Entscheidungsstichwort (Thema)

Feststellung Ersatzerbenberufung durch ergänzende Testamentsauslegung

 

Normenkette

BGB §§ 133, 2069, 2084

 

Verfahrensgang

AG Oldenburg (Oldenburg) (Beschluss vom 05.10.2010)

 

Tenor

Die Beschwerde der Beteiligten zu 3. vom 12.11.2010 gegen den Beschluss des AG Oldenburg in Holstein vom 5.10.2010 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligte zu 3. trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren beträgt 28.774,50 EUR.

 

Gründe

I. Die 1925 geborene und 2009 ledig sowie kinderlos verstorbene Erblasserin hatte 5 Geschwister. Ihre Eltern waren 1979 bzw. 1983 vorverstorben. Ihr Bruder A ist 1971 vorverstorben, die Beteiligten zu 2. bis 4. sind seine Kinder. Ihre Schwester E ist 1996 vorverstorben, die Beteiligten zu 6. bis 8. sind deren Kinder; die Beteiligte zu 5. ist die Tochter eines weiteren vorverstorbenen Kindes der Frau E. Der weitere Bruder der Erblasserin G ist 2003 vorverstorben, die Beteiligte zu 1. ist seine Tochter. Der weitere Bruder der Erblasserin F ist 1982 kinderlos vorverstorben. Eine weitere Schwester der Erblasserin ist schließlich die Beteiligte zu 9.

Die Erblasserin hatte am 6.7.1997 durch handschriftliches Testament wie folgt letztwillig verfügt:

"Mein letzter Wille

Mit dem heutigen Tage verfüge ich, dass mein vorhandenes Vermögen folgendermaßen aufgeteilt wird:

Meine Nichte U.

Mein Großneffe C.

Meine Nichte S.

Mein Neffe S.

Meine Nichte P.

Meine Großnichte T.

Meine Urgroßnichte (Tochter von T.)

sollen jeder 10.000 DM erhalten.

Mein Schwager A. soll 20.000 bekommen.

Nach Abzug aller bei meinem Tode entstandenen Unkosten erhält mein Bruder G. das restliche Vermögen."

Die Beteiligte zu 1. hatte zunächst einen Erbschein beantragt, der die Beteiligten zu 1. bis 9. als Erben nach der gesetzlichen Erbfolge ausweisen sollte. Nach einem Hinweis des AG zur Auslegung des Testaments vom 6.7.1997 hat die Beteiligte zu 1. einen Erbschein beantragt, der sie als Alleinerbin ausweist.

Nach Eingang verschiedener Stellungnahmen von Beteiligten hat das AG am 5.10.2010 beschlossen, dass die zur Erteilung des Erbscheins erforderlichen Tatsachen für festgestellt erachtet werden. In dem Beschluss ist ausgeführt, das Testament der Erblasserin sei dahin auszulegen, dass der Bruder G als Alleinerbe berufen werden sollte, die übrigen benannten Personen sollten lediglich ein Vermächtnis erhalten. Eine Anordnung für den Fall des (eingetretenen) Vorversterbens dieses Bruders sei in dem Testament nicht getroffen worden. Die Auslegungsregel des § 2069 BGB sei mit Rücksicht darauf, dass die Erblasserin Geschwister bedacht habe, nicht einschlägig. Entscheidend sei, ob im Wege einer - gegebenenfalls - ergänzenden Testamentsauslegung ein Wille der Erblasserin dahin festgestellt werden könne, dass die Abkömmlinge der Bedachten im Falle von deren Vorversterben an deren Stelle treten sollten. Dies sei vorliegend anzunehmen, weil die Erblasserin den zum Erben berufenen G mit "Bruder" bezeichnet habe und weil die Beteiligte zu 1. der Erblasserin in der letzten Zeit vor ihrem Ableben nahe gestanden habe.

Gegen diesen Beschluss hat die Beteiligte zu 3. mit Schriftsatz vom 12.11.2010 Beschwerde eingelegt. Sie ist der Auffassung, dass die Erblasserin in dem Testament keine Erbeinsetzung habe anordnen wollen, sondern dass sie es bei der gesetzlichen Erbfolge belassen wollte. Jedenfalls sei dem Testament nicht zu entnehmen, dass anstelle des als Erben berufenen Bruders G ein Abkömmling von diesem treten sollte. Aus der Tatsache, dass die Erblasserin gewusst habe, dass ihr Bruder G vorverstorben sei und dass sie in dieser Kenntnis eine Änderung des Testaments unterlassen habe, könne entnommen werde, dass sie die gesetzliche Erbfolge gewünscht habe.

Das AG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und in seinem Nichtabhilfebeschluss vom 14.12.2012 ausgeführt, der von ihm als testamentarischer Alleinerbe angesehene Bruder G sei von der Erblasserin mit Blick auf das Verwandtschaftsverhältnis als solcher bezeichnet worden. Die Beschwerdeführerin räume selbst ein, dass er der Erblasserin näher stand als die Übrigen Verwandten. Hinsichtlich der Ersatzerbfolge der Beteiligten zu 1. handele es sich um einen Fall der ergänzenden Testamentsauslegung. Die Erteilung von Bank- und Vorsorgevollmachten - wenn auch nach Testamentserrichtung - zeige, dass die Beteiligte zu 1. der Erblasserin besonders nahe gestanden habe. Der regelmäßige Kontakt habe auch schon zur Zeit der Testamentserrichtung bestanden. Es liege der Schluss nahe, dass die Erblasserin durch die vorhandene letztwillige Verfügung alles in dem Sinne als geregelt angesehen hätte, dass die Beteiligte zu 1. als Nachkomme des besonders bedachten Bruders in dessen Erbenstellung eintreten sollte.

Der Senat hat einen Anhörungstermin anberaumt, zu dem die Beteiligte zu 1. erschienen ist. Hinsichtlich der Anhörung der Beteiligten zu 1. wird auf den Terminsvermerk vom 6.9.2011 Bezug genommen. Der Senat hat diesen Vermerk den Übrigen Beteiligten mit Gelegenheit zur Stellun...

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