Entscheidungsstichwort (Thema)

Ermessensfehler bei isolierter Kostenentscheidung in Ehe- und Familienstreitsachen

 

Leitsatz (amtlich)

1. In Ehesachen und Familienstreitsachen ist die isolierte Kostenentscheidung nach Antragsrücknahme, § 269 Abs. 5 ZPO, Erledigung der Hauptsache durch eine aufgrund eines Anerkenntnisses ausgesprochenen Verpflichtung, § 99 Abs. 2 ZPO, oder im Falle übereinstimmender Erledigungserklärungen, § 91a Abs. 2 ZPO, mit der sofortige Beschwerde nach §§ 567 ff. ZPO anfechtbar.

2. Beruht die Kostenentscheidung wie im Falle des § 243 Satz 1 FamFG auf billigem Ermessen, erfolgt die Überprüfung in der Beschwerdeinstanz nur darauf, ob das Familiengericht von dem ihm eingeräumten Ermessen fehlerfrei Gebrauch gemacht hat. Eine eigene Ermessensentscheidung des Beschwerdegerichts erfolgt nur, wenn dem erstinstanzlichen Gericht Ermessensfehler unterlaufen sind.

3. Voraussetzung für die Eröffnung des Anwendungsbereichs des § 243 Satz 2 Nr. 2 FamFG ist zum einen die Aufforderung zur Mitwirkung - Erteilung der Auskunft und der Vorlage von Belegen über das Einkommen - und zum anderen die Ursächlichkeit der unzureichenden Erfüllung des Auskunftsverlangens im späteren Prozess.

 

Normenkette

ZPO § 91a Abs. 2, § 99 Abs. 2, § 269 Abs. 5, §§ 567, § 567 ff.

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird abgeändert.

Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens werden den Antragstellern jeweils zu ½ auferlegt.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens jeweils zu ½.

Der Beschwerdewert wird auf bis zu 1.200 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die Anfechtung der getroffenen Kostenentscheidung.

Mit Antragsschrift vom 3.5.2013 haben die minderjährigen Antragsteller, vertreten durch den Kindesvater beantragt, ihre Mutter, die Antragsgegnerin, im Wege einer einstweiligen Anordnung zur Zahlung monatlichen Unterhalts von jeweils 200 EUR ab Mai 2013 zu verpflichten.

Die Kindeseltern waren miteinander verheiratet und sind geschieden. Aus der Ehe sind die Antragsteller hervorgegangen. Die Antragsteller lebten zunächst bei der Antragsgegnerin und Kindesmutter und wurden durch diese versorgt und betreut. Der Antragsteller zu 1.) ist im November 2012 und der Antragsteller zu 2.) im April 2013 zum Kindesvater gezogen.

Mit Schreiben vom 19.12.2012 hat die Antragsgegnerin dem Kindesvater mitgeteilt, dass sie nicht leistungsfähig ist. Sie erzielte lediglich ein monatliches Nettoeinkommen von 400 EUR. Selbst im Fall einer Vollzeittätigkeit erzielte sie kein ausreichendes Einkommen, um Kindesunterhalt für den Antragsteller zu 1.) leisten zu können. Mit Schreiben vom 27.3.2013 hat die Antragsgegnerin ihre Zustimmung zum Wechsel des Antragstellers zu 2.) in den Haushalt des Kindesvaters erklärt und darauf hingewiesen, dass sie krankheitsbedingt nicht in der Lage ist, vollschichtig zu arbeiten. Sie wird in absehbarer Zeit nicht in der Lage sein, Kindesunterhalt zu leisten.

Nach Zustellung der Antragsschrift hat die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 28.5.2013 zum einen ein ärztliches Attest vom 18.3.2013 der Fachärztin für Allgemeinmedizin M. aus Bad B. vorgelegt, wonach die Antragsgegnerin an einer depressiven Phase akut erkrankt ist, und zum anderen eine Bescheinigung der S. Kliniken vom 22.5.2013, wonach sich die Antragsgegnerin vom 14.5.2013 bis voraussichtlich 10.6.2013 in stationärer Behandlung befinden werde. Mit Schreiben vom 2.7.2013 hat die Antragsgegnerin für den Zeitraum 24.6. bis 5.7.2013 eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorgelegt und eine weitere Bescheinigung, wonach sich die Antragsgegnerin bis zum 23.6.2013 in stationärer Behandlung befinden wird. Weiter hat sie ein ärztliches Attest vom 4.7.2013 eingereicht, wonach sie weiterhin arbeitsunfähig ist und der Zeitpunkt der Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit nicht abgesehen werden kann.

Die Antragsgegnerin hat behauptet, sie leide bereits seit langem an Depressionen und sei seit dem 18.3.2013 erkrankt. Beides sei dem Kindesvater bekannt gewesen.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 10.6.2013 haben die Bevollmächtigten der Beteiligten das Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärt und wechselseitig Kostenanträge gestellt.

Mit Beschluss vom 16.7.2013 hat das Familiengericht der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens auferlegt.

Zur Begründung hat das Familiengericht ausgeführt, es habe billigem Ermessen entsprochen, der Antragsgegnerin die Kosten aufzuerlegen, denn sie habe durch ihr vorgerichtliches Auskunftsverhalten Anlass zur Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens gegeben. Zwar habe sie sich vorprozessual auf ihre Leistungsunfähigkeit infolge einer Erkrankung berufen, diese Angaben aber gegenüber den Antragstellern nicht belegt. Hätte die Antragsgegnerin detailliert zu ihrem Gesundheitszustand vorgetragen, wäre das Verfahren vermieden worden.

Gegen den am 23.7.2013 zugestellten Beschluss hat die anwaltlich vertretene Antragsgegnerin am 25.7.2013 sofortige Beschwerde eingelegt. Sie rügt, das Gericht habe die Wertung aus ...

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