Entscheidungsstichwort (Thema)
Rücknahme oder Widerruf der Annahmeerklärung eines gerichtlich vorgeschlagenen Vergleichs
Normenkette
ZPO § 278 Abs. 6; BGB § 130 Abs. 1
Tenor
Der Senat stellt gemäß § 278 Abs. 6 Satz 1 Alt. 2, Satz 2 ZPO fest, dass die Parteien zur Erledigung des Rechtsstreits folgenden Vergleich geschlossen haben:
1. Die Beklagten verpflichten sich, als Gesamtschuldner die Ergebnisse des Drogenschnelltests vom 08.12.2011 aus dem in der Patientendokumentation der Klinik... befindlichen Arztbrief vom 09.12.2011 zu entfernen, d.h. folgende Passage zu entfernen:
"Normale Werte: Benzodiapene: negativ ng/ml, Barbiturate: negativ ng/ml, Kokain positiv ng/ml, Cannabis: negativ ng/ml, Amphetamine: negativ ng/ml, Opiate: negativ ng/ml, Methadon: negativ ng/ml"
2. Die Beklagten verpflichten sich weiter als Gesamtschuldner, die Ergebnisse des Drogenschnelltests vom 08.12.2011 aus dem Arztbrief vom 09.12.2011 zu entfernen, soweit dieser bereits an andere Stellen innerhalb des... übermittelt worden ist, insbesondere an die..., und soweit der Arztbrief als elektronische Datei gespeichert ist, insbesondere im krankenhausinternen Informationssystem...
3. Die Beklagten verpflichten sich als Gesamtschuldner es zu unterlassen, die Durchführung und die Ergebnisse des beim Kläger am 08.12.2011 durchgeführten Drogenschnelltests an Dritte mitzuteilen, auch dann wenn eine ärztliche Schweigepflichtsentbindung des Klägers hinsichtlich des stationären Aufenthalts im Klinikum der Beklagten zu 1) vom 07. bis 10.12.2011 erteilt werden sollte.
4. Im Übrigen verbleibt es beim Inhalt der über den Kläger geführten Patientendokumentation über den stationären Aufenthalt im Klinikum der Beklagten zu 1) vom 07. bis 10.12.2011.
5. Die Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs werden gegeneinander aufgehoben.
Gründe
I. Der Kläger verlangt von den Beklagten die Unterlassung der Weitergabe von Informationen über die Durchführung und das Ergebnis eines Drogenschnelltests sowie die diesbezügliche Datenlöschung und Streichung in den ärztlichen Unterlagen. Darüber hinaus verlangt er Schmerzensgeld.
Mit Urteil vom 18.03.2016 hat das LG Kiel die Klage abgewiesen. Zur Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.
Gegen das erstinstanzliche Urteil hat der Kläger form- und fristgerecht Berufung eingelegt.
Mit Beschluss vom 23.01.2017 hat der Senat den Parteien zur Erledigung des Rechtsstreits einen schriftlichen Vergleichsvorschlag gemacht und den Parteien Gelegenheit gegeben, ihre Zustimmung zu dem Vergleichsvorschlag schriftsätzlich bis zum 10.02.2017 zu erklären. Zum Inhalt des Beschlusses vom 23.01.2017 wird auf Blatt 220 bis 225 der Gerichtsakten verwiesen.
Mit Schriftsatz vom 01.02.2017, bei Gericht eingegangen am 02.02.2017, hat der Kläger dem Vergleichsvorschlag des Senates zugestimmt. Die Abschriften des Schriftsatzes vom 01.02.2017 sind am 02.02.2017 an den Beklagtenvertreter versandt worden.
Mit Schriftsatz vom 06.02.2017, bei Gericht am selben Tage per Fax eingegangen, hat der Kläger seine Zustimmungserklärung zu dem Vergleichsvorschlag des Senats widerrufen. Die Abschriften des Schriftsatzes vom 06.02.2017 sind am 07.02.2017 an den Beklagtenvertreter versandt worden.
Mit Schriftsatz vom 10.02.2017, bei Gericht am selben Tage per Fax eingegangen, haben die Beklagten erklärt, den Vergleichsvorschlag des Senats anzunehmen. Sie sind der Auffassung, dass ein wirksamer Vergleich zu Stande gekommen sei, weil der Widerruf der Zustimmungserklärung durch den Kläger unwirksam sei.
Mit Beschluss vom 13.02.2017 hat der Senat die Parteien darauf hingewiesen, dass ein Prozessvergleich wirksam zu Stande gekommen sein dürfte.
Mit Schriftsatz vom 17.02.2017 hat der Kläger zu dem Hinweisbeschluss des Senates Stellung genommen. Er ist der Auffassung, dass er die Annahmeerklärung vom 01.02.2016 wirksam widerrufen habe, so dass der Prozessvergleich nicht zu Stande gekommen sei. Zu den Einzelheiten seiner Begründung wird auf den Schriftsatz vom 17.02.2017, Blatt 241 ff. der Gerichtsakten, verwiesen.
II. Der Senat stellt das Zustandekommen des gerichtlichen Vergleichs gemäß § 278 Abs. 6 Satz 1 Alt. 2, Satz 2 ZPO fest.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat der Prozessvergleich eine rechtliche Doppelnatur. Er ist zum einen Prozesshandlung, durch die der Rechtsstreit beendet wird und deren Wirksamkeit sich nach verfahrensrechtlichen Grundsätzen bestimmt. Dazu ist er ein privates Rechtsgeschäft, für das die Vorschriften des materiellen Rechts gelten und mit dem die Parteien Ansprüche und Verbindlichkeiten regeln. Prozesshandlung und privates Rechtsgeschäft stehen nicht getrennt nebeneinander. Vielmehr sind die prozessualen Wirkungen und die materiell-rechtlichen Vereinbarungen voneinander abhängig. Der Prozessvergleich ist nur wirksam, wenn sowohl die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für einen Vergleich als auch die prozessualen Anforderungen erfüllt sind, die an eine wirksame Prozesshandlung zu stellen sind. Fehlt es an ...