Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine zeitliche Begrenzung des nachehelichen Unterhalts der Ehefrau bei langer Ehedauer und Kinderbetreuung. Berücksichtigung gezahlten Kindesunterhalts bei der Unterhaltsberechnung anhand fiktiven Einkommens nach einem Karrieresprung
Leitsatz (redaktionell)
1. Keine zeitliche Begrenzung des Anspruchs auf nachehelichen Unterhalt bei einer Gesamtdauer aus Ehezeit und Zeit der Kinderbetreuung von knapp 16 Jahren und ehebedingten beruflichen Nachteilen der unterhaltsberechtigten Ehefrau.
2. Die zeitliche Begrenzung des nachehelichen Unterhaltsanspruchs nach §§ 1573 Abs. 5, 1578 Abs. 1 S. 2 BGB stellt keine rechtsvernichtende Einwendung dar, die im Wege einer Vollstreckungsgegenklage geltend gemacht werden könnte.
3. Wird bei der Berechnung des nachehelichen Unterhalts fiktiv das Einkommen des Unterhaltspflichtigen vor einem Karrieresprung zugrunde gelegt, kann der Unterhaltspflichtige von dem fiktiven Einkommen nicht den erhöhten, aus dem tatsächlich erzielten Einkommen berechneten Kindesunterhalt in Abzug bringen.
Normenkette
BGB §§ 1570, 1573 Abs. 2, 5, § 1578 Abs. 1 S. 2 2. Hs. a.F.
Verfahrensgang
AG Elmshorn (Urteil vom 19.11.2004; Aktenzeichen 43 F 139/04) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 19.11.2004 verkündete Urteil des AG Elmshorn - FamG - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Abänderungsklage als unbegründet zurückgewiesen wird.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 9.540 EUR festgesetzt (= 12 × 795 EUR).
Gründe
I. Der Kläger begehrt Abänderung des Urteils des AG Elmshorn - FamG - vom 11.10.2002 (AG Elmshorn, Urt. v. 11.10.2002 - 42 F 87/99) dahin, dass er der Beklagten ab Rechtshängigkeit (15.4.2004) keinen Geschiedenenunterhalt mehr schuldet.
Die Parteien sind geschiedene Eheleute. Der Kläger wurde geboren am 29.3.1960, die Beklagte am 30.1.1958. Sie heirateten am 16.10.1987, der Sohn Tobias wurde geboren am 24.2.1988. Er blieb bei Trennung der Parteien im August 1996 in Obhut der Mutter.
Die Scheidung erfolgte auf den am 16.8.97 zugestellten Antrag durch Urteil des AG Elmshorn vom 27.5.1998, rechtskräftig seit dem selben Tage. Die elterliche Sorge wurde der Mutter übertragen.
Durch Urteil des AG Elmshorn vom 11.10.2002 (AG Elmshorn, Urt. v. 11.10.2002 - 42 F 87/99), das auf die mündliche Verhandlung vom 13.8.2002 erging, wurde der Kläger u.a. verpflichtet, an die Beklagte ab 09/02 Unterhalt von monatlich 795 EUR (Elementar- und Altersvorsorgeunterhalt) zu zahlen (Beiakten).
Die Beklagte ist seit dem 6.8.2002 bei der Firma W. Kordes Söhne Rosenschulen in Klein Offenseth-Sparrieshoop vollschichtig angestellt (Bl. 14,151).
Der Kläger war bis 30.6.1998 bei der Firma Talkline Info-Dienste GmbH tätig, und zwar zuletzt als Projektleiter Bauwesen (Beiakten Bl. 422 ff.). Anschließend, also unmittelbar nach der Scheidung, wechselte er in besser dotierte Stellungen und arbeitete seit dem 1.7.2001 in leitender Stellung bei der Firma SolvenTec GmbH (Beiakte Bl. 361). Ihm stand ein Dienstwagen zur Verfügung (VW-Passat). Einschließlich des Sachbezuges für den Pkw ermittelte das AG ein Monatsnetto von etwas mehr als 5.000 EUR (Bl. 19).
Der Unterhaltsberechnung ab 09/02 hat das AG die vom Kläger bis zur Rechtskraft der Ehescheidung (27.5.1998) bei der Firma Talkline durchschnittlich erzielten Einkünfte zugrundegelegt mit 6.517,55 DM = 3.332,37 EUR (Bl. 27), weil seine ab Juni oder Juli 1998 deutlich gesteigerten Einkünfte nicht der gemeinsamen Lebensplanung der Parteien entsprochen hätten.
Für den (in 2002) 14 jährigen Sohn Tobias wurde in Abzug gebracht der Tabellenbetrag (Altersstufe III/Einkommensgruppe 10) i.H.v. 458 EUR (Bl. 33). Auf Seiten der Klägerin wurde zugrundegelegt ein Einkommen von monatlich 1.225,10 EUR.
Von der Differenz von 1.649,27 EUR ermittelte das AG die 3/7-Quote mit 706,83 EUR als Elementarunterhalt erster Stufe, also rund 707 EUR.
Den Altersvorsorgeunterhalt errechnete es nach der Bremer Tabelle mit
707 EUR + 15 % = 813 EUR,
813 EUR × 19,1 % = 155 EUR
und daraus den endgültigen Elementarunterhalt:
Einkommen des Klägers 3.332 EUR
ab UKi 458 EUR
ab Altersvorsorgeunterhalt 155 EUR
verbleiben 2.719 EUR
Einkommen der Beklagten demgegenüber 1.225 EUR
Differenz 1.494 EUR
× 3/7 sind rund 640 EUR.
Der Gesamtunterhalt betrug somit 640 EUR + 155 EUR = 795 EUR.
Der Kläger hat im ersten Rechtszug geltend gemacht, der Beklagten sei ein Unterhaltsanspruch aus dem Gesichtspunkt der Betreuung des gemeinsamen Sohnes gem. § 1570 BGB zugesprochen worden, dessen Grundlage mit Vollendung des 17. Lebensjahres von Tobias entfallen sei, weil ein Betreuungsbedarf nicht mehr bestehe. Dieser Umstand habe im Vorprozess nicht berücksichtigt werden können.
Der Kläger hat beantragt, die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil vom 11.10.2002 für unzulässig zu erklären, hilfsweise, das Urteil dahingehend abzuändern, dass er keinen Geschiedenenunterhalt mehr schulde.
Die Beklagte hat beantragt, die K...