Entscheidungsstichwort (Thema)

Kostenmischentscheidung. Verfahrenskosten in Abstammungssachen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Teile einer Kostenmischentscheidung sind isoliert anfechtbar, auch wenn sich der angefochtene Teil der Entscheidung lediglich auf die Quote einer einheitlichen Kostenentscheidung ausgewirkt hat. Dies gilt nicht nur für die Fälle, in denen nur ein Teil einer einheitlichen Kostenentscheidung isoliert anfechtbar ist, sondern auf für die Fälle, in denen gegen eine einheitliche Kostenentscheidung unterschiedliche Rechtsmittel gegeben sind wie im Falle einer einheitlichen Kostenentscheidung für ein Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit und einer Familienstreitsache nach Antragsrücknahme.

2. § 81 Abs. 3 FamFG, wonach einem minderjährigem Beteiligten in Verfahren, die seine Person betreffen, Kosten nicht auferlegt werden können, gilt auch für Abstammungssachen.

 

Normenkette

FamFG §§ 81, 83

 

Verfahrensgang

AG Oldenburg (Oldenburg) (Entscheidung vom 10.11.2011; Aktenzeichen 26 F 40/11)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1) wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Oldenburg i. H. vom 10. November 2011 dahin geändert, dass der Beteiligten zu 1) die Kosten des ersten Rechtszuges zu 70 % und der Beteiligten zu 3) zu 30 % auferlegt werden.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Beteiligte zu 3).

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I.

Das antragstellende Kind, die Beteiligte zu 1), wurde am 13.2.2009 außerhalb einer Ehe geboren. Die Kindesmutter, die Beteiligte zu 3), hatte während der gesetzlichen Empfängniszeit mit mehreren Männern Geschlechtsverkehr. Nachdem der Mann, der die Vaterschaft zunächst anerkannt hatte, seine Vaterschaft erfolgreich angefochten hatte, nahm die Beteiligte zu 1) den Beteiligten zu 2), mit dem die Beteiligte zu 3) in der gesetzlichen Empfängniszeit einmal Geschlechtsverkehr gehabt hatte, auf Feststellung der Vaterschaft in Anspruch. Sie nahm ihn ferner auf Zahlung des Mindestunterhaltes abzüglich des hälftigen Kindergeldes für die Zeit ab ihrer Geburt in Anspruch. Nachdem ein im Verfahren eingeholtes Sachverständigengutachten ergab, dass die Vaterschaft des Beteiligten zu 2) auszuschließen ist, nahm die Beteiligte zu 1) ihre Anträge zurück.

Das Amtsgericht - Familiengericht - Oldenburg i. H. erlegte der Beteiligten zu 1) durch Beschluss vom 10.11.2011 die Kosten des Verfahrens auf.

Gegen die Auferlegung der Kosten, soweit sie das Abstammungsverfahren betreffen, hat die Beteiligte zu 1) Beschwerde eingelegt. Sie macht geltend, einem minderjährigen Beteiligten könnten in Verfahren, die seine Person beträfen, keine Kosten auferlegt werden. Dies gelte auch für Abstammungsverfahren.

II.

Die Beschwerde ist gemäß §§ 58 ff. FamFG zulässig. Kostenentscheidungen in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit sind gemäß §§ 58 ff. FamFG anfechtbar (vgl. Zöller, ZPO § 58 FamFG Rn. 5). Hierzu zählen Abstammungsverfahren. Der gemäß § 61 Abs. 1 FamFG erforderliche Beschwerdewert ist erreicht.

Die Beteiligte zu 1) hat darüber hinaus in zulässiger Weise ihre Beschwerde auf den Teil der Kostenentscheidung beschränkt, der auf das Abstammungsverfahren entfällt. Teile einer Kostenmischentscheidung sind isoliert anfechtbar, auch wenn sich die isolierte Anfechtung lediglich auf die Quote einer einheitlichen Kostenentscheidung ausgewirkt hat (vgl. BGH FamRZ 2007, 893). Die Kostenentscheidung, soweit sie auf das Abstammungsverfahren entfällt, ist nach §§ 58 ff. FamFG anfechtbar. Die Kostenentscheidung, soweit sie auf das durch Antragsrücknahme beendete Unterhaltsverfahren bezieht, wäre nach § 113 Abs. 1 FamFG, §§ 269 Abs. 5 Satz 1, 567 ff. ZPO anfechtbar (vgl. BGH FamRZ 2011, 1933). Der isolierten Anfechtung eines Teils einer einheitlichen Kostenentscheidung steht nicht entgegen, dass dies zu einer Aufgliederung der angefochtenen Kostenentscheidung führt. Das Beschwerdegericht ist regelmäßig in der Lage, den angefochtenen Teil von dem übrigen Teil der einheitlichen Kostenentscheidung abzugrenzen und eine ggf. abweichende Bewertung des angefochtenen Teils bei der Bemessung einer neuen einheitlichen Kostenentscheidung zu berücksichtigen (vgl. BGH FamRZ 2007, 893). Auch die dadurch entstehende Gefahr einer Doppelanfechtung im Wege der Beschwerde einerseits und der sofortigen Beschwerde andererseits kann nicht dazu führen, einer Partei das Rechtsmittel zu nehmen, das ihr nach dem Willen des Gesetzgebers zustehen soll (vgl. BGH FamRZ 2007, 893 für Berufung und Beschwerde). Diese vom Bundesgerichtshof entwickelten Grundsätze gelten nicht nur in den Fällen, in denen ein Teil einer einheitlichen Kostenentscheidung isoliert anfechtbar und der andere Teil nicht isoliert anfechtbar ist, sondern auch für die Fälle, in denen gegen eine einheitliche Kostenentscheidung unterschiedliche Rechtsmittel gegeben sind.

Die Beschwerde ist begründet.

Ob einem minderjährigen Beteiligten in Abstammungsverfahren Kosten auferlegt werden können oder ob in diesen Fällen § 81 Abs. 3 FamFG eingreift, wonach einem...

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