Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Beschwerdebefugnis des Bezirksrevisors gegen einen Beschluss, mit dem die Vergütung der Ergänzungspflegerin gegen den vormaligen Pflegling festgesetzt worden ist / Feststellung der Berufsmäßigkeit der Ergänzungspflegschaft als Voraussetzung für die entsprechende Vergütung
Leitsatz (amtlich)
1. Gegen einen Beschluss, mit dem die Vergütung der Ergänzungspflegerin gegen den vormaligen Pflegling festgesetzt worden ist, steht dem Bezirksrevisor als Vertreter der Landeskasse keine Beschwerdebefugnis zu.
2. Die durch förmliche Zustellung bewirkte Bekanntgabe an eine nicht verfahrensfähige Person ist unwirksam. Zustellungen sind vielmehr an den gesetzlichen Vertreter vorzunehmen.
3. Enthält der Beschluss über die Bestellung eines Ergänzungspflegers keine Feststellung, dass die Ergänzungspflegschaft berufsmäßig geführt wird, so wird die Ergänzungspflegschaft grundsätzlich unentgeltlich geführt.
4. Fehlt es im Beschluss über die Bestellung eines Ergänzungspflegers an der Feststellung der Berufsmäßigkeit, kommt lediglich die Bewilligung einer angemessenen Vergütung nach den §§ 1915, 1836 Abs. 2 BGB in Betracht.
Normenkette
BGB § 1836 Abs. 1-2; FamFG § 15 Abs. 2, § 59 Abs. 1; ZPO § 170 Abs. 1
Tenor
I. Die Beschwerde des Bezirksrevisors bei dem Landgericht Flensburg als Vertreter der Landeskasse wird als unzulässig verworfen.
II. Auf die Beschwerde des vormaligen Pfleglings vom 16. September 2020 wird die Sache unter Aufhebung des Beschlusses des Amtsgerichts - Familiengericht - Niebüll vom 30. April 2020 an das Amtsgericht - Familiengericht - Niebüll zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen.
III. Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben; außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.
IV. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.880,47 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens ist die mit Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Niebüll vom 30. April 2020 gegen den vormaligen Pflegling förmlich festgesetzte Vergütung der Ergänzungspflegerin.
Für den vormaligen Pflegling bestand eine Amtsvormundschaft, welche durch den Kreis X. ausgeübt wurde. Auf Anregung des Amtsvormunds wurde mit Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Niebüll vom 23. März 2018 eine Ergänzungspflegschaft angeordnet und Frau Rechtsanwältin ... als Ergänzungspflegerin bestellt. Der Wirkungskreis der Ergänzungspflegschaft betraf ausweislich des Beschlusses die Abwicklung der Erbengemeinschaft mit .... Die Berufsmäßigkeit der Ergänzungspflegschaft wurde in dem Beschluss nicht festgestellt.
Nach Akteneinsicht teilte die Ergänzungspflegerin mit Schreiben vom 12. April 2018 mit, dass neben der Erbengemeinschaft mit ... aufgrund des Versterbens der ... eine weitere Erbengemeinschaft mit ... bestehe. Vor diesem Hintergrund regte die Ergänzungspflegerin an, den Wirkungskreis der Ergänzungspflegschaft entsprechend zu erweitern.
Daraufhin wurde der Wirkungskreis der Ergänzungspflegschaft mit Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Niebüll vom 12. Mai 2018 um den Wirkungskreis Nachlassabwicklung der Erbengemeinschaft mit ... erweitert und auch insoweit Frau Rechtsanwältin ... als Ergänzungspflegerin bestellt. Auch in diesem Beschluss wurde die Berufsmäßigkeit der Ergänzungspflegschaft nicht festgestellt.
Die Ergänzungspflegerin wurde nachfolgend für den Pflegling in dem angeordneten Wirkungskreis tätig. ...
Am 17. Juli 2019 wurde der Pflegling volljährig. Daraufhin wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Niebüll (Az. ...) Frau ... als Mitarbeiterin des Betreuungsvereins ... zur Betreuerin für den vormaligen Pflegling mit dem Aufgabenkreis "alle Angelegenheiten incl. Entgegennahme, Öffnen und Anhalten der Post" bestellt. Der entsprechende Betreuerausweis wurde am 17. Juli 2019 ausgestellt.
Mit Schreiben vom 29. August 2019 übersandte die Ergänzungspflegerin ihren Schlussbericht und beantragte die Festsetzung einer Vergütung für ihre Tätigkeit in Höhe von insgesamt 3.880,47 Euro. Diese setzte sich aus einer 1,3 Geschäftsgebühr nach einem Gegenstandswert von 300.000,00 Euro nebst Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer zusammen.
Auf die Bitte des Amtsgerichts - Familiengericht - Niebüll vom 15. Oktober 2019 nahm der Bezirksrevisor ... mit Schreiben vom 22. November 2019 zu der Frage Stellung, ob eine Vergütung der Ergänzungspflegerin gegen die Staatskasse festgesetzt werden könne, sowie zu der Frage, ob Gerichtskosten für das Verfahren zu erheben seien. Zu einer Festsetzung der Vergütung der Ergänzungspflegerin wies der Bezirksrevisor ... darauf hin, dass der Vergütungsantrag der Ergänzungspflegerin zurückzuweisen sei, da bei der Bestellung der Ergänzungspflegerin die Berufsmäßigkeit der Ergänzungspflegschaft jeweils nicht festgestellt worden sei. Eine Berichtigung der Beschlüsse vom 23. März 2018 und vom 12. Mai 2018 wegen offensichtlicher Unrichtigkeit scheide vorliegend aus, da weder der Beschluss vom 23. März 2018 noch der Besch...