Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgrenzung von Schenkung und ehebedingter Zuwendung
Leitsatz (amtlich)
Eine ehebedingte Zuwendung ist ein familienrechtlicher Vertrag eigener Art, der darauf ausgerichtet ist, die eheliche Lebens- und Versorgungsgemeinschaft auszugestalten und zu sichern. Eine solche Zuwendung hat ihren Grund in der Ehe und geht von ihrem Fortbestand aus. Verspricht ein Ehegatte dem anderen mit Rücksicht auf ein bevorstehendes Scheidungsverfahren eine unentgeltliche Zuwendung, handelt es sich nicht um eine ehebedingte Zuwendung sondern um eine Schenkung.
Normenkette
BGB §§ 516, 518, 1378
Verfahrensgang
AG Lübeck (Urteil vom 02.03.2006; Aktenzeichen 121 F 160/05) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des AG - FamG - Lübeck vom 2.3.2006 abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Parteien waren von 1969 bis 1984 miteinander verheiratet. Aus der Ehe sind zwei inzwischen volljährige Kinder hervorgegangen.
Die Parteien vereinbarten mit notarieller Urkunde des Notars Dr. X in B. vom 21.4.1982, für den Fall der Scheidung der Ehe gegenseitig auf die Geltendmachung irgendwelcher Zugewinnansprüche und Versorgungsausgleichsansprüche zu verzichten. Weiterhin wurde ein wechselseitiger Verzicht auf Unterhalt vereinbart.
Am 26.12.1983 trafen die Parteien privatschriftlich eine "Scheidungsfolgenvereinbarung". Sie vereinbarten u.A. unter Ziff. V.:
"V. Zugewinn
Im vorbenannten notariellen Vertrag haben die Parteien ebenfalls den Zugewinnausgleich ausgeschlossen. Diese Regelung soll grundsätzlich bestehen bleiben, jedoch mit der Maßgabe, dass das Nachfolgende als vertraglich vereinbart gelten soll:
Das Wertgutachten des vereidigten Grundstückssachverständigen, Architekt M., vom 29.6.1983 weist einen Wert für das im Alleineigentum von Herrn A. stehende Grundstück C., von 1.400.000 DM aus. Die Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten für das Objekt sind mit ca. 1.100.000 DM anzusetzen.
Als Ausgleich für die während der Ehe eingetretene Wertsteigerung von 300.000 DM räumt Herr A. Frau B. eine Beteiligung an dem Zugewinn von 300.00 DM in der Form ein, dass Frau B. spätestens bei Veräußerung des Grundstücks oder Verkauf der gesamten Steuerberater-Praxis, einen einmaligen Auszahlungsanspruch von dem 150.000 erhält. Der Betrag ist nicht zu verzinsen.
Herr A. verpflichtet sich, seine Ehefrau von möglichen Ansprüchen der Finanzbehörden wegen möglicherweise bestehender Steuerschulden freizuhalten. Diese Zusage gilt für Steuerschulen, die aus den Veranlagungszeiträumen bis einschließlich 1983 herrühren können.
Eine entsprechende Vereinbarung für folgende Veranlagungszeiträume ist in Absprache zwischen den Parteien vor Beginn der jeweiligen Veranlagung zu treffen."
Die Parteien streiten über die Frage der Wirksamkeit dieser privatschriftlichen Vereinbarung. Mit ihrer Feststellungsklage begehrt die Klägerin eine Klarstellung dahin, dass die Vereinbarung vom 26.12.1983 wirksam sei. Mit dem angegriffenen Urteil hat das AG - FamG - der Feststellungsklage (mit einer geringfügigen Umformulierung des Klage antrages) stattgegeben. Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner Berufung.
Der Beklagte trägt vor:
Das AG - FamG - habe die in Rechtsprechung und Literatur vertretene Meinung zur Regelung in § 1378 Abs. 3. S. 2 BGB nicht zutreffend berücksichtigt. Es komme nicht darauf an, dass die Parteien zur Frage der Gütertrennung bei Abschluss der notariellen Beurkundung am 21.4.1982 vom Notar über die Bedeutung belehrt worden seien. Wäre dies so, so wäre die Bestimmung des § 1378 Abs. 3 BGB immer dann unanwendbar, wenn beide Parteien einer privatschriftlichen Vereinbarung selbst Volljuristen seien. Zudem verstoße die Vereinbarung gegen § 1378A bs. 3 S. 3 BGB.
Der Beklagte beantragt, das Urteil des AG - FamG - vom 2.3.2006 zu ändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt vor, die beim Hausbesuch des mit dem Beklagten befreundeten Notars Dr.X am 21.4.1982 unterzeichnete Vereinbarung zum Ausschluss des Zugewinnausgleichs, des Versorgungsausgleichs und des Unterhalts benachteilige allein sie erheblich. Wenn überhaupt, dann wäre es an ihr, Zweifel an der Wirksamkeit dieser Vereinbarung zu äußern. Dies würde für den Beklagten eine wirtschaftliche Belastung zur Folge haben, die weit über dem liege, was dieser nach der 20 Jahre alten Scheidungsfolgenvereinbarung vom 26.12.1983 eines Tages einmal zu tragen habe. Die privatschriftliche Vereinbarung sei für den Beklagten vorteilhaft gewesen, um Streit über die Wirksamkeit der notariellen Vereinbarung vom 21.4.1982 zu vermeiden. Es habe sich keinesfalls um eine "Schenkung" des Beklagten gehandelt. Dieses Argument werde auch in der Berufungsinstanz nicht mehr angeführt. Sie, die Klägerin, habe für den Beklagten umfangreich Bürgschaftsverpflichtungen übernommen. Als "gewisses Äquivalent" zu diesem Handeln habe der Beklagte ihr etwas zukomme...