Entscheidungsstichwort (Thema)
Behandlung eingehender Faxschreiben-Abgrenzung Akteneinsicht/Aktenführung
Leitsatz (amtlich)
1. Die Übermittlung bestimmender Schriftsätze auch durch die elektronische Übertragung per Telefax zulässig. Das Nachreichen des Originals eines bereits mit Telefax übermittelten Schriftsatzes ist nicht mehr erforderlich.
2. Zu den Prozessakten gehören insbesondere alle bei Gericht eingereichten vorbereitenden und bestimmenden Schriftsätze. Auch eine per Fax eingereichte Klagerwiderung gehört damit rechtlich zu den "Prozessakten" i.S.v. § 299 ZPO.
3. Die Telefaxkopie eines bestimmenden Schriftsatzes gehört - soweit sie tatsächlich auf dem Faxgerät des Gerichts eingegangen ist -zu den "Schriftstücken", die gem. § 3 Aktenordnung (AktO) mit der Akte zu "vereinigen" sind.
4. Die Vereinigung von Schriftstücken, die die gleiche Angelegenheit betreffen ist eine Frage der Aktenführung, die der Geschäftsstelle/Serviceeinheit und damit der Gerichtsverwaltung obliegt. Gemäß I Ziff. 1 der AV des MJAE v. 14.12.2006 (SchlHA 2007,13) gehört die "Verwaltung des Schriftgutes einschließlich der Registrierung", mithin die Aktenführung, zu dem Aufgabenbereich des mittleren Justizdienstes.
5. Solange die auf der Geschäftsstelle lagernde Faxkopien (hier u.a. 96 Blätter einer Klagerwiderung) nicht entsprechend § 3 Abs. 1 AktO mit der Prozessakte vereinigt worden sind, sind diese Papiere (lose Blätter) auch kein Bestandteil der "Prozessakten" i.S.v. § 299 ZPO. Die auf eine Verletzung des Akteneinsichtsrechts gestützte Beschwerde nach §§ 299 Abs. 1, 567 ZPO ist deshalb unbegründet
Normenkette
ZPO § 299
Verfahrensgang
LG Kiel (Beschluss vom 07.08.2008; Aktenzeichen 16 O 100/07) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Kläger vom 21.8.2008 gegen die Verfügung der Vorsitzenden der Kammer für Handelssachen vom 7.8.2008 wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen der Streithelferin zu 4.).
Der Streitwert für die Festsetzung der außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens wird auf bis zu 600 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Kläger begehren Einsichtnahme in die vollständigen Akten dieses Verfahrens, insbesondere die Klagerwiderung vom 26.11.2007 inklusive der Anlagen B1 bis B22, die per Telefax (aus technischen Gründen soll sie in mehrere Faxe aufgeteilt worden sein) am 26.11.2007 (ab 21:34 Uhr) beim LG Kiel eingegangen sein soll. In der Akte befinden sich nur ein entsprechendes Anschreiben des Prozessbevollmächtigten der Beklagten (Bl. 82 GA) sowie die erste Seite der (Telefax-)Klagerwiderung vom 26.11.2007 (Bl. 83 GA). Dem Prozessbevollmächtigten der Kläger war zunächst mit Verfügung des später abgelehnten Vorsitzenden (...) vom 4.3.2008 (Bl. 214 GA) angeboten worden, die Akte auf der Geschäftsstelle einzusehen. Mit Verfügung vom 25.3.2008 (...) erhielt der Prozessbevollmächtigte der Kläger schließlich die Prozessakten für zwei Wochen übersandt (die Aktenversendung erfolgte am 26.3.2008; Rücksendung erfolgte am 11.4.2008;).
Mit Faxschreiben vom 8.4.2008 (Bl. 243 GA) beantragten die Kläger die Einsichtnahme in die vollständige Akte einschließlich der per Telefax übermittelten Klagerwiderung. Die Vorsitzende teilte mit Schreiben vom 10.4.2008 (Bl. 254 GA) mit, dass "laut Auskunft der Geschäftsstelle die vollständige Akte zur Einsichtnahme übersandt" worden sei. Auf erneute Nachfrage des Prozessbevollmächtigten der Kläger vom 28.4.2008 (Bl. 278 GA) teilte die Vorsitzende mit Schreiben vom 2.5.2008 (Bl. 284 GA) mit, dass dem Klägervertreter die Gerichtsakte vollständig zur Verfügung gestellt worden sei und sich mit Ausnahme von Bl. 82 und 83 d.A. der Rest der Faxsendung vom 26.11.2007 nicht in der Akte befände. Mit Schreiben vom 13.5.2008 (Bl. 292 f. GA) teilte die Vorsitzende mit, dass - trotz Rückfragen auf der Geschäftsstelle - nicht mehr aufgeklärt werden könne, wer das Fax vom 26.11.2007 aus dem Gerät geholt habe. Es könne auch nicht mehr geklärt werden ob bzw. wann das Fax vollständig eingegangen sei. Schließlich hat der Prozessbevollmächtigte der Kläger persönlich am 22.5.2008 die Geschäftsstelle der Kammer für Handelssachen beim LG K. aufgesucht (Bl. 317 GA). Nach seinem eigenem Vortrag sollen sich "auf dem seitlichen Schreibtisch der für die KfH III. zuständigen Geschäftsstellenbeamtin mindestens ein ca. 30 - 40 cm hoher Stapel von Schriftstücken befunden haben, zu dem auf einfache Frage ... die Antwort erfolgt sei, dass dieser Stapel wohl Faxsendungen und Überstücke zu dem (oder den)... - Verfahren betreffe" (Bl. 312, 313 GA). Mit Schreiben vom 17.7.2008 (Bl. 364a) teilte die Vorsitzende dem Klägervertreter erneut mit, dass ihm die Akten vollständig zur Verfügung gestellt worden seien und dass unabhängig davon die Anfrage zur Aktenführung an den Geschäftsstellenleiter des LG weitergeleitet worden sei. Auf die begehrte Auskunft des Klägervertreters zur Behandlung von Faxeingängen bei der KfH vom 28.7.2008 teilte die Vorsitzende mit Verfügung vom 7.8.2...