Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsweg bei Anspruch aus Erschließungsvertrag
Leitsatz (amtlich)
Für Ansprüche auf Grundstücksübertragung aus einem Erschließungsvertrag ist der Rechtsweg zu den VG gegeben.
Normenkette
GVG § 17a; BauGB § 124
Verfahrensgang
LG Lübeck (Aktenzeichen 4 O 6/07) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Beschwerdewert von 16.600 EUR.
Gründe
I. Die Klägerin schloss mit dem Insolvenzschuldner am 7.5.1998 einen als "städtebaulicher Vertrag" bezeichneten notariellen Vertrag (Urk.-Nr. ... des Notars Dr. J mit dem Amtssitz in A).
In § 2 des Vertrages ist bestimmt:
Aufgrund des § 124 i.V.m. § 123 und §§ 125 ff. BauGB wird vereinbart, dass die Erschließung nicht durch die Gemeinde, sondern durch den Erschließungsträger zu erfolgen hat.
In § 8 des Vertrages ist bestimmt:
Die Flächen der Erschließungsanlagen sowie die im Bebauungsplan Nr. ... und der 1. Änderung des Bebauungsplanes Nr. ... vorgesehenen öffentlichen Flächen... werden der Gemeinde R vor Beginn der Erschließungsmaßnahme unentgeltlich und kostenfrei übertragen. Die Übertragung erfolgt frei von grundbuchlichen Lasten mit Ausnahme solcher Grunddienstbarkeiten, die der Erschließungsträger selbst zur Duldung übernommen hat.
Der Erschließungsträger ist berechtigt, zur Durchführung der Erschließungsarbeiten die übertragenen Grundstücksflächen zu nutzen.
In § 14 des Vertrages ist bestimmt:
Schuldrechtlich gilt dieser Vertrag vorbehaltlich der rechtwirksamen Kaufvertragabschlüsse zwischen dem Erschließungsträger und den Voreigentümern für die in § 8 erwähnten Flächen.
Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens wurde in einer Urkunde vom 28.2.2006 (Urk.-Nr. ...) desselben Notars die Auflassung durch eine der in der Urkunde vom 7.5.1968 Bevollmächtigten erklärt. Die Klägerin beantragt nunmehr die Verurteilung des Beklagten zur Abgabe einer Zustimmungserklärung in der Form des § 29 GBO, hilfsweise die Auflassung der Grundstücke an die Klägerin und die Bewilligung der Eintragung im Grundbuch.
Nach einem Hinweis des LG auf die Unzulässigkeit des Rechtsweges zu den ordentlichen Gerichten hat die Klägerin die Verweisung angeregt.
Mit Beschluss vom 26.11.2007 hat das LG den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das für den Rechtsweg zu den VG zuständige Schleswig-Holsteinische VG verwiesen.
Der am 4.12.2007 erhobenen sofortigen Beschwerde des Beklagten hat das LG nicht abgeholfen. Der Beklagte meint, dass der Vertrag in einen öffentlich-rechtlichen und einen privatrechtlichen Teil zu trennen und deshalb angesichts des ausschließlich zivilrechtlichen Anspruchs auf Erwerb des Eigentums die Zuständigkeit des LG Lübeck gegeben sei. Aber selbst wenn der Vertrag früher seinen Schwerpunkt im öffentlichen Recht gehabt haben sollte, sei dies angesichts der weitgehenden Abwicklung des Vertrages heute nicht mehr maßgebend. Da ausschließlich Fragen des Zivilrechts abzuhandeln seien, sei kein sachlicher Grund für eine Verweisung des Rechtsstreits an das VG erkennbar.
Die gem. § 568 S. 1 ZPO zur Entscheidung berufene Einzelrichterin hat das Verfahren dem Senat zur Entscheidung übertragen, weil die Sache besondere Schwierigkeiten rechtlicher Art aufweise, § 568 S. 2 Nr. 1 ZPO.
II. Die sofortige Beschwerde des Beklagten ist gem. §§ 17a Abs. 4 S. 3 GVG, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft und form- und fristgerecht eingelegt worden, § 569 ZPO.
Die Beschwerde ist nicht begründet. Maßgebend für die Frage, ob ein Rechtsstreit gem. § 13 GVG vor die ordentlichen Gerichte gehört, ist nach der ständigen Rechtsprechung des Senats allein der Vortrag des Klägers einschließlich des unstreitigen Vorbringens. Es kommt nur darauf an, ob die tatsächlichen Behauptungen des Klägers, ihre Richtigkeit unterstellt, und der unstreitige Sachverhalt Rechtsbeziehungen oder Rechtsfolgen ergeben, für die die Zuständigkeit der Zivilgerichte besteht (Zöller/Gummer, ZPO, 26. Aufl., § 13 GVG Rz. 11).
Zutreffend ist das LG davon ausgegangen, dass auf der Grundlage des Klagevorbringens keine bürgerlich-rechtliche Streitigkeit i.S.v. § 13 GVG, sondern eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit i.S.v. § 40 VwGO vorliegt. Ob eine Streitigkeit öffentlich-rechtlich oder bürgerlich-rechtlich ist, richtet sich, wenn - wie hier - eine ausdrückliche Rechtswegzuweisung des Gesetzgebers fehlt, nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird. Die Rechtsnatur eines Vertrages bestimmt sich danach, ob der Vertragsgegenstand dem öffentlichen oder dem bürgerlichen Recht zuzurechnen ist (GmS OGB BGHZ 97, 312). Über Streitigkeiten aus öffentlich-rechtlichen Verträgen haben nicht die Zivilgerichte, sondern die VG zu entscheiden. Maßgebend für die Frage nach der rechtlichen Qualifikation der betroffenen vertraglichen Regelungen ist dabei der Schwerpunkt der Vereinbarung (BGH MDR 2000, 1270; OLG Schleswig NJW 2004, 1052). Auf diesen stellt der BGH auch in der vom Beklagten in der Beschw...