Entscheidungsstichwort (Thema)
Verbraucherinformationspflichten einer fondsgebundenen Rentenversicherung bei Vertragsschluss gemäß § 10a VAG i.V.m. Teil D Abschnitt I der Anlage zum VAG; Ausübung eines Widerspruchsrechts gemäß § 5a VVG
Leitsatz (amtlich)
1. Ein ausländisches Rentenversicherungsunternehmen war nicht gemäß Abschnitt I Ziff. 1 lit. i) der Anlage Teil D zum VAG a.F. verpflichtet, über seine fehlende Zugehörigkeit zu einem Sicherungsfonds zu informieren (nicht tragend).
2. Der Ausübung eines Widerspruchsrechts gemäß § 5a VVG a.F. kann der Grundsatz von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB in der Ausprägung des Verbots widersprüchlichen Verhaltens jedenfalls im Zusammenhang mit weiteren Umständen entgegenstehen, wenn eine Versicherungsnehmerin nicht nur um die Wiederaufnahme eines wegen Zahlungsrückstands beitragsfrei gestellten, fondsgebundenen Rentenversicherungsvertrags gebeten, sondern weiterhin eine erhebliche Zuzahlung beantragt hat.
Normenkette
BGB § 242; VAG Anlage Teil D Nr. 1 Fassung: 2007-03-26; VAG § 10a Fassung: 2007-03-26; VVG §§ 5a, 8
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Einzelrichters der 12. Zivilkammer des Landgerichts Kiel vom 19.11.2020 gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil erfordert und auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.
Gründe
I. Die Klägerin wendet sich gegen die Abweisung ihrer auf Rückabwicklung einer fondsgebundenen Rentenversicherung gerichteten Klage.
Unter dem 11. September 2007 beantragte die Klägerin gegenüber der Beklagten, einem Versicherungsunternehmen mit Sitz in Liechtenstein, den Abschluss einer fondsgebundenen Rentenversicherung. Vorgesehen war eine Beitragszahlung von 240,00 EUR monatlich bei einer Beitragszahldauer von 15 Jahren und einer Versicherungsdauer von 50 Jahren. Die Sparraten sollten in den "xxx"-Fonds investiert werden. Das Antragsformular (Anlage K1, Bl. 20) enthält zwei Unterschriftenfelder. Oberhalb des zweiten Feldes heißt es:
"Mir ist bekannt, dass ich innerhalb einer Frist von 30 Tagen nach Abschluss des Vertrages vom Vertrag zurücktreten kann. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung der Rücktrittserklärung. Ich bestätige, dass ich eine Durchschrift meines Antrages, die Versicherungsbedingungen und die Verbraucherinformationen für die fondsgebundene Rentenversicherung erhalten habe."
In der der Klägerin überlassenen Verbraucherinformation findet sich kein Hinweis auf die (Nicht-)Zugehörigkeit der Beklagten zu einem Sicherungsfonds. Die Information über den ausgewählten Fonds ist in einem mit "Erhöhtes Risiko - d.h. hohe Kursänderungs- bzw. Devisenkursrisiken verbunden mit erhöhten Ertragschancen; hoher Aktienanteil" überschriebenen Abschnitt der "Fondsinformationen" enthalten. Sie enthält einen Hinweis darauf, dass das Anlagekonzept des Fonds - eines sogenannten Dachfonds - auf den Erwerb anderer Sondervermögen (Zielfonds) abziele. Das seien vor allem solche Fonds, die in der Vergangenheit eine "überdurchschnittliche Performance" erzielt hätten (Anlage K 2, Bl. 23).
Die Klägerin leistete in den folgenden Jahren die vereinbarten Beiträge. Bereits im November 2007 beantragte sie eine Zuzahlung von 10.000,- EUR. Im Laufe der Zeit beantragte sie mehrfach Teilauszahlungen und wechselte die Fonds, in die investiert werden sollte.
Im August 2011 fiel der Klägerin auf, dass die Beklagte die Beiträge nicht in den vereinbarten Fonds, sondern in den "yyy"-Fonds investierte. Sie bestand, nachdem die Beklagte den Fehler eingeräumt hatte, nicht auf einer rückwirkenden Änderung, sondern ließ die Investition bestehen.
Nach einer Mahnung der Beklagten wegen Beitragsrückständen, wurde die Versicherung im Februar 2015 beitragsfrei gestellt. Unter dem 10. September 2015 bat die Klägerin um "Wiederaufnahme des Vertrags" und beantragte eine Zuzahlung von 75.000,- EUR.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 25. Januar 2017 erklärte die Klägerin den Widerspruch, hilfsweise den Rücktritt vom Vertrag.
Sie hat die Auffassung vertreten, dass die ihr überlassene Verbraucherinformation nicht ausreichend gewesen sei. Es fehlten Angaben über die Zugehörigkeit zu einem Sicherungsfonds und zur Gesamtbeitragshöhe. Außerdem sei die Information über den ausgewählten Fonds ungenügend gewesen. Jedenfalls sei die Rücktrittsbelehrung nicht ausreichend deutlich hervorgehoben gewesen.
Die Beklagte ist dem entgegengetreten. Sie hat Verbraucherinformation und Belehrung für ausreichend gehalten. Überdies sei die Klägerin nach dem Grundsatz von Treu und Glauben an der Ausübung des Widerspruchsrechts gehindert gewese...