Entscheidungsstichwort (Thema)
Maßstab bei Kostenentscheidung nach § 81 Abs. 1 FamFG im Erbscheinsverfahren
Leitsatz (amtlich)
In Erbscheinsverfahren, in dem unabhängig von den Anträgen und Auffassungen der Beteiligten dem letzten Willen eines Dritten zur Durchsetzung verholfen werden soll, richtet sich die nach § 81 Abs. 1 FamFG zu treffende Kostenentscheidung nicht allein nach dem Maßstab des Obsiegens oder Unterliegens (Festhalten an der bisherigen Senatsrechtsprechung entgegen Kuhn, ErbR 2014, 108 ff).
Normenkette
FamFG § 81 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Oldenburg (Oldenburg) (Beschluss vom 14.07.2014) |
Tenor
Die Beschwerde gegen den Beschluss des AG - Nachlassgericht - Oldenburg i.H. vom 14.7.2014 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Kostenentscheidung im angefochtenen Beschluss geändert wird und die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens wie folgt verteilt werden:
Die Gerichtskosten tragen die Beteiligten zu 1. und 2. gesamtschuldnerisch einerseits und der Beteiligte zu 3. andererseits zu je 1/2. Eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten wird nicht angeordnet.
Die Beteiligten zu 1. und 2 tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Geschäftswert von 72.500,00 EUR.
Soweit der Senat die erstinstanzliche Kostenentscheidung abgeändert hat, wird die Rechtsbeschwerde zugelassen.
Gründe
I. Am 9.4.2013 verstarb X. Seine Ehefrau... verstarb bereits am 16.10.1996. Aus der Ehe ging als einziges Kind die am 24.12.2003 verstorbene... hervor. Sie war die Mutter der Beteiligten zu 1. und 2., die mithin die Enkel des Erblassers sind. Der Beteiligte zu 3. ist der Sohn der Ehefrau des Erblassers aus ihrer ersten Ehe.
Die Eheleute X errichteten am 9.12.1977 ein gemeinschaftliches notarielles Testament, in dem sie sich gegenseitig zu alleinigen unbeschränkten Erben einsetzten. Als Erben des Längstlebenden setzten sie zu gleichen Teilen ihre gemeinsame Tochter und den Beteiligten zu 3. ein (Bl. 19f d. BA.).
Sie widerriefen dieses Testament mit gemeinschaftlichem notariellem Testament vom 29.6.1989. Darin setzte der Erblasser die gemeinsame Tochter zu seiner Erbin ein und bestimmte seine Ehefrau zur befreiten Vorerbin. Diese wiederum bestimmte ihren Ehemann zum alleinigen Erben (Bl. 11f d. BA.).
Am 10.7.2003 ließ der Erblasser ein einseitiges Testament beurkunden, in dem er den Beteiligten zu 3., ersatzweise dessen Abkömmlinge, zu Erben einsetzte. Dem stünde, wie er in dem Testament ausführlich erklärt, das vorherige gemeinschaftliche Testament nicht entgegen. Die Regelungen dort hätten nach dem Verständnis beider Ehegatten nicht wechselbezüglich sein sollen (nach Bl. 30d. BA.).
Die Beteiligten zu 1. und 2. halten das letzte Testament für unwirksam. Es verstoße gegen die wechselbezüglichen Anordnungen im gemeinschaftlichen Testament vom 29.6.1989. In diesem Testament sei der Beteiligte zu 3., im Gegensatz zum ersten gemeinschaftlichen Testament, nicht mehr erwähnt worden. Sowohl nach einem Vortod des Ehemannes als auch nach einem Vortod der Ehefrau sollte die gemeinsame Tochter alles, der Beteiligte zu 3. nichts erben. Zwar habe die Ehefrau in dem Testament keinen Schlusserben bestimmt. Das habe sie aber auch nicht tun müssen, weil sie davon habe ausgehen dürfen, dass die gemeinsame Tochter nach den gesetzlichen Bestimmungen Erbin werde. Die Verfügungen der Ehegatten hätten deshalb nicht wortgleich sein müssen. Dass sie dennoch wechselbezüglich seien, ergebe sich daraus, dass sie dieselbe Rechtsfolge auslösen sollten. Zuerst hätten der überlebende Ehegatte und dann die gemeinsame Tochter geerbt. Daraus, dass der Beteiligte zu 3. in dem zweiten gemeinschaftlichen Testament nicht mehr erwähnt werde, könne nur geschlussfolgert werden, dass dieses Testament hauptsächlich dem Ziel gedient habe, den Beteiligten zu 3. zu enterben. Diesen gemeinsamen Willen der Ehegatten habe der Erblasser mit seinem Testament aus dem Jahre 2003 missachtet. Dass der Erblasser im Jahre 2003 die Wechselbezüglichkeit der Verfügungen in Abrede gestellt habe, sei unerheblich, weil es auf den Willen bei der Errichtung des Testaments ankomme. Es komme auch nicht darauf an, wie der Notar das Testament aus dem Jahre 1989 bewertet habe.
Die Beteiligten zu 1. und 2. haben demnach weiterhin das gemeinschaftliche Testament vom 29.6.1989 für wirksam gehalten. Sie haben die Auffassung vertreten, dass sie als Ersatzerben für ihre Mutter nach § 2069 BGB aufgrund dieses Testaments Erben geworden seien, und einen entsprechenden Erbscheinsantrag gestellt.
Der Beteiligte zu 3. ist dem Antrag entgegengetreten und hat seinerseits einen Erbschein für sich als Alleinerben beantragt. Er hat bestritten, dass die Schlusserbeneinsetzung der Mutter der Beteiligten zu 1. und 2. wechselbezüglich gewesen sei. Gegen eine Wechselbezüglichkeit der Verfügungen spreche der unterschiedliche Wortlaut der gegenseitigen Erbeinsetzung der Ehegatten und das Fehlen einer Schlusserbenbestimmung durch die Ehefrau für den Fall ihres Vortodes. Erst recht lasse sich dem Testament nicht entne...