Entscheidungsstichwort (Thema)
Scheidung und Versorgungsausgleich
Leitsatz (amtlich)
1. Zur Zulässigkeit eines kontradiktorischen Urteils über einen Scheidungsantrag trotz Säumnis der Antragsgegnerin und Berufungsklägerin.
2. Das religiöse Bekenntnis eines Ehepartners begründet keinen Härtefall i. S. d. § 1568 BGB.
3. Ein nicht abgeschlossenes Studium und das bevorstehende Examen begründet keinen Härtefall i. S. d. § 1568 BGB.
Orientierungssatz
Kontradiktorisches Scheidungsurteil trotz Säumnis.
Normenkette
BGB § 1568; ZPO § 542 Abs. 1, § 612 Abs. 4
Beteiligte
Rechtsanwälte Dres. Tischler, Carstensen, Schulz und Punke |
Rechtsanwälte Uwe Petersen, Dr. Peters, Grimm, v. Hobe, Dr. Petersen und Schober |
Verfahrensgang
AG Flensburg (Aktenzeichen 90 F 216/98) |
Tenor
Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das am 12.01.2000 verkündete Urteil des Amtsgerichts Flensburg – Familiengericht – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Tatbestand
Der Antragsteller begehrt die Scheidung der geschlossenen Ehe der Parteien.
Er war als Soldat auf Zeit Strahlflugzeugführer bei der Bundeswehr. Jetzt ist er Verkehrspilot bei einer in England ansässigen Fluggesellschaft.
Die im Jahre 1967 geborene Antragsgegnerin studiert mit dem Ziel, Diplompädagogin zu werden. Das Examen wird in der Zeit vom 02. bis 30. Oktober 2000 abgenommen.
Die Parteien trennten sich am 21.02.1998, indem der Antragsteller aus der Ehewohnung auszog.
Die Antragsgegnerin hat der Scheidung nicht zugestimmt.
Das Familiengericht hat die Ehe geschieden und den Versorgungsausgleich geregelt. Wegen der Einzelheiten wird auf das angefochtene Urteil verwiesen.
Gegen dieses wendet sich die Antragsgegnerin mit der Berufung. Sie macht geltend:
Sie lehne eine Scheidung aus tiefer Überzeugung prinzipiell ab. Eine Scheidung nach § 1566 Abs. 1 BGB könne nicht erfolgen; denn das Familiengericht habe die Sollvorschrift des § 630 Abs. 3 ZPO nicht eingehalten. Darüberhinaus komme eine Scheidung für sie jetzt zur Unzeit und würde für sie eine besondere Härte, ja eine Katastrophe, bedeuten. Sie müsse nämlich erst ihr Studium der Diplompädagogik abschließen, weil sie bei der Heirat erst 22 Jahre alt gewesen sei und bis dahin keine Berufsausbildung gehabt habe.
Hilfsweise sei der vom Familiengericht vorgenommene Versorgungsausgleich zu ändern. Es sei nämlich nicht nachvollziehbar, dass sich die vom Antragsteller in Großbritannien während seines dortigen Bundeswehraufenthaltes erworbenen Rentenanwartschaften auf den Versorgungsausgleich nicht auswirken sollen.
Die Antragsgegnerin hat die Anträge angekündigt,
In der mündlichen Verhandlung hat sie keine Anträge gestellt. Der Senat hatte ihr lediglich für den Hilfsantrag in eingeschränktem Umfang Prozesskostenhilfe bewilligt und im übrigen die von ihr nachgesuchte Prozesskostenhilfe versagt.
Der Antragsteller beantragt,
Wegen des Vorbringens der Parteien im übrigen und einzelnen wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen und die Gerichtsprotokolle verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Antragsgegnerin hat keinen Erfolg. Die vom Familiengericht ausgesprochene Scheidung ist von Bestand. Auch ist eine Änderung der vom Familiengericht getroffenen Regelung zum Versorgungsausgleich nicht angezeigt.
Obwohl die Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung nicht vertreten war und keinen Antrag gestellt hat, hat der Senat nicht durch Versäumnisurteil die Berufung zurückgewiesen, sondern ein kontradiktorisches Endurteil erlassen. Mit dieser Verfahrensweise folgt der Senat der Rechtsprechung des 3. Senat für Familiensachen des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts (Urteil vom 06.07.1994 12 UF 33/94 und vom 22.09.1999 12 UF 206/98).
Der Antragsteller hat als Berufungsbeklagter in erster Linie eine Sachentscheidung durch Endurteil beantragt. Dieses prozessuale Vorgehen ist in Ehesachen auch im Berufungsverfahren als zulässig zu werten. Dem steht § 542 Abs. 1 ZPO nicht entgegen, was allerdings von einem Teil der Rechtsprechung und Literatur vertreten wird (vgl. OLG Hamm, 6. Familiensenat in FamRZ 1962/295 Nr. 164 m. w. N.). Nach der genannten Vorschrift ist die Berufung des Berufungsklägers auf Antrag durch Versäumnisurteil zurückzuweisen, wenn er im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht erscheint. Diese allgemein für das Berufungsverfahren geltende Prozessvorschrift verbietet es jedoch nicht, dass in Ehesachen statt einer Säumnisentscheidung gegen den Antragsgegner ein kontradiktorisches Urteil ergeht. So bestimmt § 612 Abs. 4 ZPO für das Verfahren erster Instanz in Ehesachen ausdrücklich, dass ein Versäumnisurteil gegen den Beklagten unzulässig ist.
Soweit die Vertreter der Gegenauffassung zusätzlich darauf verweisen, dass für eine Sachentscheidung im Berufungsverfahren keine Notwendigkeit bestehe, wenn der An...