Normenkette
BGB § 1896 Abs. 3
Verfahrensgang
LG Kiel (Aktenzeichen 3 T 482/02) |
AG Rendsburg (Aktenzeichen 12 XVII 121/02) |
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung – auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens – an das LG zurückverwiesen.
Gründe
I. Die Betroffene erteilte der Beteiligten zu 3) – ihrer Tochter – am 10.7.2000 eine notariell beurkundete Generalvollmacht. Wegen der Einzelheiten dieser Vollmacht wird auf Bl. 13–15 d.A. Bezug genommen. Auf Anregung des Beteiligten zu 2) – des Sohnes der Betroffenen – hat das AG den Beteiligten zu 1) mit Beschluss vom 27.8.2002 zum Vollmachtsüberwachungsbetreuer (§ 1896 Abs. 3 BGB) bestellt. Die dagegen gerichtete Beschwerde der Betroffenen, vertreten durch die Beteiligte zu 3), hat das LG mit Beschluss vom 9.10.2002 zurückgewiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidung des AG und LG wird auf die Beschlüsse vom 27.8.2002 (Bl. 38 d.A.) und 9.10.2002 (Bl. 49–51 d.A.) Bezug genommen. Gegen den Beschluss des LG hat die Betroffene, vertreten durch die Beteiligte zu 3), form- und fristgerecht weitere Beschwerde eingelegt.
II. Die gem. §§ 27 Abs. 1, 29, 20 FGG zulässige weitere Beschwerde der Betroffenen hat mit der Maßgabe Erfolg, dass die Sache an das LG zurückzuverweisen ist. Die angefochtene Entscheidung beruht auf einer Rechtsverletzung (§ 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO).
Ein Vollmachtsüberwachungsbetreuer kann gem. § 1896 Abs. 3 BGB nur dann bestellt werden, wenn es auch einen Bevollmächtigten gibt. Das setzt voraus, dass der oder die Betroffene einem anderen wirksam eine Vollmacht erteilt hat (vgl. auch BayObLG v. 27.5.1993 – 3Z BR 78/93, MDR 1993, 872 = BayObLGReport 1993, 71 = FamRZ 1993, 1249). Das hat das LG entgegen seiner Amtsermittlungspflicht (§ 12 FGG) nicht geprüft, obwohl nach Aktenlage Anlass zu entsprechenden Ermittlungen bestand. Der Beteiligte zu 2) hat geltend gemacht, die Betroffene sei bereits am 10.7.2000 geschäftsunfähig gewesen (Bl. 32, 35 d.A.). Er hat dazu ein Attest der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. M. (Bl. 30 d.A.) vorgelegt. Danach könnte die Betroffene am 10.7.2000 geschäftsunfähig gewesen sein. Sichere Feststellungen dazu lassen sich allein mit Hilfe des Attests allerdings nicht treffen, zumal daraus nicht ersichtlich ist, ob die Betroffene den von Frau Dr. M. attestierten Hirninfarkt vor oder nach dem 10.7.2000 erlitten hat. Die Frage der Geschäftsfähigkeit der Betroffenen zum Zeitpunkt der Vollmachtserteilung bedarf daher der näheren Aufklärung.
Weitere Voraussetzungen für die Bestellung eines Vollmachtsüberwachungsbetreuers ist, dass eine Überwachung des Bevollmächtigten erforderlich ist (§ 1896 Abs. 2 BGB). Das lässt sich grundsätzlich nicht schon allein damit begründen, dass die Betroffene heute geschäftsunfähig ist (vgl. BT-Drucks. 11/4528, 123). Dabei kann offen bleiben, ob eine gegenteilige Annahme in Fällen gerechtfertigt ist, in denen der Betroffene dem Bevollmächtigten nur eine „normale” Vollmacht und keine Vorsorgevollmacht erteilt hat. Denn im vorliegenden Fall beinhaltet die Generalvollmacht vom 10.7.2000 auch eine Vorsorgevollmacht.
Das LG hat die Generalvollmacht zwar anders ausgelegt. An diese Auslegung ist der Senat jedoch nicht gebunden, weil sie auf einem Rechtsfehler beruht (vgl. dazu grds. Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, 14. Aufl., § 27 Rz. 47 ff.). Das LG hat bei seiner Auslegung wesentliche Umstände unberücksichtigt gelassen. Die Betroffene hat zu Ziff. 8. der Generalvollmacht ausdrücklich bestimmt, die Vertretungsbefugnis umfasse auch die Bestimmung ihres Aufenthalts im Falle einer Krankheit und Vermögensverfügungen nach ihrem Tode – wie Auflösung der Konten und Depots. Damit hat die Betroffene hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass die Bevollmächtigung auch für den Fall gelten soll, dass sie geschäfts- und handlungsunfähig werden sollte. Das reicht aus, um einen Willen zu einer Vorsorgevollmacht zu bejahen. Dem steht nicht entgegen, dass die Betroffene ausdrücklich einen Widerruf der Vollmacht vorgesehen hat.
Denn diese Bestimmung lässt nicht auf den Willen schließen, die Vollmacht solle nur so lange gelten, wie die Betroffene zu einem wirksamen – eine Geschäftsfähigkeit voraussetzenden (vgl. auch OLG Celle v. 16.11.2001 – 15 WF 253/01, OLGReport Celle 2002, 19 = FamRZ 2002, 1220) – Widerruf in der Lage sein würde. Dagegen spricht vielmehr, dass die Betroffene die Bevollmächtigung auch für den Fall gewollt hat, dass die noch nicht einmal in der Lage sein würde, selbst über ihren Aufenthalt zu bestimmen.
Der bisherige Akteninhalt rechtfertigt auch i.Ü. nicht die Annahme der Erforderlichkeit einer Vollmachtsüberwachungsbetreuung. Voraussetzung dafür ist, dass aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls ein konkretes Bedürfnis für eine Überwachung (vgl. dazu auch OLG Köln v. 28.6.1999 – 16 Wx 86/99, OLGReport Köln 2000, 91) feststellbar ist. Das ist insb. dann der Fall, wenn der Umfang oder die Schwierigkeit der zu besorgenden Gesc...