordnung des Berufsrechts der Rechtsanwälte und der Patentanwälte vom 2.9.1994 (BGBl. I, 2278) und dessen Änderungsgesetz vom 17.12.1999 (BGBl. I, 2448) die Postulationsfähigkeit der Rechtsanwälte bei den LG auf all...